Vor wenigen Tagen sollen Unbekannte in Calw mutmaßlich versucht haben, sich zu bereichern, indem sie angeblich Spenden für behinderte und taubstumme Kinder sammeln. Wir erklären, was dahinter stecken kann und was die Polizei dazu sagt.
Auf den ersten Blick wirkt es wie eine gute Sache, die sich da vor wenigen Tagen in Calw zugetragen haben soll.
„Der Landesverband für behinderte und taubstumme Kinder möchte ein Zentrum mit Kontakten auf nationaler und internationaler Ebene eröffnen. Bitte helfen Sie uns mit Ihrer Unterschrift“, steht auf einem Formular zu lesen.
Direkt darunter sind vier Felder aufgelistet: Unterschrift, Postleitzahl, Stadt – und Spenden.
Ein Foto dieses Papiers auf einem Klemmbrett kursiert derzeit in den sozialen Medien im Internet. Daneben das Bild zweier Personen vor einem Auto, auf dem ein Mann das Klemmbrett hält, offenbar im Gespräch mit einer Frau.
Darunter eine Warnung: Betrüger seien in Calw unterwegs, etwa im City Center und im Kaufland. „Sie treiben sich auf den Parkplätzen rum und versuchen, Geld für sich einzutreiben unter dem Vorwand, Spenden für Behinderte zu sammeln.“
Gefälschte Spendenlisten
Stimmt diese Vermutung, dürfte es sich um so genannte „Klemmbrett-Betrüger“ handeln. Bei dieser Masche sprechen Kriminelle Passanten mit gefälschten Spendenlisten an und behaupten, für einen guten Zweck zu sammeln. Manchmal begnügen sich die Täter mit der Spende, manchmal versuchen sie zudem, Brieftasche und Handy zu stehlen.
Mögliche Fälle dieser Art sind auch im Polizeipräsidium Pforzheim bekannt. Wie Sprecherin Melanie Konrad auf Anfrage unserer Redaktion ausführt, seien im Bereich des Präsidiums in den vergangenen Monaten drei Vorfälle registriert worden, die unter den Schlagworten „Spendensammler“ und „taubstumm“ zu finden sind.
Ende März seien nach derzeitigem Ermittlungsstand mehrere Passanten auf dem Parkplatz eines Calwer Baumarktes von einem bislang unbekannten Mann um Spenden gebeten worden, dieser habe dabei ein Schreiben vorgezeigt. Eine Person habe einen Geldschein ausgehändigt, der Sammler sei danach verschwunden. Eine Fahndung blieb ergebnislos, die Ermittlungen des Polizeireviers Calw dauern an.
Ende Januar sei in Königsbach-Stein (Enzkreis) ein vermeintlich taubstummer Spendensammler gemeldet worden, der aber ebenfalls nicht angetroffen wurde. Konkrete Anhaltspunkte für eine Straftat gebe es nicht. Ähnlich sei ein Fall Anfang Dezember in Nagold verlaufen.
Opfer geben sich oft selbst die Schuld
Über die mutmaßlichen Ereignisse im Bereich des City Centers und des Kauflands in Calw weiß die Polizei dagegen aktuell noch nichts.
Direkt ungewöhnlich ist das nicht. Opfer von Trickbetrügern geben sich, sofern sie den Betrug irgendwann durchschauen, oft selbst die Schuld, schämen sich, reingefallen zu sein und gehen entsprechend nicht zur Polizei.
Die Polizei betont in diesem Zusammenhang immer wieder, dass es keinen Grund für Scham gebe. Trickbetrüger gehen häufig hochprofessionell und organisiert vor, verstehen es meisterlich, Druck aufzubauen, der jede Vorsicht vergessen lässt. Im Zweifelsfall sollte immer die Polizei informiert werden, bitten die Beamten.
Generell rät die Polizei, stets genau nachzufragen
Grundsätzlich, so hatte eine Polizeisprecherin auf eine frühere Anfrage unserer Redaktion erklärt, sei es nicht verboten, Menschen um Geld zu bitten – weder im Sinne von Betteln noch um Spenden zu sammeln.
Sollte aber der Sachverhalt, für den gesammelt wird, so nicht der Wahrheit entsprechen, steht ein Betrugsdelikt im Raum – indem beispielsweise für ein krankes Kind gesammelt wird, das gar nicht existiert.
Generell rät die Polizei, stets genau nachzufragen, für wen oder was das Geld bestimmt ist. Mit diesen Informationen könne sich dann jeder genauer informieren – und gegebenenfalls auch im Nachhinein noch direkt an die jeweilige Institution oder Person spenden.