Das Bundeskabinett befasst sich an diesem Mittwoch mit der Rentenreform. Wir erklären, was die Reform für Ruheständler und Arbeitnehmer bedeutet – und wo die Fallstricke liegen.
Noch vor wenigen Wochen hat Finanzminister Christian Lindner (FDP) das Rentenpaket II der Ampel überraschend gestoppt. Jetzt soll das Gesetz, an dem Kanzler Olaf Scholz besonders gelegen ist, an diesem Mittwoch im Kabinett beschlossen werden. Das sind die fünf wichtigsten Punkte, die jede und jeder über das geplante Gesetz wissen sollte:
1. Die Rente soll sich auch künftig in Einklang mit den Löhnen entwickeln.
Das Rentenniveau soll per Gesetz bis 2039 bei mindestens 48 Prozent festgeschrieben werden, also demselben Wert entsprechen wie jetzt. Doch was bedeutet das genau? Viele glauben, das Rentenniveau sei der Prozentsatz, den jemand von seinem letzten Lohn als Rente bekommt. Das ist aber falsch. Das Rentenniveau ist ein statistischer Wert, der das Verhältnis der Rente eines Durchschnittsverdieners nach 45 Beitragsjahren zum mittleren Lohn beschreibt. Die Idee hinter einem stabilen Rentenniveau ist also: Rentnerinnen und Rentner sollen gleichbleibend an dem gesellschaftlichen Wohlstand beteiligt sein, der Arbeitnehmern durch Lohnerhöhungen entsteht.
2. Das Rentenniveau wird gesetzlich garantiert – aber nachfolgende Regierungen können das Gesetz ändern.
„Stabile Renten: Scholz packt das an“, damit hat der heutige Kanzler vor der Wahl 2021 geworben. Er sieht in der Festschreibung des Rentenniveaus also ein zentrales Versprechen, das er nun erfüllen will. Bis zum Jahr 2039 soll das Rentenniveau von mindestens 48 Prozent auf jeden Fall gelten. Dadurch, dass die Renten jeweils zum 1. Juli eines Jahres erhöht werden, wirkt die geplante Garantie faktisch bis Mitte 2040. Nur: Die gesetzliche Regelung, die auf Druck der SPD jetzt festgezurrt werden soll, kann in kommenden Jahren jederzeit geändert werden. Scholz‘ – durchaus rationales – Kalkül ist allerdings: Wenn das Rentenniveau von 48 Prozent einmal per Gesetz bis 2039 festgeschrieben ist, wird sich kaum eine Nachfolgeregierung eine Absenkung des Rentenniveaus zutrauen. Die Wählergruppe der Rentner ist groß. Das Ziel der SPD ist ohnehin, dass 48 Prozent Rentenniveau dauerhaft gelten sollen, also über 2040 hinaus.
3. Die Rentenbeiträge werden steigen. Und das ist noch nicht alles.
Der Generationenvertrag bei der Rente funktioniert so: Die jeweils arbeitende Generation kommt für die Bezüge der Ruheständler auf. So wie diese das für die Menschen getan haben, die vor ihnen in Ruhestand waren. Es ist ein bisschen so, als müsste in einer Kneipe eine Besuchergruppe nicht die eigene Rechnung zahlen, sondern die der Menschen, die vor ihr dort waren. Wenn es immer mehr Kneipengäste gibt, aber immer weniger Zahler, wird es für letztere irgendwann sehr teuer. Das beschreibt das demografische Problem bei der Rente. Der Rentenbeitrag von aktuell 18,6 Prozent wäre in kommenden Jahren ohnehin kräftig gestiegen – beginnend ab 2028. Im Jahr 2035 dürfe er mehr als 22 Prozent betragen. Das Rentenpaket II ist nicht Ursache dieser Entwicklung, verschärft sie aber. Auch zusätzliche Steuermittel werden nötig sein.
4. Es werden keine Rentenbeiträge an der Börse investiert.
Aus Sicht der einen wäre es die Lösung, aus Sicht der anderen ein unverantwortliches Risiko. Die FDP hätte gern eine Aktienrente eingeführt, bei der ein Teil der Rentenbeiträge in Wertpapiere investiert worden wäre. Damit konnte sie sich nicht durchsetzen. Stattdessen soll es ein Generationenkapital geben. Der Staat leiht sich dafür Geld, das in Wertpapiere investiert wird. Mit den Gewinnen, die nach Zahlung der Kreditzinsen überbleiben, soll die Rente gestützt werden. Das ist kein großer Wurf: Eine groß angelegte gesellschaftliche Teilhabe an Aktiengewinnen sähe anders aus. Ängste, es würden Rentenbeiträge an der Börse verzockt – ob sie rational sind oder nicht – muss aber niemand haben. Es wird dort kein Geld aus Rentenbeiträgen investiert.
5. Das Rentenpaket ist noch nicht beschlossen.
Nach dem Kabinettsbeschluss muss das Rentenpaket noch durch den Bundestag. In der FDP-Fraktion gibt es noch immer Widerstände. FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner wird vermutlich erst mal abwarten, wie die Haushaltsverhandlungen in der Ampel laufen.