Justitia. Foto: dpa

Der Weg in die Drogensucht begann mit Schmerzmitteln gegen die Rückenschmerzen. Später kam dann Cannabis dazu, dann Heroin. Jetzt steht der junge Mann vor dem Amtsgericht in Freudenstadt.

Freudenstadt - Unerlaubter Handel mit Betäubungsmittel in nicht geringer Menge lautet die Anklage. Am Ende kommt der junge Mann glimpflich davon: Zehn Monate Haft mit Bewährung wegen Drogenbesitzes in nicht geringer Menge lautet das Urteil. "Ein Handel konnte nicht ausreichend nachgewiesen werden", so Richter Rainer Graf-Frank.

Ein etwas ungewöhnlicher Drogenprozess. Ungewöhnlich ist vor allem der Mann auf der Anklagebank: 25 Jahre alt, ein junger Mann mit Abitur, einem festen Job samt guter Berufsaussichten, ein junger Mann, der sich präzise und eloquent zu äußern weiß – und der glaubhaft und willensstark gegen seine Sucht ankämpft. "Er hat sich seiner Drogensucht in bemerkenswerter Weise gestellt", sagt der Verteidiger Claus Unger. "Wir haben hier sonst ganz andere Fälle." Staatsanwaltschaft und Richter sehen das durchaus ähnlich.

Polizei erhält Tipp

Laut Anklage hat sich der junge Mann im Frühjahr 2021 auf dem Schwarzmarkt in Frankfurt jeweils knapp 100 Gramm Cannabis und Marihuana besorgt. Nach einem Tipp hielt ihn die Polizei Stunden später im Auto in Freudenstadt an. Er habe sich das Zeug "hauptsächlich zum Eigenkonsum" besorgt. Ein Weiterverkauf sei nicht geplant gewesen.

Drogensüchtig sei er schon seit Jahren gewesen: "Ich war heroinsüchtig." Zeitweise habe er täglich drei bis fünf Gramm Heroin geraucht, zudem nochmals drei bis fünf Gramm Cannabis oder Marihuana. Hinzu seien noch Tabletten gekommen. "Und da konnten Sie weiterhin arbeiten?", fragt Richter Graf-Frank ungläubig. "Das hat funktioniert", so die Antwort.

Kurz vor Lehrabschluss

Tatsächlich scheint es bei der Arbeit reibungslos zu laufen. In wenigen Wochen stehe die Abschlussprüfung in der Ausbildung bevor. "Drei Lehrjahre waren erfolgreich, ich werde nach der Ausbildung übernommen." Vor allem: Er gehe seine Sucht an, seit Sommer sei er in Therapie bei einem Psychologen. Erste Erfolge seien bereits sichtbar. "Deshalb werde ich das weiterführen", so der 25-Jährige.

Ein Polizeibeamter, der die Ermittlungen leitete, betont, tatsächlich habe der junge Mann sofort nach seiner Festnahme im März 2021 gestanden, dass er die Drogen gekauft habe. Aber auch eine Hausdurchsuchung habe keine Hinweise erbracht, dass ein Verkauf von Cannabis und Marihuana geplant gewesen sei.

Staatsanwältin und Richter milde

Auch die Staatsanwältin Anita Witzemann führt in ihrem Plädoyer Entlastendes an, der Angeklagte "geht seine Sucht an", sei strafrechtlich bisher nicht in Erscheinung getreten, und sein beruflicher Werdegang sei bemerkenswert. "Die Sozial-prognose ist günstig." Sie fordert ein Jahr und zwei Monate Haft mit Bewährung. Die Verteidigung plädiert für acht Monate Haft mit Bewährung, Richter Graf-Frank befindet letztlich auf zehn Monate mit Bewährung. Ganz entscheidend aber: Er fordert zudem, wie auch Staatsanwaltschaft und Verteidigung, die Fortsetzung der Therapie.