Die Lagerstatt der Bärbel von Gietsnetla, auf dem Tisch Kuchen und ein Brot nach dem Rezept der Hildegard von Bingen Foto: Schwarzwälder Bote

Historie: Mehr als 30 Kunsthandwerker und Händler beim "Historischen Handwerkerhof" rund ums Altensteiger Schloss

Alle zwei Jahre lädt der Altensteiger Heimat- und Geschichtsverein zum "Historischen Handwerkerhof" rund ums Schloss und ins Museum ein. Am Wochenende war es wieder soweit.

Altensteig. Mehr als 30 Kunsthandwerker und Händler hatten sich angemeldet und machten die Besucher mit einer Zeit vertraut, als Tücher aus Seide gesponnen, Körbe aus Weiden geflochten, Kämme aus Holz hergestellt und Bäume als Wasserleitungen benutzt wurden. Außerdem gab es Tänze der Renaissance und Musik aus dem Mittelalter.

Willkommen geheißen wurden die Handwerker von Museumsleiterin Birgitta Dieterle, dem Vereinsvorsitzenden Stephan Henssler und vielen Helfern an der Kasse, beim Verkauf von Kaffee und Kuchen beim Grillen von Steaks und Roten Würsten.

Am oberen Ende des Schlossgartens hatte Roland Walter aus Emmingen seinen Stand aufgeschlagen. Der langjährige Betriebsleiter einer Schreinerei wollte schon als Kind das Drechseln erlernen. Vor 16 Jahren kaufte er eine Maschine und begann mit der kunstfertigen Herstellung von Zylindern und anderen Hüten aus Eschen-, Buchen-, Ahorn- und Birkenholz. Durch sein Hobby sei er deutschlandweit viel herumgekommen, erzählt Walter. Mit dabei hatte er in Altensteig Arnold Schick aus Breitenberg, der Gewürzmühlen und hölzerne Kugelschreiber produziert.

Auf der anderen Seite der Schlosswiese hatte sich Walter Schwämmle niedergelassen. Als er noch Kind war, sei ein Korbmacher auf den elterlichen Hof in Oberkollbach gekommen und habe von seiner Leidenschaft fürs Flechten von Weiden erzählt. "Das will ich auch können", habe er bei sich gedacht. Längst pflanzt der heute 82-Jährige selber Weiden an, das Resultat konnte man auf einem Tisch nebenan bewundern: kleine Körbe für das Sammeln von Beeren im Wald und große fürs Brennholz.

Auf dem Kopf tragen sie Haarkränze aus echten Blumen

Am Stand nebenan bearbeitete Holzbildhauer Uwe Thaler aus Altensteig zwei Eichenplatten mit Geißfuß, Knüpfel und Stechriesen. Vor Heidrun Wehrstein aus Mössingen hüpften Kinder ausgelassen hin und her. Auf dem Kopf trugen sie Haarkränze aus echten Blumen, außerdem stellt die Floristin Türkränze her.

Gerhard Gleiser aus Grömbach brauchte im Schlossgarten viel Platz. Auf Holzböcken lag ein vier Meter langer Fichtenstamm, den er mit einem Breitbeil und einer Axt zu einem viereckigen Balken formte. Wiederholt ging sein Blick zur Tochter Stephanie, die weiter unten einen fünf Meter langen Teuchelbohrer so lange in der Kiefer drehte, bis er ein tiefes Loch ausgehöhlt hatte. Früher seien auf diese Weise Wasserleitungen und Pumprohre hergestellt worden, erklärte sie auf Nachfrage.

Erika Walz aus Neuhausen bei Pforzheim hat Romane und Kurzgeschichten geschrieben über "Die Rache der Margarethe zu Pforzheim", ein "Katzenmädchen" und lustige Episoden aus dem Leben des Reformators Martin Luther. Ihr Mann ist Goldschmied von Beruf. Manche Szenen würden ihn zur Herstellung von Schmuck inspirieren, erzählte die Autorin mit Stolz in der Stimme. Und so reihten sich auf der Auslage Eulen neben kunstvoll geschwungenen Federn und feingearbeiteten Ringen.

