Die Landwirte wollen künftig die Bürger besser aufklären. Foto: Biermayer

Mahnfeuer ist Teil bundesweiter Aktion. Dialog mit Bürgern gesucht. Forderungen an Politik.

Althengstett - In den vergangenen Wochen haben Landwirte in ganz Deutschland auf ihre Problemlage aufmerksam gemacht, zuletzt mit der Großdemonstration in Berlin. Sie sehen sich allein gelassen mit den Forderungen nach mehr Umwelt- und Tierschutz. Mit einem Mahnfeuer in Althengstett wollten die Bauern in den Dialog mit den Verbrauchern treten.

Rund 200 Interessierte waren ins Feuerwehrhaus gekommen und so der Einladung der Initiative "Land schafft Verbindung" gefolgt. "Wir wollen, dass die Menschen mit uns reden – nicht über uns", erklärte Mitinitiator Jörg Nonnenmann. Man möchte, dass die Bevölkerung die Beweggründe der Landwirte verstehe.

Der Ingenieur Nonnenmann ist selbst gelernter Landwirt und arbeitet in seiner Freizeit auf dem elterlichen Hof mit, den er irgendwann auch gerne übernehmen möchte. Zudem sitzt er für die Freien Wähler im Gemeinderat. Gemeinsam mit fünf weiteren Landwirten aus der Gemeinde kam er auf die Idee, sich an der bundesweiten Aktion der Mahnfeuer zu beteiligen. Alleine in Baden-Württemberg gab es mehr als 100 solcher Veranstaltungen.

Prozess soll zu mehr Dialog führen

Neben Bürgermeister Clemens Götz, Peter Schäfer vom Landratsamt, diversen Ortschafts-, Gemeinde-, und Kreisräten war auch der Bundestagsabgeordnete und Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft Hans-Joachim Fuchtel (CDU) vor Ort.

Bürgermeister Götz identifizierte die Veranstaltung als Beginn eines langen Prozesses, der zu mehr Dialog führen solle. Die Verbraucher müssten einfach bereit sein, mehr Geld für Lebensmittel auszugeben. Dann sei auch den Landwirten geholfen. Zudem nahm er seine Gemeinderäte in die Pflicht, sich nicht weiter gegen eine Nahverdichtung im Ort zu stemmen. Denn der Flächenverbrauch durch Neubaugebiete nehme den Landwirten die Existenzgrundlage. Zudem bedankte er sich bei den Landwirten für die Landschaftspflege.

Staatssekretär Fuchtel betonte, dass alle Parteien an einen Tisch kommen müssten. Die Probleme seien isoliert nicht lösbar. Man könne zudem auf kommunaler Ebene viel für die Landwirte tun. Die Bauern hätten es nicht verdient von der Bevölkerung und den Umweltorganisationen als Tierquäler und Naturzerstörer verunglimpft zu werden. "Der Schwarzwald braucht die Landwirtschaft", stellte Fuchtel klar. Er empfahl den Aktivisten die Mitarbeit in einem landwirtschaftlichen Betrieb. Dann würden auch sie vermutlich anders denken.

Mit einer Stimme sprechen

Landwirtschaft sei keine romantische Veranstaltung, sondern ein hartes Geschäft. Die Landwirte müssten von ihrer Arbeit leben können. Dazu bedürfe es auch einer Änderung der europäischen Agrarsubventionen. Diese müssten vor allem die ersten Hektare fördern, damit auch kleine Landwirte von den Zuschüssen profitierten, erläuterte er.

Aber die Verbraucher müssten verstehen, dass Lebensmittel in Deutschland zu billig seien. Von Fleisch zu Cent-Beträgen könne kein Bauer einen angemessenen Tier- und Umweltschutz umsetzen. Er empfahl den Bürgern, das Geld, das sie durch die Abschaffung des Solidaritätszuschlags einsparen, künftig in Lebensmittel zu investieren. Fuchtel kündigte zudem eine Gesetzesinitiative an, um die Position und Planungssicherheit der Landwirte gegenüber den Händlern zu stärken.

