Einweihung am Freitag: Das Haus der Honigbiene am Ludwigsburger Hungerberg ist nach gut einem Jahr Bauzeit bezugsfertig. Foto: Michele Danze

Ludwigsburgs Bienenzüchter schweben im Glück: Die Casa Mellifera, ihr muster- gültig erbautes Infozentrum, ist bezugs- fertig. Über Nachwuchsmangel müssen die Imker nicht klagen. Und auch die Bienenvölker sind vergleichsweise gut über den harten Winter gekommen.

Ludwigsburg - Wenn man es so sehen will, dann sind die Bienenzüchter aus Ludwigsburg mindestens ebenso fleißig wie ihre geflügelten Helfer: 5500 Arbeitsstunden haben die Hobbyimker in ihr neues Infozentrum am Hungerberg gesteckt. Jetzt, gut ein Jahr nach dem Baustart, steht die Casa Mellifera, das auf Lehm erbaute Haus der Honigbiene.

Hinter dem lateinischen Namen verbirgt sich ein Projekt, das in der Region Stuttgart als einzigartig gelten darf. Auf einem einst als Steinbruch und Ziegelwerk genutzten Areal am Neckarhang ist ein ökologisch mustergültiges Infozentrum entstanden, der Ludwigsburger Baubürgermeister Hans Schmid spricht von einem „Paradestück“.

Wegen der großen Eigenleistung der Imker, aber auch durch die Beteiligung der Stuttgarter Hochschule für Technik und Helfern der Lokalen Agenda gibt es das Vorzeige-Projekt zu einem Schnäppchenpreis: Weil Studenten die Lehmwände stampften und die Bienenzüchter in ihrer Freizeit die Kanalrohre in den Untergrund legten, sind in den Bau der Casa Mellifera nur etwas mehr als 400 000 Euro geflossen.

Technisch allerdings ist das von Architekt Albert Stöcker geplante Infozentrum eine Klasse für sich: Für Wärme im Winter sorgt eine in Kooperation mit der Ludwigsburger Energieagentur entwickelte Eisspeicher-heizung mit Solarkollektoren und Erdwärmepumpe, Regenwassernutzung und Dach-begrünung gehören zum Pflichtprogramm.

„Endlich haben wir eine Bühne, um die Bienenzucht zu präsentieren“

Bis zur offiziellen Einweihung im Herbst steht zwar noch viel Arbeit bei der Einrichtung der Casa Mellifera an. Neben einem Technikraum mit Honigschleuder sind eine kleine Küche und ein Schulungsbereich mit 90 Quadratmetern vorgesehen. Auch für die Gestaltung des Außenbereichs hat durch den schneereichen Winter die Zeit nicht ganz gereicht. Vor allem aber fehlen noch die Hauptfiguren, die dem Infozentrum erst den Namen geben: 25 Bienenvölker wollen die Ludwigsburger Imker am Hungerberg ansiedeln, rund um den Lehrbienenstand soll eine bunte Blumenwiese mit für die Nektarsammlerinnen attraktiven Sorten entstehen.

„Endlich haben wir eine Bühne, um die Bienenzucht zu präsentieren“, freut sich der Asperger Richard Seiz über das neue Infozentrum. Der altgediente Imker weiß, dass von zehn Teilnehmern bei den Schulungen des Vereins in der Regel nur ein oder zwei Personen dauerhaft als Imker übrig bleiben. Wenn wie vergangenes Jahr wegen Kälte und Krankheiten landesweit zwei Drittel der Bienenvölker überleben, wirft mancher Jungzüchter frustriert das Handtuch.

Allerdings gibt es für die Ludwigsburger Bienenzüchter momentan keinen Grund, über Nachwuchsmangel zu klagen: Weil die Imkerei als Hobby durchaus im Trend liegt, hat der Verein seine Mitgliederzahl in den vergangenen vier Jahren fast verdoppelt. Auch beim Altersdurchschnitt der momentan 170 Imker macht sich der Zulauf laut Vorstand Günther Steeb bemerkbar – statt bei 74 Jahren liegt der Mittelwert jetzt bei 50.

Wichtiger Austausch mit Kollegen

Um so nötiger ist freilich der Lehrbienenstand, bei dem sich die Jungimker für ihr neues Hobby die nötige Erfahrung holen können. Tipps und Kniffe im Umgang mit Ameisensäure und Zuckerwasser erhofft sich etwa Ralf Gröchtemeier, der die Imkerei vor vier Jahren entdeckt hat und inzwischen acht Völker betreut. „Der Austausch mit den Kollegen ist entscheidend – auch um seinen eigenen Weg zu finden“, bestätigt er.

Die Bienenvölker sind trotz der langen Kälteperiode übrigens erstaunlich gut durch den Winter gekommen. „Honig wird es zwar wenig geben, weil in der Natur jetzt alle Blüten auf einen Schlag kommen“, berichtet Imker Günther Steeb. Doch Ausfälle wie vor einem Jahr, als die gefürchtete Varroa-Milbe durchschnittlich 40 Prozent der Bienenbrut dahinraffte, sind dem erfahrenen Züchter bisher nicht bekannt. Den Kältetod erleiden Bienen übrigens nur in Ausnahmefällen – deutlich häufiger sterben die Völker, weil das Nahrungsangebot nicht über die langen Wintermonate reicht. Der Name Hungerberg soll für die Casa Mellifera deshalb nicht zu einem schlechten Omen werden. Gedacht ist beim Haus der Honigbiene ohnehin nicht nur an die Nachwuchsarbeit der Imker. Auch Schulklassen aus der Region und örtliche Naturschutzgruppen sollen eine Anlauf-stelle für Schulungen und Seminare finden.