Auch im Landkreis Freudenstadt fehlt es an Wohnungen. Foto: Florian Göricke

Auch im Landkreis Freudenstadt fehlt es an Wohnraum. Eigentlich müssten im Kreis die nächsten vier Jahre 410 Wohnungen pro Jahr neu gebaut werden. Das hat das Pestel-Institut ermittelt. Zwar gebe es durchaus einige leerstehende Wohnungen, doch dort könne oftmals keiner einziehen.

Bis 2028 braucht der Landkreis Freudenstadt den Neubau von rund 410 Wohnungen – und zwar pro Jahr. Diese Wohnungsbau-Prognose für die kommenden vier Jahre hat das Pestel-Institut in einer aktuellen Regional-Analyse zum Wohnungsmarkt ermittelt.

„Der Neubau ist notwendig, um das bestehende Defizit – immerhin fehlen im Landkreis Freudenstadt aktuell rund 510 Wohnungen – abzubauen: Aber auch, um abgewohnte Wohnungen in alten Häusern nach und nach zu ersetzen. Hier geht es insbesondere um Nachkriegsbauten, bei denen sich eine Sanierung nicht mehr lohnt“, wird Matthias Günther vom Pestel-Institut in der Pressemitteilung zitiert.

Der Wissenschaftler erwartet, dass das Baupensum zurückgeht. Günther spricht von einem „lahmenden Wohnungsneubau, dem mehr und mehr die Luft ausgeht“.

Baugenehmigungen

So gab es in den ersten fünf Monaten dieses Jahres nach Angaben des Pestel-Instituts im ganzen Landkreis Freudenstadt lediglich für 50 neue Wohnungen eine Baugenehmigung. 2023 waren es im gleichen Zeitraum 158 Baugenehmigungen. „Damit ist die Bereitschaft, im Kreis Freudenstadt neuen Wohnraum zu schaffen, innerhalb von nur einem Jahr um 68 Prozent zurückgegangen“, so Günther.

Leerstand

An dem Wohnungsbedarf im Kreis Freudenstadt ändere auch die Zahl leerstehender Wohnungen nichts. Der aktuelle Zensus registriert für den Kreis Freudenstadt rund 3530 Wohnungen, die nicht genutzt werden, so das Pestel-Institut. Das seien 5,8 Prozent vom gesamten Wohnungsbestand im Landkreis.

Ein Großteil davon – rund 2230 Wohnungen – stehe jedoch schon seit einem Jahr oder länger leer. „Das sind immerhin rund 63 Prozent vom Leerstand. Dabei geht es allerdings oft um Wohnungen, die auch keiner mehr bewohnen kann. Sie müssten vorher komplett – also aufwendig und damit teuer – saniert werden“, sagt Günther.

Grundsätzlich sei ein gewisser Wohnungsleerstand aber auch notwendig. „Rund drei Prozent aller Wohnungen, in die sofort jemand einziehen kann, sollten frei sein. Schon allein, um einen Puffer zu haben, damit Umzüge reibungslos laufen können. Und natürlich, um Sanierungen überhaupt machen zu können. Aber es wird nur selten gelingen, Wohnungen, die lange leer stehen, wieder zu aktivieren und an den Markt zu bringen“, so Günthers Fazit.

Sanierung

Denn viele Hauseigentümer halten sich nach Beobachtungen des Pestel-Instituts mit einer Sanierung zurück: „In ihren Augen ist eine Sanierung oft ein Wagnis. Sie sind verunsichert. Sie wissen nicht, welche Vorschriften – zum Beispiel bei Klimaschutz-Auflagen – wann kommen. Es fehlt die politische Verlässlichkeit. Ein Hin und Her wie beim Heizungsgesetz darf es nicht mehr geben“, kritisiert der Leiter des Pestel-Instituts. Außerdem hapere es bei vielen auch am nötigen Geld für eine Sanierung.

Erben und Mieten

Weitere Gründe, warum leerstehende Wohnungen nicht vermietet werden: „Immer wieder kommt bei Erbstreitigkeiten kein Mietvertrag zustande. Und oft scheuen sich Hauseigentümer, sich einen Mieter ins eigene Haus zu holen, mit dem sie sich am Ende vielleicht nicht verstehen“, sagt Günther. Für ihn steht fest: „Am Neubau von Wohnungen führt daher auch im Kreis Freudenstadt kein Weg vorbei.“

Politik

Das Pestel-Institut wurde vom Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) beauftragt, die Regional-Analyse zum Wohnungsmarkt umzusetzen. Für dessen Präsidentin macht die Untersuchung eines deutlich: „Es ist eine Milchmädchenrechnung, die leerstehenden Wohnungen gegen den aktuellen Bedarf an Wohnungen gegenzurechnen. Das funktioniert so nicht. Politiker, die das gerade versuchen, betreiben Augenwischerei“, sagt Katharina Metzger.

Sie erteilt damit der Aufforderung von Klara Geywitz (SPD) eine Absage. Die Bundesbauministerin hatte den Menschen, die eine Wohnung suchen, geraten, aufs Land zu ziehen.

Baustandards

Um voranzukommen, fordert die Verbandschefin vom Baustoff-Fachhandel, die Baustandards zu senken. „Einfacher bauen – und damit günstiger bauen. Das geht, ohne dass der Wohnkomfort leidet. Andernfalls baut bald keiner mehr.“ Es müsse ein „starkes Abspecken“ bei Normen und Auflagen geben – im Bund, bei den Ländern und Kommunen.

Katharina Metzger, Verbandspräsidentin des Baustoff-Fachhandels Foto: Tobias Seifert

Metzger warnt: „Am Ende stoppen überzogene Förderkriterien, Normen und Auflagen den Neubau von Wohnungen – von hoch geschraubten Klimaschutzmaßnahmen, ohne die es keine Förderung gibt, bis zu Stellplätzen, ohne die erst gar nicht gebaut werden darf.“

Staatliche Unterstützung

Ohne eine deutlich stärkere staatliche Unterstützung würden weder der notwendige Neubau noch die Sanierungen von Wohnungen im erforderlichen Umfang gelingen.

Aktuell erlebe die Wohnungsbau-Branche „einen regelrechten Absturz“. Viele Unternehmen hätten bereits Kapazitäten abbauen müssen. „Die Entlassungswelle rollt: Der Bau verliert Beschäftigte“, so Metzger.