Es sei außerdem unverantwortlich, die Aufgaben und Ausgaben des Umwelt- und Tierschutzes allein auf die Landwirte abzuwälzen, da auch die Gesellschaft von der Tätigkeit der Bauern profitiere. Sein Ministerium habe deshalb 83 Millionen Euro Bundesmittel zur Verfügung gestellt, um die Landwirte zu unterstützen. Er nahm aber auch die Landwirte selbst in die Pflicht. Sie müssten sich besser organisieren und mit einer Stimme sprechen. Sonst wäre es schwer, politische Ziele zu erreichen.

Landwirt Matthias Roller aus Oberkollwangen betonte in seinem Redebeitrag, dass er die Zukunft vieler Höfe in Gefahr sehe. Die vielen Regelungen machten das Wirtschaften schwer. Umweltorganisationen und Medien stellten die Bauern permanent schlecht dar. Jeder neunte Arbeitsplatz in Deutschland hänge an der Landwirtschaft. Deshalb hätte ein verschwinden diese Wirtschaftszweiges fatale Folgen. Außerdem müsste man dann Lebensmittel aus dem Ausland importieren, wo die Produktionsstandards oft niedriger seien.

Die Landwirte seien Experten auf ihrem Gebiet, ihre Meinung jedoch nur selten gefragt. Für Umwelt- und Tierschutz tue man bereits viel. Die Land- und Forstwirtschaft seien die einzigen Industriezweige, die auch CO2 binden.

Landwirt Marc Berger aus Maisenbach wies auf den Volksantrag hin, welchen die Bauern im Landtag einbringen wollen. Es gehe ihnen dabei gleichermaßen um den Erhalt der Landwirtschaft und der Artenvielfalt, fachlich fundierte Politik, andere Verursacher des Insektensterbens mit in die Verantwortung zu nehmen und den Erhalt der Kulturlandschaft zu fördern. Rund 40 000 Unterschriften werden für diesen Antrag benötigt.

Nonnenmann erklärte abschließend, dass man zukünftig vermehrt über die Arbeit der Landwirte aufklären möchte. Zudem wolle man Feldbegehungen für Verbraucher organisieren, damit diese sähen, wie ihre Nahrungsmittel produziert werden.

Zwei Punkte die den Landwirten immer wieder vorgeworfen werden, sind die Nitratbelastung des Grundwassers durch Überdüngung und das Insektensterben durch den Pestizideinsatz. Letzteres bestätigte eine im Oktober veröffentlichte Studie der TU München. "Das es einen Insektenrückgang gibt, bestreitet von uns keiner", so Nonnenmann. Nur gebe es auch andere Ursachen wie die Flächenversiegelung oder den Verkehr. Nonnenmann betonte, dass die Bauern nur so viel düngen, wie die Pflanze auch brauche. Jedoch: "Weniger Düngen heißt weniger Ernte", so Nonnenmann. Dies führe zu höheren Preisen für die Verbraucher.

Genau diese Nitratbelastung hat zu einer Verurteilung der Bundesrepublik durch den Europäischen Gerichtshof geführt. Staatssekretär Fuchtel bezog dazu auf Nachfrage unserer Zeitung Stellung. Dem Vorwurf, dass das seit 2005 von seiner Partei geführte Landwirtschaftsministerium die Entwicklung verschlafen habe, widersprach er. Man habe die Düngeverordnung 2014 und 2017 überarbeitet und sei in der Annahme gewesen, dass dies ausreiche. Das Gericht sah dies offenbar anders.

Anstatt der Idee einer Abgabe auf Produkte, zum Herstellen eines fairen Wettbewerbs und Unterstützung der hiesigen Landwirte verspreche für Fuchtel eine Aufklärungskampagne mehr Erfolg. Sein Ministerium plane dafür beispielsweise die Einführung eines staatlichen TierwohlLabels.

Nonnenmann war zufrieden mit der Veranstaltung. Es sei allerdings schade, dass wenige Bürger oder Kritiker anwesend waren. Gerade mit ihnen will Nonnenmann ins Gespräch kommen.

Fakt ist seiner Meinung nach: Wer Umweltschutz will, muss mehr zahlen. Zudem seien viele Regelungen in der Realität nur bedingt praktikabel, wie beispielsweise die gesetzliche Festlegung der Düngezeiträume. Die Landwirte erkannten aber auch an, dass es an ihnen liege, die Bevölkerung besser zu informieren. Ganz getrau dem Spruch, der auf einem Traktor prangte: "Nicht vergessen, wir Bauern machen dein Essen."