Wohin mit Hund, Katz und Co. wenn man nach langer Flucht vor dem Krieg in der Ukraine in Deutschland angekommen ist? Die Tiere der Bewohner des Ankunftszentrums Ukraine in Meßstetten werden im sogenannten Tierasyl vom Verein Pfotenengel Zollernalb betreut.
Meßstetten - Ein 45-jähriger Bewohner des Ankunftszentrums Ukraine in der ehemaligen Zollernalbkaserne ist Dauergast im Tierasyl. Gemeinsam mit seinen sechs Katzen und seinem betagten Hund Benedikt ist er aus Mariupol vor dem Angriffskrieg Russlands geflüchtet. Der Tierfreund ist froh: Sowohl er als auch seine Lieblinge sind in Meßstetten sicher und sie müssen nicht getrennt werden. "Wir wollten die Tiere in der Nähe der Menschen lassen", erklärt Gabriele Wagner, Leiterin des Veterinäramts des Zollernalbkreises. In anderen Landkreisen sei es Gang und Gäbe, dass sich die Tierheime um die mitgebrachten Tiere der Geflüchteten kümmern; im Ankunftszentrum gibt es im ehemaligen Unteroffiziersheim genügend Platz, ein provisorisches Mini-Tierheim auf Zeit zu errichten. Rund 25 Ehrenamtliche des Vereins Pfotenengel Zollernalb kümmern sich von früh morgens bis spät abends um die Einrichtung und die aktuell 35 Tiere – rund 300 Stunden leisten sie monatlich.
Die Besitzer kümmern sich selbst um ihre Tiere
Die Besitzer sind während der Besuchszeiten selbst für das Füttern und Saubermachen des Geheges ihrer Schützlinge zuständig. Haben sie mal keine Zeit, helfen die "Pfotenengel", allen voran Sandra Topler und Monika Aulich, aus. Das Futter und die Reinigungsmittel werden bereitgestellt und sind Spenden. Topler betont, dass Futterspenden und Ausstattung für die Tiere stets willkommen sind. Derzeit werden vor allem kleine Katzenkratzbäume benötigt.
Dass die Tiere gemeinsam mit den Bewohnern auf ihren Zimmern leben, ist laut Gabriele Wagner aus mehreren Gründen nicht möglich. Zum einen sind die Zimmer nicht groß genug, um dort auch noch Tieren genügend Platz zu gewähren, zum anderen stehen dem seuchenschutzrechtliche Gründe entgegen.
Hunde müssen gegen Tollwut geimpft sein
Den Einfuhrvorschriften nach muss jedes Tier in Quarantäne und Hunde müssen gegen Tollwut geimpft werden. Die Tierärztin Karin Walter aus Frommern kümmert sich ehrenamtlich um die Impfungen und die medizinische Versorgung der Tiere. Erst vor wenigen Tagen wurde Kater Nika kastriert.
Schätzungsweise ein Fünftel aller Ankömmlinge haben ein Tier bei sich. Meist sind es Hunde und Katzen, aktuell wohnen auch ein Kaninchen und ein Wellensittich im Tierasyl. Die Tiere leben jeweils in eigenen Gehegen, die teilweise provisorisch aus Bauzäunen und Draht gebaut wurden. Zentral gibt es ein Katzenspielzimmer, wo die Besitzer zu den Besuchszeiten – dreimal täglich jeweils anderthalb Stunden – Zeit mit ihren "Samtpfoten" verbringen und spielen. Im Tierasyl gibt es derzeit 22 Katzen – manche sind vorübergehend da, andere gehören zu Menschen, die in Anschlussunterbringung auf dem Gelände leben. Laut Topler tun sich viele Ukrainer schwer, wegen ihrer Tiere eine Wohnung zu finden.
Gassigehen auf und außerhalb des Geländes ist tabu
Und dann sind da noch die aktuell acht Hunde. Erst vor kurzem wurde der ehemalige Küchentrakt aufgebrochen, um für jeden Hund einen eigenen Raum herzurichten. Da manche nicht mit anderen können – und wieder aus Quarantänegründen – gibt es drei Freiläufe im Garten für die Hunde mit entsprechenden Spielgeräten. "Gassigehen auf dem Gelände und außerhalb ist tabu", merkt Gabriele Wagner an. Wenn ein Bewohner mit seinem Hund weiterzieht, werde das neue zuständige Veterinäramt über Impf- und Quarantänestatus des Hundes informiert. Mit Tollwut müsse man auf der Hut sein.
Kein Streichelzoo
Die ehrenamtlichen "Pfotenengel" berichten von rührenden Szenen. "Oft sind die Tiere die einzigen Begleiter auf der Flucht und in einer Ausnahmesituation umso wichtiger", erzählt Sandra Topler. "Unsere Hilfe endet nicht bei den Tieren, man lernt auch die Menschen dahinter kennen und hilft ihnen, wo nötig."
Auch wenn die Bewohner sich in der Regel selbst um ihre Schützlinge kümmern, haben die Helfer von "Pfotenengel" alle Hände voll zu tun: Sie geben Essen, Streu und Reinigungsmittel aus, lernen neue Helfer ein, sind Ansprechpartner, beschaffen die Spenden und schauen, dass außer den Besitzern keine anderen Leute ins Tierasyl kommen – denn ein Streichelzoo sei das keiner. "Zu den Besuchszeiten ist hier aber immer ordentlich was los", sagt Topler. Um die 50 Menschen seien dann immer vor Ort und schauten nach den Vierbeinern. "Die Leute lieben ihre Tiere und besuchen sie so oft es geht", ergänzt Aulich.
Spenden gesucht
Der Verein Pfotenengel Zollernalb mit Sitz in Burladingen ist ständig auf der Suche nach Futter- und Materialspenden. Wer helfen möchte, meldet sich via E-Mail unter pfotenengel@web.de oder im Internet unter www.pfotenengel-zollernalb.de, wo auch weitere Informationen zu finden sind. Sandra Topler ergänzt, dass sich auch gerne Vermieter melden dürfen, die Tiere in ihren Räumen erlauben.