Ganze Wiesen und Felder sind beim bayerischen Dinkelscherben nach den anhaltenden Regenfällen überschwemmt und haben sich zu großen Seen gebildet. Foto: onw-images/dpa/Marius Bulling

Bei jedem Extremwetterereignis stellt sich inzwischen die Frage: Wäre es ohne Klimakrise glimpflicher verlaufen? Historische Vergleiche ermöglichen Aussagen dazu. Für das Hochwasser in Süddeutschland liegt nun eine solche Analyse nun vor.

Einer Analyse zufolge hatte der Klimawandel Anteil am Ausmaß des Hochwassers in Süddeutschland. Der Starkregen, der die Überschwemmungen verursachte, sei dadurch bis zu zehn Prozent stärker ausgefallen als ohne menschengemachte Erwärmung, hat das Forschungskonsortium Climameter am Freitag (7.Juni) mitgeteilt. El Niño und andere natürliche Klimaphänomene spielten demnach keine Rolle bei der Verschlimmerung.

Selbst scheinbar geringe Mengen an verstärkten Niederschlägen können unverhältnismäßig große Auswirkungen haben, wie das Forschungskonsortium erklärt. Das Ahrtal-Hochwasser von 2021 zum Beispiel sei durch den Klimawandel um 3 bis 19 Prozent verstärkt worden.

Attributionsstudie zum aktuellen Hochwasser

Climameter ist ein von der Europäischen Union und der französischen Forschungsorganisation CNRS finanziertes Forschungsprojekt. Die sogenannte Attributionsstudie stützt sich auf meteorologische Daten der letzten 40 Jahre, wie es hieß.

Zur Info: Mit Attributionsstudien lässt sich laut Deutschem Wetterdienst (DWD) in Offenbach grundsätzlich abschätzen, inwieweit der vom Menschen verursachte Klimawandel für das Auftreten individueller Wetter- oder Klimaextreme verantwortlich ist. Für derartige statistische Analysen werden Klimasimulationen mit speziell gewählten Randbedingungen verwendet, da die Beobachtungszeitreihen häufig noch nicht ausreichend lang zur Verfügung stehen.

Unwetter sind zehn Prozent intensiver

Die Forscher verglichen ähnliche Tiefdruckgebiete am Ende des 20. Jahrhunderts (1979 bis 2001) mit solchen aus den letzten Jahrzehnten (2002 bis 2023). Tiefdruckgebiete, wie sie jetzt in Süddeutschland auftraten, sind demnach inzwischen etwa zehn Prozent intensiver.

Anfang Juni hatten Unwetter zu schweren Regenfällen und Überschwemmungen vor allem in Bayern und Baden-Württemberg geführt. Mehrere Menschen starben, Tausende mussten in Sicherheit gebracht werden, es kam zu Erdrutschen und Dammbrüchen.

Klimawandel verursacht auch in hoch entwickelten Länder enorme Schäden

„Die Ergebnisse von Climameter zeigen, dass der durch CO2-Emissionen verursachte Klimawandel auch hoch entwickelte Länder wie Deutschland trifft und soziale, wirtschaftliche und ökologische Schäden verursachen kann“, sagt der CNRS-Mitautor Davide Faranda. „Alle Bevölkerungsgruppen sind vom Klimawandel betroffen, und eine massive Reduzierung der fossilen Brennstoffe ist notwendig, um die Gefahren von Klimaextremen in einer sich erwärmenden Welt zu verringern.“

Mitautorin Erika Coppola vom International Centre for Theoretical Physics (ICTP) bei Triest in Italien erklärt, dass selbst in einem Land wie Deutschland mit gut für Hochwasser präparierten Flussufern die derzeitigen Maßnahmen nicht mehr ausreichten, um die gestiegenen Abflussmengen zu bewältigen.

„Es müssen Strategien und neue Maßnahmen ergriffen werden“, so Coppola, „um der steigenden Wahrscheinlichkeit ähnlicher Hochwasserereignisse zu begegnen, die im Vergleich zur Vergangenheit immer häufiger auftreten und aufgrund des vom Menschen verursachten Klimawandels voraussichtlich weiter zunehmen werden.“

Coppola betont: „Es gibt keinen Zweifel und keine Zeit zu verlieren, denn diese Veränderungen finden bereits heute statt.“