Althengstett möchte durch Zusammenarbeit eine libanesische Gemeinde unterstützen, die sehr viele syrische Flüchtlinge aufgenommen hat. Foto: Hussein

Neue Wege in Flüchtlingshilfe. Kosten werden fast vollständig über Bundesprogramm gedeckt.

Althengstett - Neue Wege in der Flüchtlingshilfe beschreitet man in Althengstett. Der Gemeinderat befürwortete die Anbahnung einer Projektpartnerschaft mit der libanesischen Stadt Chekka.

Damit übernimmt die Kommune eine Vorreiterrolle bei der Unterstützung libanesischer Gemeinden, die unter der Last der Flüchtlingsströme aus Syrien an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gestoßen sind.

Althengstett wird in Zukunft einen wertvollen Beitrag dazu leisten, dass syrische Flüchtlinge weniger nach Europa drängen, weil sie in ihren unmittelbaren Nachbarländern zufriedenstellend versorgt werden können. Das Ratsgremium beschloss die Teilnahme an einer Projektpartnerschaft mit der libanesischen Stadt Chekka (17.000 Einwohner). Die dadurch entstehenden Kosten werden fast vollständig über das neue Bundesprogramm "Starterpaket I" gedeckt.

Wanderung gen Europa wird unterbunden

Wie Bürgermeister Clemens Götz berichtete, sind die 1,5 Millionen syrischen Flüchtlinge in dem kleinen Libanon mit 4,5 Millionen Einwohnern nicht nur in Lagern untergebracht. "Viele leben mitten unter der Zivilbevölkerung in Wohnungen und Häusern, und die Kommunen tragen die Hauptlast der Kosten und Probleme", unterstrich der Rathauschef. Wenn man den dortigen Gemeinden helfe, könne man eine weitere Flüchtlingswanderung in Richtung Europa weitgehend unterbinden.

Götz hat im April an einem Workshop des Ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in Beirut teilgenommen und dort auch schon Chekka als Partnergemeinde ausgemacht. Jeder Euro, der dort für Flüchtlinge investiert wird, verhindere "das Mehrfache an Folgekosten in Deutschland", so Götz. Mit dem Euro könne man im Libanon sehr viel wirkungsvoller finanzieren als in Deutschland. "Für Althengstett bietet das Projekt die Chance, den eigenen Einzelhandel auf der Kontrastfolie des Libanon neu zu durchdenken, den Horizont zu erweitern und Ideen zu entwickeln", hob Götz hervor. Der Gewerbe- und Handelsverein (GHV) Althengstett sei bereit, bei diesem Projekt mitzumachen.

Gemeinderat Martin Jourdan befürchtete, dass durch die neuen Aufgaben eine zusätzliche Verwaltungskraft notwendig sei. Doch es zeigte sich, dass lediglich eine Kraft mit geringfügigem Stundendeputat ausreicht, da das meiste ehrenamtlich erledigt werden kann. "Das ist ein ausgesprochen interessanter Ansatz", lobte Gemeinderat Lothar Kante. Auch Philipp Jourdan und seine Fraktionskollegin Amei Fischer sprachen sich für das Projekt aus. Der Gemeinderat machte gleich Nägel mit Köpfen, indem er Termine festlegte. 22. bis 29. September 2018 wird eine Delegation aus Chekka nach Althengstett eingeladen. Dies trifft sich gut, denn in dieser Zeit findet in der Gäugemeinde die Werbeaktion "Guck ond staun" statt. Ein Gegenbesuch einer kleinen Althengstetter Delegation im Libanon kann dann vom 27. Oktober bis zum 3. November stattfinden.

Projekt wird erst einmal als Versuch gestartet

Die beiden Informationsbesuche zum Thema "Nachhaltige Stärkung der örtlichen Wirtschaftskraft" werden bis zu einer Höhe von maximal 50.000 Euro über das "Starterpaket I" des Bundes finanziert. Neben den beiden Besuchen soll eine Bestandsaufnahme in Chekka in Auftrag gegeben werden. Außerdem könne den libanesischen Partnern durch die Beteiligung zweier hochkarätiger ehemaliger Ministerialbeamter im Ruhestand, die in Althengstett leben, professionelles Know-How vermittelt werden.

Der Rathauschef ist sich sicher, dass umgekehrt "wir auch von den Libanesen lernen können". Das zukunftsweisende Projekt wird erst einmal als Versuch gestartet. "Wenn die gegenseitigen Besuche zeigen, dass eine Zusammenarbeit vielversprechend ist, kann ein eigentliches Projekt der Zusammenarbeit in einem zweiten Schritt beantragt werden", so Götz. Auch dafür gibt es Bundeszuschüsse.

Der Gemeinderat beschloss die Projektpartnerschaft mit der libanesischen Gemeinde Chekka mit großer Mehrheit. Lediglich die Räte Markus Schwarz und Martin Jourdan enthielten sich der Stimme. Ratsmitglied Rüdiger Klahm stimmte dagegen.