Sonja Bauer – auf dem Handwerkerhof nannte sie sich "Bärbel von Gietsnetla" (Altensteig rückwärts) – hatte ihre Lagerstatt unter Bäumen aufgeschlagen und war dabei, wohlgenährte Hühnchen am offenen Feuer für "befreunde Frauen unterschiedlicher Stände und Ritter" zu braten, während ein Meter entfernt Markus Lutz aus Altensteigdorf mit aufgeblasenen Backen ins Rufhorn stieß.

Auf dem Schlosshof hörte man schon von weitem, wie Dieter Walz aus Walddorf seinen Hammer auf den Amboss sausen ließ und aus glühendem Metall Hufeisen, Klammhaken und Nägel formte und sein Sohn Andreas kleine Herzen. Seit 1981 besitzt Kunstglaser Andreas Linnenschmidt aus Baden-Baden eine eigene Werkstatt. Er ist ein Meister seines Fachs, weiß, wie man echtes, mundgeblasenes Antikglas aus drei Elementen bearbeitet und hat sich auch im Altensteiger Schloss mit einem Bleifenster "verewigt.

Zum ersten Mal dabei war Kar Heinz Gänssle aus Egenhausen. Am Stand des Naturschutzwarts hingen Kästen für Hornisse, Wildbienen, Waldkäuze und Vögel. Gänssle wusste eine Menge zu erzählen, zum Beispiel, wie viele Fliegen, Bremsen und Stechmücken eine Wespe allein an einem Tag vertilgt und wie man sich als Menschen gegenüber Insekten verhalten sollte.

Zum ersten Mal hatten sich auch Sonja Minard und Dieter Dallmann aus Simmersfeld-Beuren zum Handwerkerhof angemeldet. Sie präsentierten am unteren Aufgang zur Burganlage durchweg handgefertigte Einzelstücke aus Steinzeug und Porzellan.

Im Amphitheater konnte man anmutige Tänze der Renaissance erleben

In den vier Stockwerken des Schlosses stießen Besucher auf die Handdruckerei für Kinder von Georg Diehm aus Altensteig, den Kammmacher Wolfgang Schulte aus Spielberg, der schmunzelnd davon berichtete, dass manche Kunden mit den antistatischen Holzkämmen aus heimischer Buche ihre Katzen streicheln. Hannelore Hemingway-Holzmann aus Walddorf hatte einen ihrer neun Spinnräder ins Schloss mitgebracht. Unablässig drehte sich das Rad mit Fasern aus Merino-Schafwolle. Der Blick fiel auf Erzeugnisse ihrer handwerklichen Arbeit: Seidentücher, Strümpfe und Handschuhe

Kein Handwerkerhof in Altensteig ohne alte Musik: Das Duo "Erdrauch" aus Haigerloch (Claudia und Erich Horn) – beide in prächtigen Leinengewändern, behängt mit verschiedenen Instrumentarien wie Schalmei, Flöte, Okarina, Schellen und Darakuba – wandelten bei ihrer musikalischen Pilgerreise durch die europäisch und maurisch-orientalisch gefärbte Welt des Mittelalters über das Schlossgelände.

Im Amphitheater konnte man am Sonntag anmutige Tänze der Renaissance und des Frühbarock mit der Gruppe "Tanzschuh" aus Bad Wimpfen live erleben – und die Zuschauer wurden im Anschluss zum Mitmachen animiert. Im Flankenturm "Himmel" erklärte die mittelalterliche Gruppe "Regnum Salici", wie die Menschen in der Zeit der Salierkaiser geredet, was sie gekocht und gegessen haben und welche Textilien und Kleidungsstücke sie damals trugen.