Eine Moorbirke, eine in Deutschland selten gewordene Baumart, erweitert die Althengstetter Allee „Baum des Jahres“.
Die Allee „Baum des Jahres“ im Althengstetter Unteren Wald ist um ein weiteres Exemplar gewachsen. Die Moorbirke macht auf ein Problem aufmerksam, das durch die Trockenlegung ursprünglicher Moorflächen entsteht: Sobald die seit der letzten Eiszeit gewachsenen Torfschichten austrocknen und mit dem Luftsauerstoff in Kontakt kommen, beginnt ihre Zersetzung und es werden große Mengen CO2 freigesetzt. Es verschwindet typische Moorvegetation wie die Moorbirke und damit auch die mit den Pflanzen in Symbiose lebenden Tier- und Pilzarten. Dem soll durch Wiederbewässerung Einhalt geboten werden.
Relativ seltener Waldbaum
Das natürliche Verbreitungsgebiet der Moorbirke, lateinisch Betula pubescens, umspannt fast den halben nördlichen Globus, von Grönland und Island über Nordeuropa bis Sibirien. Die Moorbirke ist – wie übrigens auch die bei uns fast ausschließlich ansässige Sandbirke – ein sogenannter Pionierbaum, der rohe, baumfreie Böden schnell besiedeln kann und in dessen Schutz dann die späteren Waldbäume heranwachsen können. Moorbirken stehen überwiegend auf Feuchtstandorten in Moor-, Bruch- und Auenwäldern und sind ein relativ seltener Waldbaum.
„Ich habe hier im Unteren Wald den bestmöglichen Standort für die Moorbirke ausgesucht“, sagt Forstrevierleiter Jürgen Martinek, bevor er zusammen mit Bürgermeister Clemens Götz die junge Moorbirke mit ihrem richtig schweren, weil sehr nassen Wurzelballen ins vorbereitete Pflanzloch rollt. Der Graben an der Pflanzstelle am Waldweg, der in der Kurve der Straße „Im Langenlöchle“ abzweigt, ist voll Wasser und auch im Pflanzloch neben dem Graben selbst hat sich Wasser angesammelt, also zum Start erstmal gute Bedingungen für die neue Baumart. Bürgermeister und Revierleiter sind schon ein eingespieltes Pflanzteam und haben schon einige Bäume des Jahres in den Unteren Wald gepflanzt, jedoch war die Moorbirke das letzte Exemplar, das sie zusammen in den Wald geführt hat. Die Amtszeit von Schultes Götz endet in wenigen Wochen. „Wie kann man denn die Moorbirke von den hier vielfach vorhandenen anderen Birken unterscheiden?“, fragt der Rathauschef und weist auf den Wald hinter der angrenzenden Wiese hin: „Die sehen doch gleich aus?“
Junge Blätter sind zunächst behaart
Das sei nicht einfach, gibt Martinek zu. Ein Merkmal sind die Zweige, die bei der Moorbirke eher steif sind und nicht wie bei der Sandbirke freischwingend nach unten hängen. Junge Triebe der Moorbirke sind wie ihre jungen Blätter zunächst behaart, die der Sandbirke nicht. Ein drittes Unterscheidungsmerkmal kann die typische weiße Birkenrinde sein, die bei der Sandbirke mit zunehmendem Alter durch schwarze, dickborkige, länglich senkrechte Bereiche unterbrochen wird. Die Rinde der Mooreiche bleibt auch im Alter weitestgehend weiß vom Stammfuß bis in die Krone.
Art wird bis zu 80 Jahre alt
Interessierte Naturbeobachter wie Wanderer, Radfahrer oder auch Schulklassen finden auf dem „Baum des Jahres“-Rundweg alle seit 1989 gekürten Bäume. Informative Schilder vermitteln Wissenswertes zur jeweiligen Baumart: wo stammt sie ursprünglich her, wie sieht ihr Wuchs, ihr Laub oder ihre Nadeln aus, wie sind die Blüten und Früchte geformt, welche Ansprüche stellt sie an ihren Wuchsort zum Beispiel. Auch die jetzt gepflanzte Moorbirke wurde gleich mit einem solchen Schild versehen, die, wenn es gut für sie läuft und sie nicht irgendwann als Maibaum endet, etwa 80 Jahre alt werden kann.