Via Internet hat der damals 26-jährige Angeklagte den Nationalsozialismus verherrlicht, wie ihm vorgeworfen wurde. (Symbolfoto) Foto: Thaspol -stock.adobe

29-Jähriger wegen mehrfacher Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verurteilt.

Albstadt-Ebingen - Ein heute 29 Jahre alter Albstädter ist wegen mehrfacher Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen – darunter SS-Runen und Hakenkreuz – in den sozialen Medien zu einer Geldstrafe von 500 Euro verurteilt worden.

Die Vorfälle liegen bereits drei Jahre zurück – der Angeklagte hatte 2017 mehrfach Bilder und Texte in verschiedenen sozialen Medien verbreitet, den Nationalsozialismus verherrlicht und den Holocaust geleugnet: Im Mai 2017 postete er das Bild eines SS-Mannes auf Facebook, und im November des gleichen Jahres verbreitete er, ebenfalls auf Facebook, die Behauptung, es habe im 20. Jahrhundert keinen Genozid an europäischen Juden gegeben, dafür aber einen von sowjetischen Juden initiierten Genozid an Deutschen. Wenig später versah er auf YouTube eine Ansprache des aus dem Senegal stammenden SPD-Bundestagsabgeordneten Karamba Diaby zum Völkermord in Ruanda mit dem Kommentar "Schornsteinfeger, halt dein Maul!". Laut Anklage hat er damit das Andenken Verstorbener verunglimpft, den öffentlichen Frieden gestört und sich der Volksverhetzung schuldig gemacht.

LKA aus Nordrhein-Westfalen kommt ihm auf die Schliche

Auf die Schliche war dem Angeklagten nicht die baden-württembergische Polizei gekommen, sondern zunächst das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen – es hatte ein auffälliges Facebook-Profil rückverfolgt und dem Albstädter zuordnen können.

Daraufhin verständigte es die Kripo in Rottweil; die Beamten durchsuchten im November 2017 die Wohnung des Angeklagten und konfiszierten mehrere Handys und Laptops.

Der damals 26-Jährige musste ihnen die Passwörter zu drei verschiedenen Facebook-Profilen nennen; bei der Auswertung der Daten stießen sie unter anderem auf eine Rede Adolf Hitlers und ein Hakenkreuz. Auch seine Suchverläufe ließen eine gewisse Affinität zu rechtsextremem Gedankengut erkennen.

"Wenn wir wieder am Ruder sind ..."

Wirklich beeindruckt war der Angeklagte von dieser Polizeiaktion offenbar nicht: Er tat sich auch weiterhin keinen Zwang auf Facebook an; über das Vorgehen der Staatsanwaltschaft beschwerte er sich mit den Worten: "Für so etwas erdreistet sich ein Staatsanwalt in dieser lächerlichen Deppenrepublik, eine Hausdurchsuchung meiner Wohnung anzuordnen. Wenn wir wieder am Ruder sind, und diese Zeit wird kommen, werden diese Staatsanwälte höchstens noch Arbeit im Steinbruch bekommen." Facebook verwehrte ihm schließlich die Erstellung neuer Profile, worauf er seine Follower wissen ließ, dass er von Italien aus weiterposten werde.

Verteidiger sitzt im Vorstand eines NPD-Landesverbandes

In der Gerichtsverhandlung wollte sich der Angeklagte zu diesen Delikten nicht äußern. Sein Verteidiger Peter Rüdiger Richter – er ist stellvertretender Vorsitzender des saarländischen Landesverbandes der NPD und hat diese seinerzeit in ihrem zweiten Verbotsverfahren vertreten – forderte einen Freispruch mit der Begründung, die Beweismittel reichten nicht aus.

Die Profilbilder auf den fraglichen Facebook-Seiten hätten keine Ähnlichkeit mit dem Angeklagten, und seine Behauptungen über sowjetische Juden erfüllten nicht den Tatbestand der Volksverhetzung, da es in Deutschland keine sowjetischen Juden gebe.

Die Richterin sah das anders: Der Umstand, dass der Angeklagte die Passwörter von drei Facebook-Profilen gekannt habe, gestatte den Schluss, dass er sie auch benutzte; dass es in Deutschland fast drei Jahrzehnte nach dem Ende der Sowjetunion keine sowjetischen Juden gebe, sei irrelevant – Nachfahren sowjetischer Juden gebe es sehr wohl.

Das Urteil fiel gleichwohl mild aus: Der 29-Jährige erhielt eine Geldstrafe in Höhe von 500 Euro – 100 Tagessätze à fünf Euro. Strafmildernd wirkte sich dabei aus, dass der Angeklagte bisher straffrei geblieben war und sich das Verfahren so lange hingezogen hatte. Die Beleidigung gegen Karamba Diaby blieb ungeahndet, da die Strafanzeige nicht fristgerecht eingegangen war.