Die Geigerin Patricia Kopatchinskaja hat im Wizemann für den SWR ein eindrückliches Antikriegskonzert inszeniert.
Die Geigerin Patricia Kopatchinskaja gehört zu den wenigen Klassikstars, die sich gerne auch politisch zu Wort melden. Als derzeitige künstlerische Partnerin des SWR ist sie jetzt mit einem respektablen, von ihr selbst inszenierten Projekt an die Öffentlichkeit getreten: „Im Namen des Friedens“, einem Konzeptkonzert mit Kompositionen und Texten zum Thema Krieg, Tod, Vernichtung.
Das Lied eines Soldaten, der den Tod ahnt
Im großen Saal des Stuttgarter Wizemann sind die Sitzreihen zu kleinen Inseln zusammengestellt, drumherum darf das Publikum wandeln. Eine große Insel formen die Musizierenden des SWR Symphonieorchesters. Auf Podesten liegen Koffer und Taschen, solche, in denen Hals über Kopf Habseligkeiten vor der Flucht zusammenklaubt werden. Der Raum ist fast dunkel, die einzelnen Acts werden mit Spots beleuchtet.
Bespielt wird der ganze Raum. Kopatchinskaja beginnt leise singend mit einem moldawischen Lied eines Soldaten, der seinen baldigen Tod ahnt. Der Schauspieler Hubert Wild rezitiert aus Swetlana Alexijewitschs Dokumentarroman „Der Krieg hat kein weibliches Gesicht“, der das Leid von Frauen an der Front beschreibt. Sebastian Manz spielt ein betörendes Klarinettensolo aus Olivier Messiaens „Quartett für das Ende der Zeit“, durch den Saal spazierend.
Antikriegsgedichte und Memorials
Und so geht es weiter: Antikriegsgedichte und musikalische Memorials für die Opfer der Kriege und des Holocaust wechseln sich ab, darunter Luigi Nonos erschütterndes Klang- und Tonbandwerk „Erinnere dich, was sie dir in Auschwitz angetan haben“, komponiert aus elektronisch verfremdeten menschlichen Stimmen und Lauten. Kopatchinskaja und das Orchester spielen das Violinkonzert „Vier ernste Gesänge“ des Armeniers Tigran Mansurian, der die musikalische Sprache des Leidens und des Schmerzes beherrscht. Das fantastische Ensemble 45 singt achtstimmige Renaissance- und Barockmotetten, in deren Melancholie die Allgegenwart des Todes immer spürbar ist.
Über das Umgebungslautsprechersystem wird ohrenbetäubendes Bombenangriffsdonnern eingespielt, das die Musik erstickt. Hier greift Kopatchinskajas Grundidee am unmittelbarsten: dem Publikum näherzubringen, wie es sich anfühlt, im Krieg gemeinsam in einem Schutzbunker zu sitzen. Dass Paul Celans berühmtes Gedicht „Todesfuge“ mit einer echten Fuge von Mozart unterlegt wird, tut allerdings weder der Musik noch der Lyrik gut. Aber das ist nur eine Kleinigkeit in einem ansonsten sehr berührenden Konzert.