Finanzen: Gemeinderat Altensteig verabschiedet ersten Etat im Doppik-System / Kredit wohl unumgänglich
Die Stadt Altensteig wird ihren ersten Haushaltsplan nach Doppik-System nicht ausgleichen können. Dies erklärte Stadtkämmerer Udo Hirrle dem Gemeinderat, als er dem Gremium das Zahlenwerk vorlegte.
Altensteig. Die Stadtverwaltung stellte in der jüngsten Sitzung des Altensteiger Gemeinderats für das Jahr 2020 den ersten Finanzplan nach neuem Haushaltsrecht vor. Das Doppik-System soll Kriterien wie Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit mehr Bedeutung beimessen, erklärte Bürgermeister Gerhard Feeß. Dass es ursprünglich für Unternehmen entwickelt worden sei, mache es für Kommunen allerdings nur bedingt brauchbar, denn "Unternehmen investieren nicht in defizitäre Betriebszweige", während Gemeinden nicht umhin kämen, Teile ihrer Aufgaben zu subventionieren. Bezeichnend sei, dass das Land Baden-Württemberg das Doppik-System, das es den Gemeinden aufgezwungen habe, selbst nicht anwende.
Abschreibungen enthalten
Kämmerer Udo Hirrle übernahm es, dem Gemeinderat – in Anlehnung an einen Ausspruch des ehemaligen Nagolder Kreisrats Ulrich Kallfass – den ersten Altensteiger "Weder-Schaukelpferd-noch-Wackeldackel-Haushalt" vorzustellen. Der Ergebnishaushalt – also alles, was den laufenden Betrieb betrifft – weise ein Volumen von knapp 33,5 Millionen Euro auf. Darin enthalten seien auf der Ausgabenseite früher nicht zu berücksichtigende Abschreibungen in Höhe von mehr als 1,6 Millionen Euro. Allerdings sei die Kämmerei mit der Erfassung des städtischen Anlagevermögens noch nicht so weit fortgeschritten, dass sich diese Summe endgültig abschätzen ließe.
Außerdem machten sich gegenüber dem Vorjahr Mehrausgaben für Personalkosten (823 000 Euro), Kreisumlage (746 000 Euro) und Finanzausgleichsumlage (884 000 Euro) bemerkbar, während auf der anderen Seite die Einnahmen aus dem Finanzausgleich (nahezu minus 1,8 Millionen Euro), dem Gemeindeforst (minus 282 000 Euro) und aus den Zuweisungen für laufende Aufgaben (minus 424 000 Euro) rückläufig sind. Die Stadt Altensteig sei im Jahr 2020 nicht in der Lage, dies zu kompensieren, so dass beim Ergebnishaushalt ein Minus von gut zwei Millionen Euro unterm Strich stehe. In den Folgejahren bis 2023 sehe das allerdings freundlicher aus.
Alternative: Verzicht
Investieren will die Stadt dieses Jahr mehr als 11,5 Millionen Euro. Allerdings fehlen dafür derzeit annähernd 3,5 Millionen Euro. Ein Teil dieser Lücke könnte mit einer noch nicht in Anspruch genommenen Darlehensermächtigung aus dem Jahr 2019 in Höhe von 1,9 Millionen Euro geschlossen werden. Dennoch müsste ein weiterer Kredit in Höhe von mehr als eineinhalb Millionen Euro aufgenommen werden. Die Alternative sei, auf Vorhaben zu verzichten.
Die Mitglieder des Gemeinderats hatten sich darauf verständigt, es für dieses Mal bei kurzen Statements und Einschätzungen der Fraktionen zu belassen und erst in der Februarsitzung ins Detail zu gehen.
"Der Gürtel sollte enger geschnallt werden", befand Marcus Lotzin. Zunächst unsicher, ob ihm in Anbetracht des fehlenden Fraktionsstatusses überhaupt Rederecht zugestanden werden würde, kritisierte der AfD-Stadtrat stetig steigende Schulden und in seinen Augen unnötige Ausgaben wie den Kreisverkehr am Postplatz. Etliche Positionen im Haushaltsplan müssten korrigiert werden – so hielt er beispielsweise die prognostizierten Einnahmen aus dem Gemeindeforst und aus der Gewerbesteuer für zu optimistisch kalkuliert. Dieter Renz (Freie Wähler) stoppte ihn schließlich: "Wir wollten uns kurz fassen, da werden wir uns jetzt nicht in Ihrer private Haushaltsplanung verzetteln." Und Albrecht Joos (Freie Bürger) merkte an, dass ein Blick in die Unterlagen die These von den stetig steigenden Schulden nicht stütze.
Ursula Utters (SPD) zeigte sich wenig beeindruckt von den geringeren Einnahmen und höheren Ausgaben in Sachen Finanzausgleich: "Das finde ich nicht so aufregend, das sind wir doch gewöhnt, dass das in Wellen verläuft." Die im neuen System mit einzubeziehenden Abschreibungen würden allerdings würden doch Unwägbarkeiten bergen – "trotzdem denke ich, dass wir das etwa so machen können".
Albrecht Joos befürchtet, dass die Aufwendungen für die Kreisumlage womöglich zu knapp kalkuliert sein könnten. Er mahnte, die Schuldenentwicklung im Auge zu behalten
Dieter Renz sah im vorliegenden Haushaltsplan wenig Sparpotenzial. "Die großen Maßnahmen müssen finanziert werden, und bei den kleinen genug einzusparen, wird mühsam." Ein lebenswertes Umfeld zu gestalten – auch für kommende Generationen – werde immer schwieriger.
Tobias Schmid (CDU) pflichtete Ursula Utters bei: "Das geht alles in die richtige Richtung." Man werde wohl nicht umhin kommen, einen Kredit aufzunehmen und "dann auf Sicht zu arbeiten". Dabei sei man auch auf die Quartalsberichte angewiesen, die die Kämmerei dem Gremium alle drei Monate vorlegt.
Detailliert wollen sich die Gemeinderatsmitglieder nun am 18. Februar mit dem Haushaltsplan auseinandersetzen. Bis dahin sollte man so viele Verständnisfragen wie möglich geklärt haben, schlug Albrecht Joos seinen Ratskollegen vor.
"Mehrheit entscheidet"
Joos war es auch, der am Ende der Sitzung unter Punkt Verschiedenes noch einmal auf die Beratung zurückblickte. Er selbst habe den Kreisverkehr am Postplatz einst auch skeptisch gesehen, sagte er an Marcus Lotzin gewandt: "Aber er wurde beschlossen und inzwischen auch gebaut – da bringt es nichts, dauernd darauf zurückzukommen." Bürgermeister Gerhard Feeß stimmte zu: "So ist das in einer Demokratie, die Mehrheit entscheidet, und das muss man dann akzeptieren." Der AfD-Stadtrat wollte noch etwas erwidern, aber just als er sich zu Wort meldete, schloss Feeß die öffentliche Sitzung. Marcus Lotzins Protest änderte daran nichts mehr.