Kirchen-Experten erklären, was es mit Zerstörung und Diebstahl in Gotteshäusern auf sich hat, was die Polizei unternimmt und wie viele Fälle es derzeit gibt.
Vandalismus in und an Kirchen kommt auch im Südwesten immer wieder vor. Meldungen über Urin in Weihwasserbecken wie in Schömberg (Kreis Calw) oder der Fall in Offenburg, bei dem ein Kreuz wohl als eine Art Keule benutzt wurde, Schmierereien in Albstadt-Tailfingen, verteiltes Wachs in Geislingen-Binsdorf – sie erschüttern nicht nur Gläubige.
Wie weit gehen die Täter? Bleibt Leipzig die große Ausnahme? Die Stadt in Sachsen musste zuletzt eine Vielzahl an Vandalismusfällen gegen Kirchen ertragen. Von gestohlenen Leuchtern ist die Rede, von Schmierereien, eingeschlagenen Fenstern, schlimmer noch: von einem mit Fäkalien verschmutzten Altarraum.
So schätzen Experten die Lage für Baden-Württemberg ein:
Das sagt die Deutsche Bischofskonferenz über Vandalismus
...über die Motive: Offenbar haben die Täter andere Motive als vor zehn Jahren. "Wurden früher bevorzugt historische figurative Sakralkunstdarstellungen entwendet, sehen es die Kriminellen heute vermehrt auf Edelmetallobjekte wie Kerzenleuchter, Vasa sacra und Reliquiare ab", berichtet Daniela Elpers, Vize-Pressesprecherin der Deutschen Bischofskonferenz (DBK). Kurz gesagt: Es geht ums Geld. Elpers: "Seit sieben Jahren wird ein drastisch zunehmender Diebstahl von metallenen Tafeln, Statuen, Laternen und Weihwasserbecken auf Friedhöfen gemeldet."
Auch beim Thema Vandalismus stellt Elpers Veränderungen fest. Es werde nicht blindwütig zerstört, vielmehr ist die Rede von ideologisch zielgerichteten Motivationen – "vor allem da, wo der Körper von Christus- und Heiligendarstellungen verstümmelt oder wo konsekriertes eucharistisches Brot oder Weihwasser geschändet werden, während alles andere weitgehend unbeschadet bleibt".
...über die Zahlen: Vergleicht man die vergangenen beiden Jahre mit 2018 und 2019 sind Vandalismusfälle und Diebstähle in und an katholischen Kirchen um etwa 15 Prozent zurückgegangen. "Wobei es freilich Ausnahmen wie eben Leipzig gibt", schränkt Elpers ein.
...über Ermittlungen: "In allen Bundesländern gibt es einen engen, konstruktiven Austausch mit der Polizei", betont Elpers. Sie mahnt: Angriffe auf Kirchen seien "aufgrund des grundgesetzlich verbürgten Schutzes der Religionen eine besonders schwere und deshalb massiv strafbewehrte Straftat und nicht bloß Sachbeschädigung".
Mit der Aufklärung ist es indes nicht weit her. Elpers zufolge liegt sie bei diesen Vandalismusdelikten im unteren einstelligen Prozentbereich. Ist ein Objekt erst einmal gestohlen, bleibt es so gut wie immer verschwunden. Das Bundeskriminalamt gleiche zwar regelmäßig Datenbanken sichergestellter gestohlener Sakralkunstobjekte ab. Dass betroffene Pfarrgemeinden Objekte zurückerhalten, geschehe "äußerst selten".
Das sagt die Evangelische Landeskirche Württemberg
"Wir haben so gut wie keine Fälle", sagt Sprecher Dan Peter. Er erinnert sich einzig an einen Fall in der Stuttgarter Johanneskirche Ende 2021, bei dem der Täter ausfindig gemacht und in eine Klinik eingewiesen wurde. Vandalismus sei ein Thema, "das bei uns über Jahre hinweg keine Rolle gespielt hat" – "Gott sei Dank", wie er noch hinzufügt.
Das sagt die Evangelische Landeskirche Baden
"Auf das gesamte Gebiet der badischen Landeskirche bezogen können wir keinen zunehmenden Vandalismus feststellen", berichtet auch Daniel Meier, Sprecher der Evangelischen Landeskirche Baden. Auch die Verwüstungen zuletzt in Offenburg seien "zum Glück Einzelfälle".
Das sagt die Diözese Rottenburg-Stuttgart
Eine Zunahme der Fälle sieht Sprecher Gregor Moser nicht. "Es handelt sich unserer Einschätzung nach um Einzelfälle." Statistisch erfasst werden sie nicht. Das Bistum Rottenburg-Stuttgart warnte seine Kirchen im Oktober vor einem falschen Priester.
Das sagt die Erzdiözese Freiburg
"Alle Formen der mutwilligen Beschädigung und des Vandalismus verurteilt die Erzdiözese Freiburg scharf", berichtet Sprecher Marc Mudrak. Auch er spricht von einzelnen Fällen, etwa jenem in Offenburg, der viele Menschen erschüttert habe.