Mitgebrachte Handfackeln tauchten die Umgebung in ein Lichtermeer. Foto: Köncke

Fackler entzünden meterhohe Holzstöße. Auch in Berneck, Altensteigdorf und Walddorf wird Brauch gepflegt.

Altensteig - Es ist ein alter Brauch, der nichts von seiner Attraktivität verloren hat: Am Heiligen Abend wird in Altensteig, Berneck, Altensteigdorf und Walddorf gefackelt.

Am Vortag hatte es Bindfäden geregnet und die Fackler schauten besorgt in den verhangenen Himmel. Kann der am nächsten Morgen aufgeschichtete, meterhohe Holzstoß am Abend überhaupt lichterloh brennen? Das Wetter besserte sich und so zogen in der Kernstadt wieder Hunderte Menschen auf den Helles- und Schlossberg, um das faszinierende Schauspiel aus nächster Nähe zu erleben. Mit dem ersten Glockenschlag der Evangelischen Stadtkirche war für die "Tälemer" und die "Tannenbergler" der Moment des Handels gekommen. Die ausgelegte Holzwolle wurde mit Benzin übergossen und angesteckt. Die Brandspur bahnte sich in Windeleile den Weg zum Holzstoß, der in kurzer Zeit in Flammen stand. Traditionell stellten sich die Fackler neben- und hintereinander auf und schwenkten der Tradition folgend ihre bis zu fünf Meter langen, aus geschnitztem Holz zusammengebundenen Latten. Spätestens jetzt wurden die von den Zuschauern mitgebrachten Handfackeln aus Wachs angezündet und verwandelten die Umgebung in ein wogendes, weithin sichtbares Lichtermeer. Um rechtzeitig aufbrechen zu können, war der Gottesdienst in der pickepacke vollen evangelischen Stadtkirche auch in diesem Jahr pünktlich beendet.

Keltischer Brauch geht auf das Jahr 1862 zurück

Andere suchten danach in der Oberstadt einen Punkt auf, von dem man das Naturschauspiel auf der gegenüberliegenden Seite gut beobachten konnte. Das Fackeln in Altensteig geht auf die Sonnenverehrung der Kelten zurück. Es wurde erstmals im Jahr 1862 in der Nagolder Oberamtsbeschreibung erwähnt und versinnbildlicht heute die Geburt Christi. Es sind längst nicht mehr nur Einheimische, die am 24. Dezember auf die beiden Berge pilgern, um sich gegenseitig fröhliche Weihnachten zu wünschen. Dort treffen sich auch frühere Schulkameraden und weggezogene Bekannte und Freunde, die das Weihnachtsfest in der alten Heimat verbringen.

In Berneck war am Heiligen Abend der Marktplatz um 17.30 Uhr Treffpunkt. Der heimische Männergesangverein sang besinnliche Lieder und Pfarrerin Dorothee Jung sandte einen geistlichen Impuls aus. Diesmal wurde auch ein Krippenspiel aufgeführt, das einige Erwachsene und Kinder einstudiert hatten. Um 18 Uhr machten sich alle auf den Weg zum Thann, bildeten auf der Anhöhe einen Halbkreis und schauten zu, wie Fackler den Holzstoß in Brand setzten.

Anklang in Altensteigdorf wächst

In Altensteigdorf wird der Zustrom von Schaulustigen, die sich das Ereignis am Heiligen Abend nicht entgehen lassen, immer größer. Das lässt sich allein an den parkenden Autos in der Dorferstraße ablesen. Wer das Abbrennen des sechseinhalb Meter hohen, neben dem Kirchspielweg aufgeschichteten Holzstoßes aus nächster Nähe betrachten wollte, musste durch eine vom Regen aufgeweichte, matschige Wiese stapfen, was für viele aber kein Hindernis war. Der Ablauf ist genau festgelegt: Zuerst wurden Punkt 19 Uhr die langen Originalfackeln an einem Lagerfeuer angezündet. Eine Gruppe der insgesamt 22 Fackelbuben lief links um den Holzstoß herum, die andere rechts. Als sie einander begegneten, war das der Anlass, die brennenden Latten gemeinsam an den Holzstoß zu halten, der kurze Zeit später in hellen Flammen stand und eine starke Hitze auslöste. Vier Männer – mit dabei Stadtmusikdirektor Josef Stritt – trompeteten die frohe Botschaft der Geburt Jesu hinaus. An einer Holzhütte wurde Glühwein ausgeschenkt. Auch in Walddorf haben Jugendliche nach Ende des Gottesdienstes in der Johanneskirche auf einer Wiese unterhalb des Sportplatzes einen Scheiterhaufen aus Tannenholz – der einem indianischen Tipi glich – entzündet.