Angela Merkel hat bei ihrem Australien-Besuch den russischen Präsidenten Wladimir Putin scharf kritisiert. Foto: dpa

Ihr Vieraugengespräch mit Putin in Brisbane war für die Kanzlerin wohl nicht ergiebig. Anders kann man ihre scharfe Kritik an dem russischen Präsidenten noch während ihres Australiens-Besuchs kaum deuten.

Sydney/Berlin - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat überraschend deutlich vor einem größeren Flächenbrand durch das Vorgehen Russlands in der Ukraine-Krise gewarnt. „Das stellt nach den Schrecken zweier Weltkriege und dem Ende des Kalten Krieges die europäische Friedensordnung insgesamt infrage“, sagte Merkel in Sydney. Die Kanzlerin nutzte eine außenpolitische Rede während ihres Australien-Besuchs für schärfste Kritik am russischen Präsidenten Wladimir Putin, den sie am Rande des G20-Gipfels in Brisbane unter vier Augen getroffen hatte. Konkret bedeute der russische Kurs für Georgien, Moldawien und Serbien besondere Risiken.

Merkel sagte mit Blick auf den mutmaßlichen Abschuss des malaysischen Passagierflugzeugs MH17 über der Ukraine: „Die Ukraine-Krise ist wahrlich keineswegs allein eine regionale Angelegenheit. Nein, an diesem Beispiel sehen wir: Sie betrifft uns alle.“ In altem Denken sehe Russland die Ukraine als seine Einflusssphäre und trete das internationale Recht mit Füßen, kritisierte Merkel vor mehreren Hundert Zuhörern beim Lowy-Institut für internationale Politik, einer renommierten Denkfabrik in Australien. Der russischen Regierung hielt sie „Einflussnahme zur Destabilisierung der Ostukraine“ vor.

Sie wolle keine Wiederbelebung der DDR-Zeiten, als ohne Zustimmung Moskaus keinerlei Bewegung möglich gewesen sei, betonte Merkel. Dies sei mit den westlichen Werten nicht zu vereinen. „Es geht ja nicht nur um die Ukraine. Es geht um Moldawien, es geht um Georgien, wenn es so weiter geht, kann man fragen, muss man bei Serbien fragen, muss man bei den Westbalkanstaaten fragen.“

Platzeck kritisiert Umgang mit Putin beim G20-Gipfel

Putin verweigere eine Konfliktlösung im gegenseitigen Respekt und mit demokratischen und rechtsstaatlichen Mitteln, beklagte Merkel. Er setze auf das angebliche Recht des Stärkeren und missachte die Stärke des Rechts. Dennoch werde die Europäische Union nichts unversucht lassen, mit Russland zu einer diplomatischen Lösung zu kommen.

Der Vorsitzende des Deutsch-Russischen Forums, Matthias Platzeck (SPD), mahnte, stärker auf einen partnerschaftlichen Kurs mit Moskau zu setzen. „Wir haben Russland nicht ernst genommen in seiner Einkreisungsangst“, sagte Brandenburgs früherer Ministerpräsident am Montag im Deutschlandfunk. „Wir sind dabei, Russland wirklich zu verlieren.“ Ohne eine echte Sicherheitspartnerschaft auf Augenhöhe werde es zur dringend benötigten Modernisierungspartnerschaft mit Russland nicht kommen und zu einem anderen Verhältnis auch nicht.

Platzeck kritisierte den Umgang mit Putin beim G20-Gipfel im Kreis der Staats- und Regierungschefs. „Jemand zu sagen, Du stellst Dich mal beim Klassenfoto ganz draußen hin und essen wirst Du alleine, und uns dann wundern, dass er sagt, nein, das will ich so nicht, ich fahre nach Hause, das liegt doch alles auf der Hand.“ Die Kanzlerin und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) bemühten sich mit Kraft und Einsatz. "Aber die Welt besteht ja noch aus mehr Spielern."