Bei einem Selbstmordanschlag auf die deutschen Truppen sind fünf Soldaten und ein einheimischer Dolmetscher verletzt worden, wie die Bundeswehr mitteilte.

Kundus - Einen Tag nach dem von der Bundeswehr angeforderten Nato-Luftangriff in Afghanistan mit Dutzenden Toten ist auf die deutschen Truppen ein Selbstmordanschlag verübt worden. Dabei wurden fünf Soldaten und ein einheimischer Dolmetscher verletzt, wie die Bundeswehr mitteilte. Der französische Außenminister Bernard Kouchner kritisierte den Luftangriff als "großen Fehler".

Ein Ermittlerteam der Nato nahm unterdessen den Ort des tödlichen Vorfalls in Augenschein und besuchte Verletzte im Krankenhaus. Kouchner betonte am Samstag in Stockholm, er wolle keine Schuld zuweisen, forderte aber eine gründliche Untersuchung. Der Luftangriff "ist eine der Grausamkeiten des Krieges".

EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner sprach von einer "großen Tragödie". Der schwedische Außenminister Carl Bildt erklärte, das tägliche Sterben in dem Konflikt müsse so stark wie möglich verringert werden.

Der Selbstmordanschlag am Samstag ereignete sich laut Bundeswehr um 9.55 Uhr Ortszeit fünf Kilometer nordöstlich von Kundus. Der Attentäter habe mit einem Fahrzeug eine deutsche Kolonne angegriffen und einen Sprengsatz ausgelöst. Im nahe gelegenen Bundeswehrstützpunkt sei die Wucht der Explosion zu spüren gewesen, meldete dort ein Journalist der Nachrichtenagentur AP. Ein Fahrzeug wurde beschädigt. Bereits am Freitag war es zu einem Schusswechsel zwischen deutschen Soldaten und Aufständischen gekommen.

Die Bundeswehr hatte laut Verteidigungsministerium die Nato-Luftunterstützung nach einem Taliban-Überfall auf zwei ihrer Tanklastzüge angefordert, um einem Selbstmordanschlag auf die deutschen Truppen vorzubeugen. Der Bundeswehr zufolge wurden ausschließlich 57 Aufständische getötet. Der Gouverneur der betroffenen Region, Mohammed Omar, gab die Zahl der Opfer dagegen mit mindestens 72 an. Etwa 30 seien als Aufständische identifiziert worden. Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen schloss die Möglichkeit ziviler Opfer nicht aus und kündigte eine gründliche Untersuchung an.

Zehnjähriger wollte Treibstoff abzapfen

Die Aufständischen hatten die Tanklastzüge an einem vorgetäuschten Kontrollpunkt etwa sieben Kilometer südwestlich des Bundeswehrstützpunktes gekapert. Der Angriff eines US-Kampfjets erfolgte 40 Minuten später gegen 02.30 Uhr Ortszeit. Bei den zivilen Opfern handelte es sich laut Polizei um Personen, die Treibstoff aus den Lastwagen abgezapft haben sollen.

Diese Angaben wurden am Samstag von einem verletzten Kind bestätigt. Er sei entgegen der Anordnung seines Vaters losgezogen, um Treibstoff zu sammeln, sagte der zehnjährige Mohammad Schafi, der im Krankenhaus in Kabul behandelt wurde. Er habe dann plötzlich einen lauten Knall gehört und könne sich an nichts mehr weiter erinnern. Journalisten sahen am Ort des Angriffs mehrere gelbe Kanister, von denen einige noch Treibstoff enthielten.

US-General Stanley McChrystal, der am Samstag an den Ort des Luftangriffs reiste, zeigte sich besorgt. Er hatte sich bemüht, Einsätze aus der Luft und die Zahl ziviler Opfer zu reduzieren.

Nach US-Angaben sprach er mit dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai über den tödlichen Vorfall. Afghanische Behördenvertreter erklärten bei einem Treffen mit McChrystal ihre Unterstützung für das Vorgehen der Truppen. Der Vorsitzende des örtlichen Provinzrates, Ahmadullah Wardak, sagte, im Islam hätten Diebe alles verdient, was ihnen zustoße.

Im Osten Afghanistans wurde unterdessen ein polnischer Soldat getötet, wie das Verteidigungsministerium in Warschau am Samstag mitteilte. Fünf weitere wurden verletzt, als unter ihrem Fahrzeug eine Bombe explodierte.