Während der Fasnet haben die Narren Vorfahrt. Das wollte ein Anfang 30-Jähriger nicht wahrhaben. Deswegen saß er am Donnerstagmorgen auf der Anklagebank in Balingen.
Weil er keine Lust auf Straßensperrungen am Fasnetssonntag in Schömberg hatte, musste sich nun ein Anfang 30-Jähriger vor dem Amtsgericht in Balingen verantworten. Die Vorwürfe: gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr, versuchte gefährliche Körperverletzung und Nötigung. Am Ende kam alles aber ganz anders.
Die Anklageschrift, die der Staatsanwalt verlas, klang furchterregend. Dem Mann aus dem Raum Göppingen wurde vorgeworfen, vor einem halben Jahr während einer Fasnetsveranstaltung in der Schömberger Innenstadt Straßensperrungen ignoriert zu haben. Er soll auf einen Stadtmitarbeiter zugerast sein und eine Vollbremsung hingelegt haben, „dabei hat er den Geschädigten am Bein berührt“, so die Anklageseite.
Im Anschluss, so die Anklage, sei er ausgestiegen und bedrohlich auf den Mitarbeiter zugegangen sein. Dabei sei es zu einer ruppigen verbalen Auseinandersetzung gekommen.
Verteidiger gibt Erklärung ab
Acht Zeugen waren ursprünglich zur Vernehmung geladen. Am Ende reichte lediglich einer, der Licht ins Dunkel brachte und dem Prozess eine unvorhergesehene Wendung gab.
Bereits zu Beginn der Verhandlung gab der Verteidiger des Mannes eine Erklärung ab. „Mein Mandant räumt sein Fehlverhalten natürlich ein. Es war nicht richtig, dort eine solche Szene zu machen. Er hat rumgeschrien und das war falsch“, so der Rechtsanwalt.
Allerdings bestreite sein Mandant, auf den Geschädigten zugerast zu sein, geschweige denn ihn angefahren zu haben. „Nötigung ja, aber die weiteren Vorwürfe stimmen so nicht.“
Der Angeklagte schilderte, dass er seine frisch operierte Mutter im Auto hatte und lediglich 20 Meter hinter die Absperrung fahren musste, um sie dort bei ihrem Haus abzuliefern. Dabei sei es dann zum verbalen Streit gekommen, der am Ende die Polizei auf den Plan rief.
Zudem habe er dem Stadtmitarbeiter eine schriftliche Entschuldigung per Post zukommen lassen, in der er um Vergebung bat und klarstellte, dass er sich so nicht hätte verhalten dürfen, so der Angeklagte.
Da der Mann in der Vergangenheit schon öfter Probleme mit der Selbstbeherrschung hatte und bereits als Bewährungsmaßnahme an einem Anti-Aggressionsprogramm teilnehmen musste, fiel es den Gerichtsbeteiligten erst mal schwer, dieser Version Glauben zu schenken.
Dann folgte aber der Auftritt des Zeugen – in Person eines Bauhofmitarbeiters in Schömberg. Dieser erinnerte sich ebenfalls an die verbale Auseinandersetzung und auch daran, dass der Angeklagte die Absperrungen ignorierte.
Allerdings schilderte er, dass sein Kollege auf die Straße gesprungen ist, um den Mann an der Weiterfahrt zu hindern. Infolgedessen bremste dieser abrupt ab – um den Mann eben nicht anzufahren.
Damit waren die schlimmsten Vorwürfe vom Tisch und Richterin, Staatsanwalt und Verteidiger einigten sich darauf, das Verfahren vorläufig gegen Auflage einzustellen. Der Angeklagte muss im Gegenzug 1000 Euro an den Förderverein krebskranker Kinder in Tübingen zahlen.
Der Angeklagte kommt also mit einem blauen Auge davon und muss sich künftig lediglich am Riemen reißen und in solchen Situationen kühlen Kopf bewahren – oder während der Fasnet nicht mit dem Auto Richtung närrisches Treiben fahren.