Oli ist Tierwirt und hat eine der wenigen Stellen auf dem Milchhof bekommen. Foto: Neue Visionen Filmverleih

Deutsche Zustände im Jahr 2013: Die Dokumentation „Am Ende der Milchstraße“ wirft einen vielsagenden Blick in die mecklenburgische Provinz.

Filmkritik und Trailer zum Kinofilm "Am Ende der Milchstraße"

 

Stuttgart - Wo Helmut Kohl sich einst blühende Landschaften erträumte, schlagen sich die Menschen nun irgendwie durch – das zeigen die Dokumentarfilmer Leopold Grün (geboren 1968 in Dresden) und Dirk Uhlig (1967 in Meerane) an einem 50-Seelen-Dorf irgendwo in Mecklenburg. Sie beobachten den Bauern Maxe, der für wenig Geld schuftet und gesundheitliche Probleme hat; seine aus Neubrandenburg zugezogene Frau Cordula, die lange einen liebevollen Mann gesucht hat; die Pferdezüchterin Gabi, deren Mann sich wegen der Arbeitslosigkeit totgesoffen hat; den Dorfältesten Ronald, der das Elend ironisch kommentiert und schon morgens trinkt; den Allround-Reparateur Harry, der im Wohnmobil durch die Gegend fährt und nicht glaubt, jemals wieder eine Festanstellung zu finden – so wie fast alle hier.

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Sie erzählen ohne Larmoyanz, die DDR möchte hier (fast) niemand zurück – aber ein bisschen menschlicher könnte sie schon sein, die Bundesrepublik. Wo Perspektiven und Lebensfreude seltene Gäste sind, richten sich die Menschen mit dem wenigen ein, was sie haben: Gabi hat immerhin noch zwei Pferde, man hilft einander, versucht, sich nicht stressen zu lassen. Alkohol ist allgegenwärtig, ständig wird irgendwo ein Gläschen gekippt und ein Pläuschchen gehalten. Die Kulisse spiegelt die innere Verfassung der Protagonisten: Verfall, Sperrmüll, Chaos allerorten, Häuser, Wohnungen, Fahrzeuge werden notdürftig zusammengehalten durch Flickschusterei.

Die Filmemacher lassen Menschen und Bilder für sich sprechen. Und destillieren aus der großen Leere eine unbändige Sehnsucht nach erfülltem Leben, die nachdenklich stimmt. Ein einfühlsamer, kluger Dokumentarfilm über deutsche Zustände 2013.

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