Automobilzulieferer bekommt keinen Folgeauftrag für C-Klasse. 100 Mitarbeiter von Schließung betroffen.
Althengstett - Wie groß der Kostendruck auf die Automobilbranche ist, bekommen die 100 Mitarbeiter des Daimler-Zulieferers Magna Exteriors & Interiors (Germany) GmbH, zuvor Intier Automotive Näher GmbH (Markgröningen), zu spüren: Das Althengstetter Werk, das zu einem weltweit operierenden Konzern gehört, wird zum 30. April 2014 geschlossen.
Mehrere Unternehmensgruppen sind unter dem Dach des 1957 gegründeten, österreichisch-kanadischen Magna-Konzerns vereint, der 2012 weltweit 117 000 Mitarbeiter beschäftigte und 2011 einen Umsatz von 28,7 Milliarden US-Dollar erwirtschaftete. Zu einem Tochterunternehmen wurde 1997 Intier, das auf Schallisolationssysteme sowie textile Innen- und Kofferraumausstattungen für die Automobilbranche spezialisiert ist. In Althengstett werden nun von der Magna Exteriors & Interiors (Germany) GmbH ausschließlich Türverkleidungen für die C-Klasse von Daimler gefertigt.
Die Automobilhersteller haben seit längerem Absatzschwierigkeiten. Der Wettbewerbsdruck unter den Zulieferern selbst hat zugenommen und sie unterbieten sich gegenseitig. Zum 30. April 2014 sollen in Althengstett genau deshalb die Lichter ausgehen, wie Betriebsratsvorsitzender Werner Müller auf Anfrage unserer Zeitung bestätigte. "Wir haben keinen Folgeauftrag von Daimler für die C-Klasse bekommen, weil diese künftig aus Bremen kommt", sagte Müller. Schließlich habe man sich um Aufträge für die E-Klasse bemüht, allerdings erfolglos, denn ein Konkurrent sei zum Zug gekommen: "Das war unser letzter Anker".
Ende 2012 seien Mitarbeiter und Werksleitung in Althengstett noch optimistisch gewesen, den Zuschlag zu bekommen. "Alles hat in den Verhandlungen darauf hingedeutet, dass es hier weitergehen kann", beschreibt der Betriebsratsvorsitzende die damalige Situation. Doch im Januar habe sich das Blatt plötzlich gedreht und Daimler sich für die SMP Deutschland GmbH, vormals Peguform GmbH, mit Sitz in Bötzingen nahe Freiburg im Breisgau entschieden.
Seit 2011 gehört die Peguform zur indischen Samvardhana Motherson Group (Neu Delhi) und firmiert als SMP Deutschland GmbH. "Wir waren alle völlig schockiert und können diese Kehrtwende nicht nachvollziehen. Das ist ein Schlag ins Gesicht", äußerte sich Müller weiter, zumal SMP nach seinem Kenntnisstand "erst noch ein neues Werk bauen und Leute für den Daimler-Auftrag einstellen muss", während 100 Mitarbeiter in Althengstett um ihre Zukunft bangen. Mit den Sozialplanverhandlungen sei diese Woche begonnen worden. Die Werksleitung war am Donnerstag und Freitag krankheitsbedingt für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Im November 2005 hatte der Althengstetter Gemeinderat in einer Sondersitzung den Weg für den Grundstücksverkauf und die Ansiedlung der Intier Automotive Näher GmbH im Unteren Ried frei gemacht. Das hatte die Gemeindekasse klingeln lassen. Im April 2006 stand der Rohbau des Werks mit 6000 Quadratmetern Grundfläche. Sehr deutlich zu erkennen war spätestens zu diesem Zeitpunkt, wie viel Wald im Unteren Ried für das Bauvorhaben geopfert werden musste. Deshalb war das Projekt bei Teilen des Gemeinderats und in der Bevölkerung äußerst umstritten. Mitte 2006 wurde die Produktion aufgenommen.
Nach rund acht Jahren dürfte die Euphorie der Gemeinderäte, die damals für den Grundstücksdeal mit dem Großinvestor gestimmt hatten und die noch heute im Gremium sitzen, verflogen sein. Die Kommune wird nämlich nur schwerlich Einfluss darauf nehmen können, was künftig mit der stillgelegten Werkshalle geschehen soll.
Gemeinderat Philipp Jourdan sah in der jüngsten Sitzung noch einigen Gesprächsbedarf, was die bisherige und weitere Entwicklung bei Gewerbeansiedlungen in der Gäugemeinde betrifft und forderte die Verwaltung auf, dieses Thema zeitnah auf die Tagesordnung zu setzen.