Freund und Nachbar Thomas Blenke (rechts) lud Bahnchef Rüdiger Grube zur Talkrunde nach Althengstett ein. Foto: Fritsch

Bahnchef Rüdiger Grube hätte gern noch diskutiert. Neugier des Auditoriums befriedigt.

Althengstett - Am Ende wollte er noch weiter machen. Fast wie ein ICE, der, hat er erst mal richtig beschleunigt, nicht mehr so schnell zum Stehen kommt. Bahnchef Rüdiger Grube hätte gern noch ein wenig diskutiert. Doch die Neugier des Auditoriums war befriedigt.

Launige Abende wie am Freitag in der Schlossbergkellerei Schnaufer in Althengstett dürfte Grube in letzter Zeit selten erlebt haben – ohne Trillerpfeifen von Stuttgart-21-Gegnern, ohne ätzende Kritik am Winterchaos.

Freund und Nachbar Thomas Blenke hatte den Bahnchef zu einer ungezwungenen Plauderrunde vor knapp 100 geladenen Gästen gebeten. Der CDU-Landtagsabgeordnete übernahm dabei die Rolle des Talkmasters.

Grube gehe bei Stuttgart 21 einen geradlinigen Weg, stellte Ralf Schnaufer bei der Begrüßung fest. Da lag der Hausherr richtig, denn schnell zeigte sich, dass der Bahnchef ein Mann von Prinzipien ist. Fünf Grundsätze hat der Manager: Glaubwürdigkeit, Authentizität, Disziplin, Respekt und Leidenschaft.

In der Führungsebene rigoros aufgeräumt

Konsequenz zeigte Grube gleich nach Amtsantritt. Von einer Ausnahme abgesehen, musste der gesamte Bahn-Vorstand gehen. Auch in der Führungsebene darunter wurde rigoros aufgeräumt. Zu den gefeuerten Vorstandsmitgliedern gehörte Otto Wiesheu – der Mann war immerhin mal bayerischer Wirtschaftsminister. Der wusste nicht einmal, so plauderte Grube aus dem Nähkästchen, dass der Datenschutz zu seinem Ressort gehört.

Das Flugzeug sei das technisch komplexeste Verkehrsmittel, hatte Grube als studierter Luftfahrttechniker geglaubt. Bis er sah, dass bei der Bahn mit ihrer komplizierten Infrastruktur alles noch viel schwieriger ist. Da wunderte er sich schon, dass Vorgänger Hartmut Mehdorn ohne Technikvorstand ausgekommen ist und Grube das Ressort erst schaffen musste.

Mit der Politik ist das so eine Sache. Da geht es dem Mann mit Prinzipien allzu oft zu populistisch zu. Stuttgart 21 liefert ihm ein gutes Beispiel. Da vermisse er bei der SPD die Geradlinigkeit.Über Jahre hinweg hätten die Sozialdemokraten vielem zugestimmt, seien jetzt zwar immer noch für das Projekt, wollten zuvor aber dann doch lieber das Volk befragen.

Grube und Blenke sind sich einig, dass die Planungsphasen bei solchen Großprojekten verkürzt und die Bürger stärker eingebunden werden müssen. Gleichwohl gibt es bei Stuttgart 21 kein Zurück. Denn Verträge sind einzuhalten, sonst drohen Schadensersatzforderungen. Letztlich gehe es um Planungssicherheit. Wer die nicht gewährleiste, gefährde den Standort Deutschland und bringe vor allem Investoren aus dem Ausland dazu, ihr Geld woanders auszugeben.

Er sei ein ausgesprochener Bahnfan, bekannte Blenke, und sei damit in diesem Winter erstaunlich gut vorwärts gekommen. Gemurmel im Auditorium deutete darauf hin, dass es auch andere Erfahrungen gegeben hat.

Grube jedenfalls kam bei dem Thema so richtig in Fahrt. Es sei der strengste Winter seit Jahrzehnten. Durch vereiste Oberleitungen fließe nun mal kein Strom. Eisbrocken auf den Gleisen beschädigen die Züge. Täglich seien 100 000 Fahrgäste hinzugekommen, deren Flugzeuge wegen des Wetters nicht gestartet sind. Stark verkürzte Wartungsintervalle haben die Reserven ausgedünnt. Wer heute Züge bestellt, bekomme sie erst in Jahren geliefert. Und dann hat Grube auch noch das Eisenbahnbundesamt im Bremserhäuschen sitzen, das sich mit den Herstellern von neuen Zügen zofft. Immerhin sind in den nächsten fünf Jahren Investitionen von weit mehr 40 Milliarden Euro geplant.

Welchen Rat er ihm als Politiker geben könne, wollte Blenke abschließend von Grube wissen. Da wurde der Bahnchef drastisch: »Einen Arsch in der Hose haben und zu seiner Sache stehen.« Grube geht lieber mit Rückgrat unter als sein Fähnchen nach dem Wind zu hängen.

So wie man den Bahnchef am Freitag erlebt hat, handelt er danach. Solche Konsequenz tut nicht nur Politikern, sondern auch Wirtschaftsführern gut. Hätten sich Bankmanager nach diesen Prinzipien gerichtet, wäre der Welt die Finanzkrise vielleicht erspart geblieben.