Die Chancen auf eine Schienenanbindung des Landkreises Calw an den Großraum Stuttgart-Sindelfingen-Böblingen stehen derzeit so gut wie noch nie. Foto: Fritsch Foto: Schwarzwälder-Bote

Der Althengstetter Gemeinderat stimmte Folgendem mehrheitlich zu:

Der Althengstetter Gemeinderat stimmte Folgendem mehrheitlich zu:

u der Aufteilung der Investitionskosten nach dem Maßstab, dass die Kommunen 50 Prozent tragen, wobei der Landkreis die Hälfte der GVFG-Förderabsenkung, der auf die Gemeinden entfällt, übernimmt. Der Kreis Böblingen trägt 8,1 Prozent der Investitionskosten, die Förderhöhe aus GVFG-Mitteln beträgt 50 Prozent. Das bedeutet, dass Althengstett 2,133 Millionen Euro zuzüglich maximal 12,5 Prozent für Kostensteigerungen trägt (Votum: einstimmig).

u der Aufteilung der Betriebskosten dahingehend, dass die Gäukommune zwölf Prozent des Betriebskostendefizits (jährlich 1,7 Millionen Euro) trägt. Die Kapitalkosten der anderen Partner sind nicht Teil der Betriebskosten ( Votum: eine Nein-Stimme (Alwin Pross), drei Enthaltungen (Martin Jourdan, Markus Schwarz, Rainer Kömpf).

u der Übernahme der Investitionskosten für Park & Ride sowie der Zuwegung zum Haltepunkt unter der Maßgabe, dass jede Kommune die individuell anfallenden Kosten selbst trägt (Votum : einstimmig).

u basierend auf den vorliegenden Verhandlungsergebnissen eine Vereinbarung vorzubereiten und abzuschließen (Votum : einstimmig).

u die Gründung eines Zweckverbands oder einer vergleichbaren rechtlichen Konstruktion vorzubereiten. Althengstett setzt voraus, dass Entscheidungen, die im Zusammenhang mit deutlich steigenden Betriebskosten stehen, nur mit dem Einvernehmen der Gäugemeinde getroffen werden können (Votum: Enthaltung Alwin Pross).

Von Marion Selent-Witowski

Keiner wollte mehr so recht daran glauben, doch jetzt hat das Projekt Hermann-Hesse-Bahn rasant Fahrt aufgenommen. Es hat eine derartige Dynamik entwickelt, dass eine Schienenanbindung an den Großraum Stuttgart-Sindelfingen-Böblingen zum Greifen nahe ist. Der Druck auf die Entscheidungsträger in den Anliegergemeinden ist so groß, dass dem ein oder anderen Althengstetter Gemeinderat am Mittwochabend fast schwindelig wurde. Knackpunkt sind die Betriebskosten. Das Gremium hat jedoch erkannt, dass die jetzige Chance genutzt werden muss, weil sie sonst andere Kommunen ergreifen und nicht nur Althengstett, sondern der ganze Kreis für die Zukunft abgehängt wäre. Um ein großes Ziel zu erreichen, braucht es Kompromisse – und die tun manchmal weh. Das werden auch die Ostelsheimer Ratskollegen deutlicher als sonst spüren.

Von Marion Selent-Witowski

Althengstett. So richtig glücklich sah am Mittwochabend keiner der Althengstetter Gemeinderäte aus. Das Gremium hat nach dreieinhalbstündiger Debatte dem Kompromiss zur Finanzierung der Hermann-Hesse-Bahn zugestimmt. Der Knackpunkt: die laufenden Betriebskosten.

Der Öffentliche Personennahverkehr sei die letzte Stärke des ländlichen Raums und eine wichtige Lebensader – der Calwer Oberbürgermeister Ralf Eggert und Landrat Helmut Riegger nutzten die Sitzung in Althengstett für ein flammendes Plädoyer pro Hesse-Bahn. "Ohne S-Bahn haben wir ein großes Problem und nun die einmalige Chance, auf die andere 50 Jahre lang gewartet haben", betonte Letzterer, unter anderem im Hinblick auf Fachkräftemangel, Bevölkerungsschwund und Demografiewandel.

Von einer schnellen, komfortablen, zuverlässigen und umweltfreundlichen Bahnverbindung in den Großraum Stuttgart-Sindelfingen-Böblingen lassen sich auch die Althengstetter Räte begeistern. Bauschmerzen bereiten ihnen jedoch die Betriebskosten. Da half auch der Einwand des Landrats, dass Althengstett eine gut aufgestellte Gemeinde sei, die sich das Projekt leisten könne, erst einmal nicht weiter. Die Sorge: Auf lange Sicht können die Betriebskosten, die nach aktuellen Berechnungen bei jährlich rund 2,4 Millionen Euro liegen, zum Beispiel durch häufigere Taktung der Züge, oder Investitionen mit neuem Abschreibungsbedarf, etwa beim Umstieg von Diesel- auf elektrischen Antrieb, deutlich steigen. Die Anliegergemeinden Althengstett und Ostelsheim hatten bei den Verhandlungen zum Finanzierungskonzept den Wunsch eingebracht, bei sehr stark steigenden Betriebskosten diese zu deckeln, um sich in der kommunalen Finanzplanung nicht selbst einzuengen. In Althengstett stehen weitere Großprojekte wie die Sanierung des Gerhard-Schanz-Sportzentrums an. Dieses Risiko bewertet der Kreis als gering. Wenn es dennoch eintreten sollte, sei nicht einzusehen, warum sämtliche Kreisgemeinden, unter ihnen viele, die nicht so unmittelbar wie die Anrainer von den S-Bahn profitieren, sich an den hohen Kosten beteiligen müssten, die Anlieger aber nicht.

Althengstett und Ostelsheim konnten sich mit ihrem Anliegen nicht durchsetzen. "Wir als kleiner Partner wünschen uns eine Art Lebensversicherung. Wir brauchen Ihre Zusicherung, dass wir nicht einfach überstimmt werden können", wandte sich Bürgermeister Clemens Götz am Mittwochabend an Riegger. Dieser wiederum sicherte zu, dass künftig im Zweckverband stets einvernehmlich nachverhandelt werde.

Laut Gemeinderatsbeschluss soll zur Bedingung gemacht werden, dass Entscheidungen im Zusammenhang mit den Betriebskosten das Einverständnis der Gäugemeinde voraussetzen (siehe "Info"). Auch in Ostelsheim wurde Verhandlungsbedarf signalisiert, was die Betriebskosten betrifft (siehe Artikel unten).

Zuletzt häuften sich die Anzeichen, dass das Land in die Förderung des als "Jahrhundertprojekts" bezeichneten Vorhabens einsteigt. In den vergangenen beiden Tagen hatte der Landrat fast nur noch wegen der Hesse-Bahn den Telefonhörer in der Hand, und dann ging alles ganz schnell.

Noch in der Sitzung am Mittwochabend bekamen die Althengstetter Gemeinderäte eine Einladung zum gestrigen Treffen mit Landesverkehrsminister Winfried Hermann und dem Chef der SPD-Landtagsfraktion, Claus Schmiedel. Direkt am Objekt der Begierde, an den Gleisen beim Alten Bahnhof, nahmen die beiden Politiker aus Stuttgart Stellung zur Förderung der Hesse-Bahn.

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