Bei dem Angeklagten wurde unter anderem Kokain gefunden (Symbolbild). Foto: Christian Charisius/dpa

Ein 24-Jähriger aus dem Kreis Calw muss sich nicht zum ersten Mal vor Gericht verantworten. Er macht keine Angaben zur Sache, sein Anwalt spricht von Eigenbedarf und Geschenken.

Es sind eindringliche Worte, mit denen sich Christoph Kalkschmid als Vorsitzender Richter der Zweiten Großen Strafkammer am Landgericht Tübingen gleich zu Beginn des Schwurgerichtsprozesses an den 24 Jahre alten Angeklagten aus dem Kreis Calw wendet. Das „bewaffnete Handeltreiben mit Drogen“, so Kalkschmid, sei brutal. Der Gesetzgeber habe daher im Falle einer Verurteilung „eine Mindeststrafe von fünf Jahren“ vorgesehen.

 

Angesichts der Tatsache, dass die Voraussetzungen für eine entsprechende Richterspruch „nicht allzu hoch“ seien und die Beweislage im vorliegenden Fall des noch 24-jährigen Angeklagten „nicht allzu schlecht sei“, macht Kalkschmid darauf aufmerksam, dass ein geringeres Strafmaß nur bei einem „minder schweren Fall“ und nur im Falle einer „geständigen Einlassung“ möglich sei. „Das ist aber kein Selbstläufer“, so der Vorsitzende Richter.

Nicht zum ersten Mal vor Gericht

Dass Kalkschmid den Angeklagten mit seinen Worten darauf hinweist, dass er selbst Einfluss darauf habe, wie das Urteil ausfällt, hat einen einfachen Grund: Der 24-Jährige steht nicht zum ersten Mal vor Gericht. Anders als bei früheren Verfahren kann der junge Mann, der seit März in Untersuchungshaft ist, diesmal aber nicht mit einer Bewährungsstrafe rechnen.

Zum Auftakt des Verfahrens macht der Angeklagte, dem Drogenhandel und Waffenbesitz vorgeworfen werden, dennoch keine Angaben zur Sache. Stattdessen erklärt sein Anwalt, dass sein Mandant selbst Betäubungsmittel konsumiert habe und er nach dem Verlust seines Arbeitsplatzes den Eigenkonsum nicht mehr habe finanzieren können.

Von Amphetamin bis Kokain

Das neben Amphetaminen und mehr als 520 Gramm Marihuana bei dem Angeklagten in mehreren Plastikröhrchen gefundene Kokain sei „nur zum Eigenkonsum gewesen, nicht zum Handel“. Die von der Polizei beim Angeklagten gefundenen Messer habe dieser „über mehrere Jahre hinweg geschenkt bekommen“.

Die bei der Festnahme des Angeklagten in dessen Wohnung gefundene Schreckschusswaffe samt Munition sei nur für Silvester gedacht gewesen. Und Handel, so der Anwalt, habe der 24-Jährige – anders als von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen – zu keiner Zeit aus seiner Wohnung heraus betrieben.

Marihuana (Symbolbild) Foto: ©Xhico - stock.adobe.com

Während der Angeklagte sich zur Sache nicht äußert, gibt er ausführlich Auskunft zu seiner Person und zum Verlauf seines bisherigen Lebens. Er lebte bei seiner Mutter, vorübergehend auch beim Vater und im Heim. Nach der Grundschule besuchte er weiterführende Schulen im Nordschwarzwald. Er absolvierte den Hauptschulabschluss. Der Versuch, den Realschulabschluss zu machen, scheiterte. Eine Ausbildung endete nach kurzer Zeit – ohne Berufsabschluss.

Erste Vergehen, für die sich der Angeklagte ab 2017 mehrfach vor Gericht verantworten musste, sind ab 2015 registriert. Sie reichen von Diebstahl und Fahren ohne Fahrerlaubnis über Unterschlagung und einen Verstoß gegen das Waffengesetz, unerlaubten Besitz und Handel mit Betäubungsmitteln bis hin zu besonders schwerer räuberischer Erpressung, wie Kalkschmid aus den Akten früherer Fälle zitiert.

Fortsetzung am 14. November

Der Versuch, über die Lebensgefährtin des 24-Jährigen Näheres zum Angeklagten und den vorgeworfenen Vergehen zu erfahren, scheitert. Die 27-Jährige gibt an, sich mit dem 24-Jährigen Ende 2024 verlobt zu haben und macht von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch.

Trotz Irritation auf der Richterbank – „wir sind verwundert, dass wir davon vorher noch nichts gehört haben“ – verzichtet Kalkschmid auf eine Vereidigung: „Wir wollen es hier ja jetzt nicht auf die Spitze treiben.“

Der Prozess wird am 14. November fortgesetzt. An diesem Tag soll auch das Urteil fallen.