Als "wirtschaftlichen Totalschaden" beschrieb Andreas Bayer, Bereichleiter Hochbau beim Altensteiger Bauamt, die Alte Apotheke. Nach zwei Wasserschäden müsse das historische Gebäude bis auf den Rohbau zurückgebaut werden, bevor man mit der Sanierung beginnen kann. Foto: Fritsch

Gemeinderat schluckt die bittere Pille: Projekt Altes Rathaus und Alte Apotheke kosten knapp 1,4 Millionen Euro mehr.

Altensteig - Die Sanierung des Alten Rathauses und der Alten Apotheke wird knapp 1,4 Millionen Euro mehr kosten als zunächst erwartet. Trotzdem erteilte der Altensteiger Gemeinderat beiden Projekten seinen Segen – einstimmig, wenn auch widerwillig. "Das ist eine ganz bittere Pille, die wir das schlucken müssen", klagte Stadträtin Marlene Kost (NBFM) angesichts des bevorstehenden Aderlasses. Und Hans Doll (CDU) konstatierte: "Wir machen das nicht, weil wir im Geld schwimmen, sondern weil wir mit dem Rücken an der Wand stehen."

Sowohl das Alte Rathaus als auch die Alte Apotheke sind dringend sanierungsbedürftig. Nachdem sich die Pläne, in der Altstadt ein Dorfhotel zu etablieren zerschlagen haben, sah sich der Gemeinderat selbst gefordert und beauftragte die Büros Dorner und Partner (Rathaus) und Kirn (Apotheke) mit den Planungen. Dabei stellte sich heraus, dass die Kosten deutlich höher ausfallen werden als auf Grund erster Erhebungen aus dem Jahr 2009 angenommen. Erst bei der Begutachtung durch die Fachleute von Dorner und Partner zeigte sich, dass die Fassade des Alten Rathauses deutlich maroder ist als ohnehin schon befürchtet.

Des Weiteren wurden seit 2009 die Brandschutzauflagen deutlich verschärft (in der Alten Apotheke wirken sich die Feuerschutzmaßnahmen sogar auf die Statik aus), und auch die Honorarsätze der Planer und der Baupreisindex haben seither angezogen. Unterm Strich summieren sich die Kosten auf 2,64 Millionen am Alten Rathaus (nach Abzug der Fördermittel bleiben 905.000 Euro an der Stadt hängen) und auf 1,6 Millionen Euro an der Alten Apotheke (Anteil der Stadt: etwas mehr als 780.000 Euro).

Während im Alten Rathaus die Volkshochschule untergebracht werden soll, sollen in der Alten Apotheke vier Wohnungen eingebaut werden, die die Stadt dann vermieten soll. Stadtrat Hartmut Hobler (SPD) monierte, dass eine der beiden Zwei-Zimmer-Wohnungen fast völlig nach Norden ausgerichtet sein wird. Architekt Stephan Kirn führte aus, dass dies das kleinere Übel sei – wolle man beide Wohnungen Richtung Süden orientieren, würde zuviel Wohnfläche verloren gehen. Allerdings könne er sich vorstellen, in diesem Geschoss eine zusammenhängende WG-Wohnung einzurichten.

Hans Doll: "Das tut richtig weh"

Auf Nachfrage von Stadträtin Ursula Utters (SPD) erklärte Kulturamtsleiter Christoph Oldenkotte, dass man von den Plänen, im Alten Rathaus ein Kino einzurichten, wieder Abstand genommen habe: Analoge Filme würden nach und nach aussterben, und die Installation digitaler Projektoren auf Kinoniveau sei zu teuer. Ebenso wenig sei daran gedacht, ein Café im Alten Rathaus unterzubringen, beantwortete Bürgermeister Gerhard Feeß eine Frage von Irmgard Kaiser-Kielwein (CDU). Auch eine Nutzung durch die AWO sei problematisch, da Senioren Schwierigkeiten mit der steilen Topografie der Altstadt hätten.

Die Einsicht, dass man um eine Sanierung beider Objekte nicht herumkommt, wog quer durch alle Fraktionen schwerer als der Unmut über die Mehrkosten. "Das tut richtig weh", sagte Hans Doll, bevor er – wie der Rest des Gremiums – zustimmte.

Stephan Henßler (FBV) befürchtete, dass die Sanierungskosten für die beiden städtischen Gebäudeabschreckend auf renovierungswillige Privatleute wirken könnten: "Denen muss man klar machen, dass wir als Stadt uns an ganz andere Vorgaben halten müssen als private Bauherren", betonte er. Und René Courbain (NBFM) stellte fest, dass die Wohnkultur in der Altensteiger Altstadt deutlich zugenommen habe, seit die ersten Sanierungsprojekte angestoßen wurden.