So schön kann Pokal sein. Die Sportfreunde Lotte bejubeln den Einzug ins Viertelfinale. Foto: dpa

Klein gegen Groß funktioniert noch immer – die Begeisterung der Sportfreunde Lotte sollte dem DFB vor seiner angedachten Reform des DFB-Pokal deshalb zu denken geben, findet Sportredakteur Gregor Preiß.

Stuttgart - Die Internetseite der Sportfreunde Lotte war am frühen Donnerstag zusammengestürzt. Für alle Bewohner südlich der Main-Linie: Lotte, das ist eine Gemeinde in der Nähe von Osnabrück und seit Mittwochabend bei den Fußballfans im Land in aller Munde. Nach einem 2:0-Sieg im Achtelfinale des DFB-Pokals gegen den Zweitligisten 1860 München steht der Drittligist im Viertelfinale. Wo er mit Borussia Dortmund das große Los gezogen hat. Was wiederum den Absturz der vereinseigenen Homepage erklärt. Im Tecklenburger Land rüstet man sich für das Spiel des Jahres, ach was: Das Spiel des Lebens. Sportfreunde Lotte gegen Borussia Dortmund. David gegen Goliath. Provinz gegen Profit. Werkzeugmacher gegen Weltmeister.

Auch wenn das Märchen für den wackeren Emporkömmling in der Runde der letzten Acht höchstwahrscheinlich zu Ende gehen wird – die Pokalsaison mit Siegen gegen weitere Proficlubs (Werder Bremen, Bayer Leverkusen) hat sich für den Siebten der dritten Liga schon jetzt ausgezahlt. Mit garantierten Einnahmen von mindestens zwei Millionen Euro kann der Verein einen kompletten Jahresetat abdecken.

Tritt gegen das Schienbein

Eine schöne Geschichte also. Die sich nach dem Willen der großen Clubs nach Möglichkeit aber nicht wiederholen soll. Sie bilden die Speerspitze einer geplanten Reform ab der Spielzeit 2019/20 (so lange laufen die aktuellen TV-Verträge), die im Kern eines vorsieht: Kein Klein gegen Groß mehr in der ersten Runde. Die (zugegebenermaßen) meist einseitigen und nur selten überraschenden Partien stehen den wirtschaftlichen Interessen im Weg: Wer Anfang August bei einem Fünftligisten antreten muss, kann nicht gleichzeitig auf Werbetour Richtung USA oder Asien fliegen. Wo sich mit Testspielen mehr umsetzen lässt als mit einem Pokalkick gegen den FC Heißsporn aus dem Teutoburger Wald.

„Die mögliche Reform des DFB-Pokals ist das Schwierigste, was uns noch bevorsteht“, hat Reinhard Rauball, der Vizepräsident des Deutschen Fußball Bundes erkannt. Man kann nur hoffen, dass der zwischen den Interessen gespaltene Verband nicht vor den profitgetriebenen Branchengrößen einknickt. Es wäre nach den immer weiter zersplitterten Spieltagsansetzungen und der Neuverteilung der Fernsehgelder ein weiterer Tritt gegen das Schienbein der Amateure. „90 bis 95 Prozent meiner Spieler erleben so etwas wahrscheinlich nicht mehr“, jubelte Lottes Trainer Ismail Atalan nach dem Triumph gegen die Münchner Löwen. Es ist ihnen zu gönnen. Und jedem anderen unterklassigen Kicker, der sich für den großen DFB-Pokal qualifiziert, genauso.