Die Schramberger Stadtverwaltung und Gemeinderat stehen vor der unaufschiebbaren Aufgabe, die mittel- und langfristig wirksamen Sparmaßnahmen zu definieren und umzusetzen.
Eigentlich hatten schon am 2. Oktober die mittel- und langfristigen „Konsolidierungsmaßnahmen“ auf der Tagesordnung des Gemeinderats stehen sollen. Das geschieht jetzt nach Angaben der Stadt erst in der Sitzung am 23. Oktober. Mutmaßlich deshalb verschoben, um die 37,5 Millionen Euro für die Sanierung des Gymnasiums mit zu berücksichtigen.
Als kurzfristige Sparmaßnahme hatte der Gemeinderat am 5. Juni für das Aus des Ein-Euro-Tickets und eine Haushaltssperre gestimmt: Eine Kürzung von 25 Prozent auf Sachkonten soll rund 2,3 Millionen Euro einsparen.
Zu diesem Zeitpunkt klaffte im laufenden Haushaltsjahr noch ein Loch von Minus 8,7 Millionen Euro. Zwischenzeitlich wurde es noch größer: Die Stadt muss 5,5 Millionen Euro Gewerbesteuer zurückerstatten, weil die Geschäfte eines veranlagten Unternehmens schlechter als erwartet liefen.
Mit den mittel- und längerfristigen Sparmaßnahmen setzt sich eine nicht öffentlich tagende Haushaltsstrukturkommission auseinander.
Deren ersten Vorschlag wies der Gemeinderat am 10. Juli zurück: Die Stadträte wollten nicht so viele pauschale Ankündigungen, sondern konkrete Maßnahmen mit entsprechenden Einsparbeträgen. Deshalb beauftragten sie die Verwaltung, die Konsolidierungsmaßnahmen erneut, aber inhaltlich und monetär klar und konkret darzustellen.
Haushaltspotentialanalyse
Wo man im Stadthaushalt wie sparen könnte, dafür gibt es ein Gutachten.
Mit dem Ziel, mittelfristig eine Resilienz (Widerstandskraft unter widrigen Bedingungen) des Ergebnishaushaltes zu erhalten, hatte die Abteilung Finanzen der Stadtverwaltung eine Haushaltspotentialanalyse durch die Firma B&P Kommunalberatung aus Dresden beauftragt. Am 20. Oktober 2022 stellten Louise Seeliger und Elias Drechsler des Dresdner Beratungsunternehmens ihr Gutachten zur Haushaltskonsolidierung im Gemeinderat vor.
Ohne Scheu vor „heiligen Kühen“ führten die beiden durch das 72-seitige Papier: Die Forcierung des Stadtentwicklungsprogramms, mögliche Eingemeindungen, Erstellung eines Sportstättenkonzepts, Einführung eines Straßenunterhaltungs- und eines Energiemanagements (zehn Prozent Einsparung winken sofort alleine durch organisatorische Maßnahmen), Überprüfung und Anpassung der Elternbeiträge für Kitas oder Eintrittsgelder für Bäder und Museen waren nur einige der zahlreichen vorgestellten Maßnahmen.
Im Bereich Infrastruktur wurden zum Beispiel festgestellt, dass ein eigenständiger Bauhof in einem Ortsteil wie Waldmössingen mit 2000 Einwohnern „unüblich“ sei. Auch die Bürgerbüros in Sulgen,Tennenbronn und Waldmössingen seien grundsätzlich zu hinterfragen.
Fehlende Prozesslandkarte
Zudem wurde der Aufbau eines „zentralen Geschäftsprozessmanagements“ dringend empfohlen. „In der Stadt Schramberg existieren weder eine digitale Prozessübersicht (Prozesslandkarte) noch aktuelle, digitale, einheitliche Prozessdokumentationen“, kritisierten die beiden Experten. Hier sei davon auszugehen, dass „negative Kosteneffekte (gesenkte Produktivität durch Unklarheit über Abläufe, Zuständigkeiten und so weiter sowie fehlende systematische Hinterfragung) in nicht unerheblichem Maße gezeitigt werden“.
Seeliger und Drechsler rieten den Stadträten dringend, das Gutachten nicht in die Schublade zu legen: „Sondern schauen, was setzen wir um, wer macht was und wer berichtet regelmäßig über die Fortschritte“.
Stand der Umsetzung
Unsere Redaktion hat bei der Stadt nachgefragt, was mit den Empfehlungen geschehen ist. Nach Rücksprache mit Verwaltungsleiter Christian Birkle lieferte Stadtkämmerer Klemens Walter eine Auflistung, welche Themenbereiche der acht Konsolidierungsfelder umgesetzt oder angestoßen wurden: Als ersten Bereich nennt dieser die Stadtentwicklung. Das Konzept wird derzeit weiterentwickelt. Aktuell wird eine vereinfachte Zusammenstellung der Inhalte und Ziele ausgearbeitet. Ein Sportstättenentwicklungsplan wurde erstellt.
Auch bei Gebäuden und Liegenschaften tat sich etwas. Der Bestand wird derzeit erhoben und eingeschätzt.
Im Bereich der Infrastruktur wurde die digitale Befahrung der Straßen abgeschlossen, um ein effizientes Straßenunterhaltungsmanagement anzuwenden.
Im Bereich Kinder, Jugend und Vereine ist eine Novellierung der Kalkulation der Benutzungs- Entgeltordnung für Vereine ist in Auftrag gegeben.
Im Bereich Kultur und Tourismus wurde ein Tourismuskonzept erstellt und dem Gemeinderat vorgestellt.
Was den Bereich Finanzen angeht wurde eine Beteiligungsrichtlinie für ein Beteiligungsmanagement und Beteiligungscontrolling erstellt.
Zu den Konsolidierungsfelder Bürgerdienste und Organisation antwortete Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr: „Im Themenfeld Bürgerdienste, die Ortsverwaltungen eingeschlossen, haben wir in Sachen Personalkosten erst dann Spielraum, wenn uns, zum Beispiel ruhestandsbedingt, Personen verlassen.“ Für planbar freiwerdende Stellen habe die Stadtverwaltung in den letzten Wochen eine Dienstanweisung entwickelt, die den Prozess vor der Nachbesetzung einer Stelle genau regelt. Diese werde noch im Oktober öffentlich im Gemeinderat vorgestellt.