Einsatzkräfte der Polizei betreten nach dem Amoklauf in Heidelberg das Universitätsgebäude. Foto: AFP/DANIEL ROLAND

Nach dem Amoklauf in Heidelberg stellt sich die Frage, ab wann Medienberichte zum Problem werden und welche seelische Schäden Spekulationen bei Opfern oder Angehörigen anrichten können.

Stuttgart - Der Amoklauf in Heidelberg bewegt viele Menschen über die Stadt hinaus. Das mediale Interesse ist entsprechend groß. Doch ab wann wird Berichterstattung zum Problem? Und kann sie im schlimmsten Fall Nachahmungstäter provozieren?

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Die Kriminologin Britta Bannenberg von der Justus-Liebig-Universität Gießen erklärt, dass der oder die Täter medial nicht mit einem „negativen Heldenstatus“ versehen werden dürften. Sie sollten nicht in den Mittelpunkt gerückt werden, erklärt Bannenberg. Das sei es, was Amokläufer beabsichtigen. „So jemand glaubt sich im Recht und sieht sich berechtigt, eine solche Gewalttat auszuüben“, sagt sie. Zurückhaltung bei der Berichterstattung sei oberstes Gebot. Bilder auf denen sich ein Täter beispielsweise selbst inszeniert, sollten daher auch auf keinen Fall weiter verbreitet werden.

Die Kriminologin warnt vor möglichen Nachahmungstätern

Wenn die Berichterstattung ausufere, dann könne dies Nachahmungstäter provozieren, warnt sie. „Amoktaten sind sehr seltene Ereignisse, aber es gibt eine Anzahl an Menschen, die sich mit solchen Gedanken beschäftigen“. Diese Personen könne man im schlimmsten Fall „motivieren“. Bisher ist die Berichterstattung zum Amoklauf in Heidelberg aus Sicht der Kriminologin weitestgehend in Ordnung, der größte Teil der Medien arbeite mit angemessener Zurückhaltung, findet sie.

Zur Zurückhaltung mahnt auch die Opferschutzorganisation Weißer Ring. „Wenn sie als Angehörige ohnehin schon kaum Informationen haben, dann sind Gerüchte und Spekulationen besonders schlimm“, sagt ein Pressesprecher. Die Ermittlungen der Polizei gelte es abzuwarten, sagt er.

Auch Privatpersonen sollten im Netz aufpassen

Dies betreffe neben Journalistinnen und Journalisten aber auch Privatpersonen, die auf den sozialen Netzwerken aktiv sind. Auch sie sollten sich nicht daran beteiligen, ungesicherte Informationen oder gar Bilder zu teilen. Im schlimmsten Fall könnten so neue Opfer geschaffen werden, etwa wenn eigentlich Unbeteiligte in den Fokus geraten. Außerdem sei es wichtig, dass Opfer oder ihre Angehörige nicht belästigt oder in die Öffentlichkeit gezerrt werden, betont der Sprecher.