Julian Kirschner koordiniert die Einsätze der DHHN. Außerdem bringt er die Hilfstransporte an ihre Ziele. Fotos: Köncke Foto: Schwarzwälder-Bote

Die Deutsche Humanitäre Hilfe Nagold mit Sitz in Spielberg feiert ihr zehnjähriges Bestehen im Bürgerhaus Altensteig

Von Manfred Köncke

Altensteig. Seit zehn Jahren kämpft die Deutsche Humanitäre Hilfe Nagold (DHHN) in Osteuropa gegen Not und Armut. Am Samstag, 25. September, feiert die mildtätige Organisation mit Sitz in Spielberg ab 19 Uhr im Altensteiger Bürgerhaus ein kleines Jubiläum.Die Bürgermeister Gerhard Feeß aus Altensteig und Frank Buob aus Egenhausen sowie der evangelische Pfarrer Imanuel Raiser werden kurze Ansprachen halten. Die Black-Forest-Brass-Band sorgt für musikalische Zwischenspiele.

DHHN-Vorsitzender Julian Kirschner wird an diesem Abend ausführlich über aktuelle Projekte der DHHN und den teilweise abenteuerlichen Transport von Spenden nach Rumänien, Weißrussland, Bulgarien und in andere Länder berichten; er lässt die Zuhörer in Gedanken teilhaben an der Freude junger Mütter, wenn sie einen gut erhaltenen Kinderwagen in Empfang nehmen, an der Dankbarkeit älterer Männer über warme Wintermäntel, an dem Glücksgefühl kleiner Mädchen, wenn sie ein Spielzeug umklammern.

"Hilfe, die ankommt" lautet der Leitspruch der Organisation, die im Jahr 2000 in der alten Furnierhalle der Firma Dieterle in Nagold den ersten Lastwagen auf Reisen schickte, später nach Ebhausen in ein Gebäude des ehemaligen Möbelhauses Wurster umzog und vor vier Jahren eine 600 Quadratmeter große Halle im Spielberger Gewerbegebiet "Härte" angemietet hat.

Um die logistische Abwicklung der Einsätze, anfallende Büroarbeiten, Werbemaßnahmen, den Kontakt zu Produzenten von Lebensmitteln und was sonst noch anfällt, kümmert sich hauptverantwortlich Julian Kirschner aus Oberschwandorf – sofern der 36-Jährige nicht am Steuer des 40-Tonners sitzt.

Schon mit 13 Jahren beteiligte er sich, damals wohnte er mit seinen Eltern und Geschwistern noch in Niederbayern, an der Vorbereitung von Hilfstransporten in den Ostblock. Nach dem Abitur arbeitete Kirschner als Zivildiensleistender bei der AVC (Aktion für verfolgte Christen) in Friedberg. Dort wurde dem gläubigen Christen endgültig klar, dass praktische Hilfe notwendiger denn je ist.

Auf Wunsch des Vaters lernte er in Egenhausen zunächst den Beruf des Schreiners und legte die Führerscheinprüfung Klasse II ab. Bei einem Informationsabend in Pfrondorf kam Kirschner in Berührung mit Rainer und Karin Wahr aus Nagold, die sich in ihrer Freizeit für notleidende Menschen in Osteuropa engagieren.

Inzwischen ist die DHHN auf vielfältige Weise aktiv. In der weißrussischen Stadt Minsk wurde ein Zentrum für Drogen- und Alkoholabhängige eingerichtet, in der Ukraine ein Dorf-Krankenhaus in Ilawts "mitten in der Pampa" finanziell unterstützt, unter Mithilfe des Jugend-, Missions- und Sozialwerks (JMS) in Uschgorod an der Grenze zu Ungarn ein Jugendhaus für ältere Waisenkinder eröffnet. Im besonders armen Moldavien wurden, verstreut über das ganze Land, Suppenküchen eröffnet, in Rumänien hat die DHHN mitgeholfen, ein Kinderheim aufzubauen und eine Diakoniestation. Und im bulgarischen Gabrovo gibt es inzwischen eine große Kleiderkammer.

In allen Fällen, darauf legt der 36-Jährige großen Wert, verschwinden die Hilfsgüter nicht in dunklen Kanälen, sondern werden von vertrauenswürdigen Einheimischen vollständig an Bedürftige verteilt.

Wer Kleidung, Bettwäsche, Decken, Handtücher, Matratzen und andere Dinge verschenken will, kann sie direkt im Logistikzentrum Auf der Härte 1 in Spielberg abgeben oder in der Hütte nebenan. Überwiegend sind es Frauen aus Egenhausen, Spielberg, und Haiterbach, die die Sachen ehrenamtlich sortieren und verpacken.

Jährlich gehen zwölf bis 15 Hilfstransporte auf die Reise. Für die Hinfahrt rechnet Kirschner im Schnitt mit drei Tagen und ebenso lange für die Rückfahrt. Kein Wunder, dass der Lastwagen inzwischen 850 000 Kilometer auf dem Buckel hat und langsam altersschwach wird. Weil alle Geldspenden in Projekte fließen und für das bescheidene Gehalt von Julian Kirschner ausschließlich ein Freundeskreis aufkommt, verfügt der eingetragene Verein über keinerlei Rücklagen.

Nicht ausmalen will sich Kirschner, was geschieht, wenn der Lastwagen eines Tages den Geist aufgibt. Vorsorglich hat er deshalb bereits bei einem großen schwäbischen Autobauer angeklopft, sei aber abgeblitzt. "Ich werde es noch einmal versuchen", lässt der 36-Jährige nicht locker.

Über die Aktivitäten der DHHN werden die Spender regelmäßig in Rundbriefen informiert. Außerdem ist die Organisation im Internet unter www.dhhn.de vertreten. Und im Sozialnetzwerk "Facebook" veröffentlicht Kirschner regelmäßig Erfahrungsberichte.

Was in den zurückliegenden zehn Jahren sein schönstes Erlebnis war? "Als ich einem Kind, das im Winter in Rumänien bei Schnee und Eis barfuß auf der Straße herumlief, ein paar Schuhe und Strümpfe schenken konnte." Und die schlimmste Erfahrung? "Als ich am Zoll neun Tage warten musste, bis es endlich weiterging."

Anfang Oktober macht sich Kirschner mit seinem 40-Tonner erneut auf den Weg in Richtung Osten. Wie lange noch? Wenn es nach ihm geht, ein Leben lang.