Azubi Ryyan Alshebl macht derzeit in Althengstett eine Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten. Foto: Bausch Foto: Schwarzwälder Bote

Integration: Syrer Ryyan Alshebl hat einige schlaflose Nächte hinter sich / Geschätzter Rathausmitarbeiter / Ungewisse Zukunft

Er hat Humor, wirkt besonnen und ist in seiner neuen Wirkungsstätte ein beliebter Mitarbeiter. Ryyan Alshebl, ein junger Flüchtling aus Syrien, ist seit einiger Zeit Azubi im Althengstetter Rathaus. Dort macht er eine Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten.

Althengstett. Er genießt das Vertrauen seiner Kollegen und des Bürgermeisters. Die vergangenen Wochen waren für den 24-Jährigen äußerst schwierig und belastend. Seine Heimat im fruchtbaren Süden Syriens wurde nämlich im Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat heftig bombardiert. "Die Bomben fielen ganz in der Nähe meiner Familie. Doch zum Glück ist meinen Eltern und meinem jüngeren Bruder nichts passiert", erzählt der junge Mann sichtlich erleichtert.

Aber viele Tage und Nächte habe er sich Sorgen gemacht, nicht gut geschlafen und sei unkonzentriert gewesen. "Es war für mich eine ziemliche psychische Belastung", sagt Alshebl. Jetzt ist er froh, dass die heftigen Kämpfe beendet sind. Bei seinen fast täglichen Anrufen in die Heimat merkt er, dass es seinen Eltern wieder besser geht.

Abenteuerliche Flucht

Dann erzählt der junge Syrer, wie es ihm in den vergangenen Jahren ergangen ist. Nach der Schulzeit studierte er in der Hafenstadt Lattakia Betriebswirtschaftslehre. Studenten mussten damals zunächst nicht gleich zur Armee. "Doch dann änderte sich plötzlich alles und ich hätte über viele Jahre hinweg Soldat sein müssen", erzählt er im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten.

Mit einigen Freunden machte er sich deshalb dann auf den Weg in Richtung Europa. "Nach einer abenteuerlichen Flucht durch mehrere Länder habe ich dann am 21. November 2015 erstmals deutschen Boden betreten", erinnert sich der heute 24-Jährige.

Da sein Bruder als Austauschstudent in Karlsruhe studiert, zog des ihn in den Südwesten. Er fand Unterkunft im Calwer Flüchtlingswohnheim auf dem Wimberg und wurde dort von ehrenamtlichen Mitarbeitern des Calwer Arbeitskreises Asyl betreut und beraten. Und er lernte Pfarrer Walter Hummel kennen. "Er wurde für mich wie ein Vater", freut sich Alshebl.

Aufgrund seiner Vorbildung und den immer besser werdenden Deutschkenntnissen wurde er im Althengstetter Rathaus zunächst als Praktikant und später dann sogar als Lehrling zum Verwaltungsfachangestellten aufgenommen. In der Kreisberufsschule ist er derzeit in seiner Klasse der einzige Schüler mit Migrationshintergrund. Besonders glücklich war er dann auch, als er eine kleine Wohnung in der neuen Althengstetter Flüchtlingsunterkunft "Am Gleis" bekam.

Sparen gelernt

"Mein Geld, das ich verdiene, ist knapp, aber in einem schwäbischen Dorf lernt man sparen", erzählt der Azubi schmunzelnd. Inzwischen sei er finanziell ein kleines bisschen besser gestellt, weil er vom Schulverband Althengstett einen kleinen Nebenjob bekommen hat. Er hat den Schließdienst für öffentliche Gebäude übernommen und macht sorgfältig jeden Abend einen Rundgang mit einem großen Schlüsselbund. Außerdem hat Alshebl einen geflüchteten syrischen Arzt in seiner kleinen Wohnung aufgenommen und sie teilen sich jetzt die Miete. An Deutschland schätzt er besonders die Demokratie mit Gewaltenteilung und die nach seiner Meinung sehr transparente Struktur in der Verwaltung. Auch der Sozialstaat mit seinen Leistungen für die Schwachen sei einfach vorbildlich.

Jetzt freut sich Alshebl auf zwei Wochen Urlaub, in denen er zusammen mit seinem älteren Bruder Straßburg erkunden möchte. Eine besondere Freude für ihn ist, dass er kurz vor dem Ablegen des deutschen Führerscheins steht. Jedoch ist Alshebl im Hinblick auf seine Zukunft ziemlich ratlos. "Ich habe meine Heimat verloren und weiß nicht, wie es mit mir weitergeht", meint er leicht resigniert. Am liebsten würde er später gerne noch weitermachen und in Deutschland die Ausbildung zum Diplom-Verwaltungswirt absolvieren.