Bewaffnete Milizionäre haben sich im Streit um die Weiderechte eines Ranchers auf dessen Anwesen in Nevada verschanzt. Rechte Politiker in den USA sympathisieren mit den Aufständischen.

Las Vegas - Cliven Bundy (68) will partout nicht zahlen. Seit mehr als zwanzig Jahren grasen seine 900 Rindviecher vor den Toren der Lasterhölle des Wilden Westens auf Land, das den Vereinigten Staaten gehört. Dafür schuldet der Rancher, dessen Mormonen-Familie sich im 19. Jahrhundert hier niederließ, der amerikanischen Regierung inzwischen mehr als 1,2 Millionen US-Dollar an Gebühren und Strafen. Washington gehören die meisten der Ländereien im Westen der USA. In Nevada werden mehr als 80 Prozent vom staatlichen Bureau of Land Management (BLM) verwaltet, das neben Bergbaurechten, Rohstofferschließung und Umweltschutz auch für die Weiderechte zuständig ist. Die meisten Rancher nehmen den Deal nur zu gerne an, den ihnen die Regierung anbietet. Sie dürfen ihre Herden für kleines Geld grasen lassen, sofern sie flexibel sind, wenn das Land anders genutzt werden soll oder der Umweltschutz es gebietet.

Die Nutzung des öffentlichen Lands gilt im Westen als Sonderangebot. Weshalb die 18 000 Lizenznehmer hier ein wenig abfällig als „Welfare“-Rancher bezeichnet werden. Im Unterschied zu den Herdenbesitzern, die ihre Kühe auf eigenem Land halten. Bundy sollte so gesehen eigentlich wenig Grund zur Klage haben. Doch selbst die bescheidenen Nutzungsgebühren betrachtet der Wohlfahrts-Cowboy als „tyrannische Anmaßung“ der US-Regierung. Seine Familie sei vor den „Feds“ hier gewesen, erklärt Bundy, warum er sich weigert, sich den Gerichtsurteilen zu beugen. „Ich erkenne die Existenz der Regierung der Vereinigten Staaten nicht an.“ Das Land, auf dem seine Rinder grasten, gehöre „dem souveränen Staat Nevada“. So sehen es auch die bis zu tausend Milizionäre, die aus allen Teilen der USA in den Wilden Westen pilgerten, um den aufständischen Rancher zu „verteidigen“, wie sie sagen.

Vor etwas mehr als einer Woche kam es zu einem ersten bewaffneten Showdown mit den BLM-Beamten, die Bundys Rindviecher zusammengetrieben hatten. Männer in Fantasie-Uniformen nahmen von einer besetzten Brücke der Interstate 15 die „Feds“ mit Schnellfeuergewehren und anderen automatischen Waffen ins Visier. Aus Sorge vor einer blutigen Eskalation der Situation gab die Behörde nach und ließ die Tiere zunächst laufen. „Die Sicherheit unserer Beamten und der Öffentlichkeit stand auf dem Spiel“, begründete BLM-Chef Neil Kornze die Entscheidung. Die Liegenschaftsverwaltung werde jetzt nach anderen Wegen Ausschau halten, die Gerichtsentscheide durchzusetzen. Die offene Frage nach zwanzig Jahren hartnäckiger Ignoranz des Ranchers bleibt: Wie?

Die Aufständischen scheuen auch vor Waffengewalt nicht zurück

US-Senatsführer Harry Reid, der aus Nevada stammt, nennt Bundy und dessen Unterstützer „einheimische Terroristen“. Diese Leute bezeichneten sich als Patrioten, seien aber alles andere als das. „Er sagt, die Vereinigten Staaten seien eine fremde Regierung. Er bezahlt keine Steuern. Er bezahlt keine Gebühren und hält sich nicht an das Gesetz.“ All das stört rechte Republikaner und deren Einpeitscher auf Fox-News wenig. Der notorische Moderator Sean Hannity stilisiert den säumigen Cowboy und dessen gewaltbereiten Unterstützer zu „hart arbeitenden Amerikanern“, die es leid seien, von Washington herum kommandiert zu werden. Der libertäre Präsidentschaftskandidat Rand Paul erklärt inbrünstig, die Bundys hätten „virtuellen Besitz“ des Weidelandes erworben. „Die Regierung soll sich da raushalten.“

In der rechten Subkultur der USA blühen Verschwörungstheorien, wonach das Vorgehen der Liegenschaftsverwaltung nichts anderes als ein Plot chinesischer Investoren sei. Bundys Kühe müssten weichen, weil Senator Reids Sohn mit den Kommunisten ein Solarkraftwerk bauen wollte. Willkommen in der irren Welt des Wilden Westens.

Der aufständische Rancher gelobt derweil, standhaft zu bleiben, „koste es, was es wolle“. Ein harter Kern von mehr als 40 Milizionären hat sich mit Bundy auf dem Anwesen der Bundys verschanzt. „Die Leute hier sind bereit, ihr Leben zu opfern“, erklärt Jerry DeLemus, ein ehemaliger Marine-Feldwebel aus dem fernen New Hampshire, der das Kommando übernommen hat. „Wenn jemand eine Waffe auf uns richtet, schießen wir zurück“.

Tea-Party-Mann Richard Mack findet das bewundernswert. Wie sich die Afroamerikanerin Rosa Parks damals geweigert hätte, ihren Platz im Bus aufzugeben, behaupte Bundy die Rechte der Amerikaner gegen den Staat. Der ehemalige Sheriff aus Arizona schlug sogar vor, notfalls Frauen und Kinder als menschliche Schutzschilde einzusetzen. Bundys Ehefrau Carol wäre dazu, ohne mit der Wimper zu zucken, bereit. Sie habe auch eine Schrotflinte, erklärt sie: „Die ist geladen, und ich weiß, was ich damit tun muss.“