Peter Schleicher bediente sich genüsslich an der reichen Farbpalette der Altensteiger Rohlf-Orgel. Foto: Kosowska-Németh Foto: Schwarzwälder-Bote

Kirchenmusik: Stuttgarter Organist begeistert Altensteiger Publikum mit seinen Improvisationskünsten

Von Maria Kosowska-Németh

 

Die 101. Stunde der Kirchenmusik stand im Zeichen der Orgelmusik. Auf dem Programm standen neben einem Barockwerk zwei spätromantische Kompositionen. In den Fokus rückten jedoch die Improvisationen des jungen Solisten Peter Schleicher.

Altensteig. Eine Woche vor dem Altensteiger Konzert erhielt der begabte Instrumentalist, mehrmalige Wettbewerbs-Preisträger und langjährige Stipendiat des katholischen Begabtenförderungs-werks Cusanuswerk seinen zweiten Master-Titel für die improvisierte Musik zu einem Stummfilm von der Musikhochschule Stuttgart verliehen. Seinem Auftritt in der Altensteiger Kirche gingen zahlreiche Konzerte im In- und Ausland voran, auch als Continuo-Spieler und Korrepetitor ist der Konzertorganist sehr gefragt. Hauptberuflich arbeitet Schleicher in einer Stuttgarter katholischen Gemeinde als Kirchenmusiker.

Sein inniges Verhältnis zur Orgel verriet der Solist bereits im mit Spannung geladenen Präludium und Fuge D-Dur BWV 532 von Johann Sebastian Bach. Besonders in der Fuge bediente er sich genüsslich der reichen Farbpalette und des dynamischen Potenzials der Rohlf-Orgel, um das stramme, deutlich artikulierte und geradezu obsessiv wirkende Thema durch mehrere Register zu führen.

Während "Melodia" von Max Reger im farblich vernebelten, leisen Klima eines Wiegenliedes erschien, quoll die Toccata C-Dur des österreichischen Postromantikers Franz Schmidt von dynamischen Schattierungen und kühner Harmonie über.

Einen Vorgeschmack auf Schleichers improvisatorische Fähigkeiten bekamen die Konzertbesucher im tänzerischen Vorspiel zur Melodie eines Gemeindeliedes. Dann präludierte der Organist zu vom Publikum vorgegebenen musikalischen Themen.

Weil sich die meisten Zuhörer geistliche Oster-Musik wünschten, fügte Schleicher Passagen aus den Kirchenliedern "Jesus bleibet meine Freude", "Christ ist erstanden" und "Großer Gott, wir loben dich" in seine ad hoc (er notierte sich lediglich kurz die Motive) entstandenen Konzepte ein. In den stilistisch abwechslungsreichen und oft vom Jazz geprägten Gebilden dominierten die mit kühnen Dissonanzen versetzte Harmonie und üppige, einfühlsame Instrumentierung.

Für die nachfolgende Improvisation wählten die Zuhörer zwei "Hallelujah"-Themen und "Yesterday" – und dann staunten und schmunzelten sie in Anbetracht des musikalischen Cocktails, den Schleicher aus Motiven von Georg Friedrich Händel, Leonard Cohen und Paul Mc Cartney zusammenmixte.

Der Orgelvirtuose jonglierte mit den musikalischen Reminiszenzen spielerisch leicht, flirtete mit Rhythmik, neckte die melodische Linie, verwischte die zeitlichen Grenzen und vereinigte die Melodienbrüche jenseits der Epochen in erlesenen Klangeffekten. Ein Ohrenschmaus und eine "Hammer"-Darbietung, wie ein Zuhörer wohlwollend kommentierte. Für seine großartige Leistung erhielt Peter Schleicher verdienten Beifall und stehende Ovationen.