Weit mehr als nur Betreuung – die Arbeit in den Althengstetter Kindertagesstätten war in den vergangenen Monaten eine große Herausforderung. Foto: Anspach/dpa Foto: Schwarzwälder Bote

Kommunales: Althengstetter Kindergärten an der Kapazitätsgrenze / Ausbildungsstandort genießt einen sehr guten Ruf

Verwaltung, Gemeinderat und Eltern sind tief beeindruckt, wie die Erzieherinnen der Althengstetter Kindertagesstätten in den vergangenen Monaten mit den ungeheuren Belastungen durch die Corona-Pandemie umgegangen sind. Das wurde in der Ratssitzung am Mittwochabend deutlich, als der Bericht aus den Kitas mit Bedarfsplanung auf der Agenda stand.

Althengstett. Franziska Binczik, Leiterin des Familienzentrums (FAZ) Sachgebiet Bildung und Betreuung, war freilich nicht vor das Gremium getreten, um über die anstrengenden zurückliegenden Monate zu klagen, sondern die Belegungszahlen, die Personalausstattung und die Ausbildungssituation zu beleuchten. Der Kita-Bereich sei voll ausgelastet, so Binczik. Für den Kleinkindbereich etwa gebe es 47 Anmeldungen. In den Krippengruppen in Althengstett seien im nächsten Kita-Jahr sämtliche Plätze belegt. Bei sieben Familien könne man aus aktueller Sicht dem Rechtsanspruch auf einen Platz nicht entsprechen, weshalb man mit einem Ausbau um eine halbe Krippengruppe rechne. In den siebeneinhalb Kindergartengruppen stehen laut Binczik im neuen Kita-Jahr ausreichend Plätze zur Verfügung.

Die Belegungszahlen in Neuhengstett (2,5 Kindergartengruppen) nehmen laut Bericht wieder zu. Das Neubaugebiet Brunnenstraße werde mit weiteren Zuzügen durch Familien ebenfalls dazu beitragen. Ein weiterer Ausbau sei ab April oder September 2022 in Planung. Die FAZ-Leiterin geht davon aus, dass eine weitere halbe Kindergartengruppe notwendig werden wird. Dem Rechtsanspruch kann jedoch auch hier entsprochen werden. Im Bereich Kleinkindbetreuung müsse abgewartet werden. Auch hier sei ein Ausbau um eine weitere Kleingruppe denkbar. Aktuell sei der Rechtsanspruch bedient.

Die Belegungszahlen in Ottenbronn (2,5 Kindergartengruppen) seien konstant. Auch dort gelte, dass die Kommune dem Rechtsanspruch im Kleinkind- und Kindergartenbereich gerecht werde. Der Waldkindergarten sei mit 18 Kindern belegt und werde seine 20 Plätze voll bekommen. Die Hälfte der Plätze sei für Jungen und Mädchen aus der Gemeinde Althengstett reserviert worden.

Stolz ist man in Althengstett auf die Ausbildungssituation in den Kitas, denn im kommenden Jahr werden elf Auszubildende beschäftigt. Offenbar hat es sich ausgezahlt, dass man bereits in den vergangenen Jahren in die Ausbildung von pädagogischen Fachkräften investiert hat. Im folgenden Kita-Jahr werden zwei FSJ-Stellen besetzt, sechs Stellen des Ausbildungszweiges PIA (praxisintegrierte Ausbildung) und zwei Stellen im Rahmen der klassischen Erzieherausbildung im Anerkennungsjahr. Auch die Stelle im Rahmen des dualen Hochschulstudiums wird laut Bericht für drei Jahre besetzt. "Die Auszubildenden sind im Alltag eine Bereicherung, und es ist eine Freude zu sehen, wie sie sich innerhalb der Ausbildung entwickeln", heißt es in Bincziks Bericht.

"Die Personalsituation beschäftigt uns tagtäglich", berichtete die FAZ-Leiterin dem Gemeinderat. Im Familienzentrum kämen auf jede Bewerbungsphase im Durchschnitt zwei und mehr ausgebildete Bewerber. Dies spreche für einen sehr guten Ruf des Familienzentrums und der Gemeinde Althengstett. Der weiterhin deutlich bemerkbare Fachkräftemangel erschwere aber auch in diesem Jahr die zeitnahe Wiederbesetzung offener Stellen. "Längere Krankheitszeiten einzelner Mitarbeiter werden weiterhin aus dem Stammpersonal zu vertreten sein, Vertretungsstellen im ›Springermodell‹ sind nicht attraktiv", ist im Kita-Bericht zu lesen. Zurzeit seien in den Gemeindekitas Stellen mit einem Beschäftigungsumfang von 75 Prozent neu zu besetzen. In der evangelischen Kindertagesstätte Neuhengstett müssen ebenso Stellen neu besetzt werden, im Umfang auch abhängig vom zukünftigen Ausbau.

Seit dem Ausbruch der Pandemie mussten in den Betreuungseinrichtungen viele Herausforderungen gemeistert werden – logistisch und pädagogisch. Vor allem die Organisation der Notbetreuung verlangte den Mitarbeitern viel ab. Die Covid 19-Verordnungen hatten ein Mehr an Personal bedeutet, so Binczik.

Die Erzieherinnen leisten inzwischen weit mehr als nur Betreuung. Das wurde deutlich, als die FAZ-Leiterin von den aktuellen Anforderungen berichtete. Kinder und Familien brauchen demnach mehr individuelle Begleitung. Die Familien seien während der Pandemie in vielen Bereichen an ihre Belastungsgrenze gelangt. Es sei derzeit wichtig, noch mehr für die Familien da zu sein, sich Zeit für Gespräche zu nehmen. Da seien eine große Sensibilität und Einfühlungsvermögen gefragt.

Wegen zu wenig Gruppenkontakten durch die Beschränkungen der vergangenen Monate haben Binczik und ihre Kolleginnen sprachliche Entwicklungsverzögerungen bei den Kindern festgestellt. Man denke über den Aufholbedarf nach und habe das Förderprogramm "Sprachkitas" im Auge. "Die Jungen und Mädchen müssen das soziale Miteinander und Abläufe erst wieder lernen und machen erste vage Schritte. Das alles ist keine Selbstverständlichkeit mehr." In dieser Situation würden sich die Herausforderungen zeigen, vor denen pädagogische Fachkräfte im Alltag stehen.

"Trotz der großen Belastung ist es Ihnen gelungen, die Kinder bei der Stange zu halten und die Eltern anzusprechen", lobte Bürgermeister Clemens Götz das gesamte Erzieherteam, das große Hochachtung verdient habe. Das alles bei einem hohen Maß an Vorsorge: Rund 90 Prozent des Personals habe sich regelmäßig auf Corona testen lassen, viele von ihnen seien inzwischen auch geimpft.

"Das ist weit mehr als Betreuung, sondern fachpädagogische Familienarbeit", betonte Lothar Kante (SPD), der zudem von der großen Zahl an Auszubildenden in den Althengstetter Kitas begeistert ist. "Vieles geht über die Ausbildung der Erzieher hinaus", warnte sein Ratskollege Thomas Schmidt (Freie Wähler). Man dürfe das Personal nicht verheizen und müsse Supervision leisten, also den Erziehern Beratung und Gespräche über die tägliche pädagogische Arbeit anbieten.