In der Nacht vom Ersten auf den Zweiten Weihnachtsfeiertag im vergangenen Jahr besuchte der Angeklagte die Party eines Freundes. (Symbolfoto) Foto: Symbol-Foto: pixabay

Sechs Monate Freiheitsstrafe – zur Bewährung ausgesetzt – und eine Geldauflage in Höhe von 1500 Euro – so lautet das Urteil gegen einen 23-Jährigen, der sich vor dem Amtsgericht Freudenstadt wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung verantworteten musste.

Freudenstadt - Es sollte eigentlich eine kleine, ruhige Feier werden. Doch für einen 23-Jährigen endete sie erst im Krankenhaus, dann in Polizeigewahrsam. Nun kam die Angelegenheit vor Gericht.

In der Nacht vom Ersten auf den Zweiten Weihnachtsfeiertag im vergangenen Jahr besuchte der Angeklagte die Party eines Freundes, so die Staatsanwaltschaft. Gegen 4 Uhr rief ein Gast ein Taxi, um den stark alkoholisierten 23-Jährigen nach Hause zu bringen. Der Angeklagte änderte das Fahrtziel aber gleich mehrfach: Zuerst gab er an, in die Keplerstraße zu wollen – urplötzlich wollte er dann aber in die Musbacher Straße. Er hatte auch kein Bargeld dabei, weswegen ihn der Taxifahrer zu einer Bank fuhr, wo der Angeklagte 30 Euro abhob. In der Musbacher Straße zeigte das Taxameter 20,60 Euro an.

In die Klinge gegriffen

Dann zog der 23-Jährige laut Staatsanwaltschaft ein Küchenmesser, das er wohl aus der Wohnung des Freundes mitgenommen hatte, und schlug mit der anderen Hand gegen die Abtrennung, die sich zwischen Fahrer und Passagier befindet. Seine Hände waren zu dieser Zeit blutverschmiert. Er hatte vermutlich in die Klinge gegriffen. "Du bekommst von mir gar kein Geld", sagte er zu dem Taxifahrer. Dieser nahm die Drohung ernst und stieg umgehend aus dem Taxi aus.

Der Täter warf das Messer zur Seite und flüchtete zu Fuß. Die Polizei fasste ihn rund eine halbe Stunde später. Da sich der junge Mann nicht stellen wollte, setzten die Polizisten Pfefferspray ein. Der Angeklagte wurde ins Krankenhaus gebracht, wo seine Schnittwunden behandelt und seine Augen ausgespült wurden. Ein Alkoholtest ergab einen Wert von 1,8 Promille.

Die große Frage, die sich durch den Prozess zog: Warum hatte der Angeklagte das Küchenmesser dabei? Eine Antwort gab es aber nicht.

"Es tut mir leid. Ich kann es mir nicht erklären", beteuerte der 23-Jährige. An das, was in jener Nacht geschah, kann er sich kaum noch erinnern. Auch nicht daran, warum er den Taxifahrer bedrohte, anstatt einfach zu zahlen. Er beschrieb sich selbst als einen friedlichen Menschen – auch beim Trinken sei er bisher nie aggressiv geworden.

Auf Nachfrage der Staatsanwältin erklärte der Angeklagte, erst am nächsten Tag alles realisiert zu haben. Da wäre er "am liebsten im Erdboden versunken", sagte der 23-Jährige. Er habe sich mit dem Taxifahrer nach der Tat getroffen und dabei um Entschuldigung gebeten. Auch die Kosten – das Taxi musste von den Blutspuren gereinigt werden – habe er beglichen.

Der 38-jährige Taxifahrer schilderte seine Erinnerungen, die der Anklageschrift weitgehend entsprachen. Das Messer sei ihm erst aufgefallen, als es der 23-Jährige gezückt hatte. Er habe sich zwar bedroht gefühlt, dem Täter aber nach dem Treffen verziehen und weder körperlich noch psychisch einen Schaden davongetragen.

Gute Stimmung und viel Alkohol

Als zweiter Zeuge war der 21-jährige Gastgeber geladen. Er berichtete von guter Stimmung und viel Alkohol. Als er den 23-Jährigen zum Taxi brachte, habe er sich keine weiteren Gedanken mehr gemacht. Auch das Küchenmesser habe er nicht bemerkt. Er habe den Täter als "herzensguten Menschen" kennengelernt. Auch bei der Party sei er nicht negativ aufgefallen.

Eine 22-jährige Studentin erzählte, dass sie das Taxi gerufen habe – an viel mehr erinnerte sie sich allerdings nicht. Auch bei ihr habe sich der Angeklagte entschuldigt, obwohl sie lange gar nicht gewusst habe, was eigentlich passiert sei.

Ein Verhalten, das sich für den Angeklagten bezahlt machte. Die Staatsanwältin hielt zwar am Vorwurf der besonders schweren räuberischen Erpressung fest, da der Taxifahrer "um Leib und Leben fürchten musste". Allerdings handle es sich um einen minderschweren Fall, da der Sachschaden gering sei, der Taxifahrer keinen größeren Schaden davon getragen habe und "das alles nüchtern nicht passiert wäre".

Das Verhalten nach der Tat sei dem 23-Jährigen "hoch anzurechnen." Die Staatsanwältin ging von einer verminderten Schuldfähigkeit aus, da der Angeklagte stark alkoholisiert gewesen sei. Sie sprach sich für eine sechsmonatige Freiheitsstrafe – zur Bewährung ausgesetzt –, eine Geldauflage von 1500 Euro und eine Suchtberatung. Letzteres lehnte der Verteidiger ab, da bei seinem Mandanten "keine Suchtgefahr" bestehe. Richterin Jennifer Dallas-Buob und die beiden Schöffen waren gleicher Meinung. Dass der Angeklagte dieses Urteil annehmen würde, lag in der Luft. "Ich habe Mist gebaut, und dafür möchte ich geradestehen", sagte der 23-Jährige.