Jugendtreffs sind eine wichtige Anlaufstelle für Jugendliche. In der Lockdownphase hat dieses Angebot dieser Altersgruppe in Althengstett sehr gefehlt. Foto: © arthurhidden – stock.adobe.com

Soziales: Pandemiebedingt muss in einigen Bereichen wieder ganz bei Null angefangen werden

Drei Jungs nutzen einen der letzten Tage, bevor der Althengstetter Jugendtreff in die Sommerpause geht. Sie vergnügen sich an der Playstation im Obergeschoss, unten am großen Tisch im Erdgeschoss hört man sie vergnügt reden und lachen.

Althengstett. Man trifft dort Martina Ogorek, die Leiterin des Jugendtreffs, und Sofia Brand, die ihr Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) in der Einrichtung Mitte August abschließt. Die vergangenen Monate waren eine herausfordernde Zeit durch allerhand Vorgaben und Einschränkungen, pandemiebedingte Schließungen inklusive. Jedoch auch eine Zeit, in der der Jugendtreff für zahlreiche Kinder und Jugendliche ein Stabiltätsanker, eine wichtige Anlaufstelle und Hilfe während des sogenannten Homeschoolings oder Fernlernens war.

Verordnungen kommenmit Verspätung an

»Es war ein harter Schnitt im März 2020, als wir abrupt schließen mussten«, erzählt Ogorek. Keiner wusste so recht, was los war und was da auf einen zukommt. Als ein zweiter Lockdown sich abzeichnete, »war unser Appell, den Jugendtreff zu den normalen Öffnungszeiten offen zu lassen«. Was leider nicht durchgängig möglich war und man deshalb in der Corona-Zeit viel vom gewohnten Jugendtreff-Leben verloren hat, »wir müssen vielfach von vorne anfangen«. Dass die Verordnungen des Kultusministeriums bei ihnen immer mit einer Woche Verspätung angekommen sind, habe die Arbeit zusätzlich erschwert.

Während der Schulschließungen wurde schnell deutlich, dass in manchen Familien das Fernlernen überhaupt nicht so funktionieren kann, dass die Schüler übers Schuljahr mitkommen. Besonders in Familien mit Migrationshintergrund oder solchen, in denen es neben den Schulkindern noch kleinere Geschwister gibt, die sich das Zuhause teilen, kamen auch die Erwachsenen, meist ja die Mütter, an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. »Manche Kinder haben uns erzählt, dass die Mutter sie aufgefordert habe, dem Quengeln der Kleinen nachzugeben und ihnen endlich ihre von der Schule gestellten Tablets zum Spielen zu geben«, berichtet Ogorek.

Das war Anlass, im Rahmen der Sozialen Gruppenarbeit (SGA) im Jugendtreff – sie wird betreut von Michael Schrimm – ein vom Landratsamt finanziertes Angebot zu einzurichten, in dem Schüler im Alter von circa acht bis zwölf jahren quasi in Obhut den Fernunterricht absolvieren konnten. Dieses Angebot hat die Jugendtreff-Crew zwar ordentlich gefordert, aber auch für emotianle Momente gesorgt, wenn es sichtbare Früchte getragen hat, erzählt Sofia Brand von einem ihrer Schützlinge. Die Schülerin hatte große Lücken im Unterrichsstoff, doch das strukturierte und intensive Lernen im Jugendtreff hat ihr eine Belobigung im Jahreszeugnis gebracht. Da war die Freude und der Stolz auf allen Seiten groß.

Ausflug an den Bodenseeist für alle eine Wohltat

Die Angebote des Jugendtreffs wie Offener Treff oder Girls Club waren bis Pfingsten nicht möglich. »Seit wir wieder offen haben, stellen wir fest, dass fast nur deutsche Kinder und Jugendliche kommen«, sagt die Jugendtreff-Leiterin, »die Migranten haben sich eher zurückgezogen in der Zeit als vieles nicht möglich war«. Über die Gründe könne man nur spekulieren, Unsicherheit über die weitere Entwicklung und vielleicht eine größere Angst vor Corona könnten welche sein.

»Ich habe einfach für die zweite Pfingstferienwoche zwei Busse gemietet, als die Inzidenz unter zehn war«, berichtet Ogorek. Nach der langen Durststrecke ohne gemeinsame Aktivitäten wollte sie den Kids und Jugendlichen einen Ausflug ermöglichen. Die Landesgartenschau in Überlingen und der Bodensee waren das Ziel. »Es war ein tolles und berührendes Erlebnis für uns alle«, erzählt sie weiter, »die Kinder haben einfach am See gesessen und die Füße baumeln lassen, es war eine Leichtigkeit zu spüren, die lange nicht da war«. Natürlich wurden auch das Gartenschaugelände und die Stadt erkundet.

Die Feuerstelle hinter dem ehemaligen Güterschuppen der Schwarzwaldbahn, in dem der Jugendtreff untergebracht ist, wurde am letzten Schultag zum Treffpunkt: So manches Heft flog da ins Feuer als Zeichen für das abgeschlossene Schuljahr.

Sofia Brand wird dem Jugendtreff wohl erhalten bleiben. Ihr FSJ endet zwar, aber sie will als Werkstudentin im Rahmen ihres Sozialarbeit-Studiums an der Hochschule in Esslingen im Team bleiben. Die Arbeit und die Kinder und Jugendlichen sind ihr ans Herz gewachsen. Auch ihre Chefin freut sich, wenn’s klappt, denn »die Zusammenarbeit ist einfach toll, sie entlastet mich sehr und hat gute Ideen«. Zum Beispiel hat sie das Plakat entworfen für den nächsten Höhepunkt im Jugendtreff speziell für die Jugendlichen: Am 10. September, dem letzten Ferientag, wird die Ostelsheimer Band »Kuglfuhr« ein Open Air-Konzert auf der Freifläche beim Jugendtreff geben, da heißt es Daumen Drücken für gutes Wetter und eine stabile Inzidenz unter 35.