Das Corona-Impfzentrum findet sich im Congress-Hotel in Altensteig-Wart.Foto: Fritsch Foto: Schwarzwälder Bote

Corona: Letzte Vorbereitungen im Dekra-Hotel in Altensteig-Wart / Ärger über landesweite Verzögerung / Lokalität ist "Glücksfall"

Am 22. Januar soll das Kreisimpfzentrum in Wart nun an den Start gehen. Eine Woche später als ursprünglich geplant. Landrat Helmut Riegger ist darüber alles andere als erfreut. Das ehemalige Dekra-Hotel wäre schließlich schon in wenigen Tagen startklar, wie bei einer Besichtigung vor Ort deutlich wird.

Kreis Calw/Altensteig-Wart. Eine ruhige Straße in Altensteig-Wart, kaum ein Auto ist unterwegs. In knapp zwei Wochen wird sich das ändern. Dann wird die Wildbader Straße zur Hauptverkehrsader in Richtung Corona-Impfung. Wenn das Kreisimpfzentrum im Dekra-Hotel an den Start geht.

Gerne hätte Landrat Helmut Riegger an diesem Nachmittag wohl bessere Nachrichten gehabt, als er gemeinsam mit weiteren Vertretern des Landratsamts die Presse durch das ehemalige Dekra-Hotel führt. Einen zügigen Impfstart, genügend Impfdosen zum Beispiel. Doch beides bleibt zunächst ein frommer Wunsch.

Nur wenige Stunden vor der Pressekonferenz verkündet das Sozialministerium, dass der geplante Impfstart in den Kreisimpfzentren um eine Woche verschoben werden – vom 15. auf 22. Januar. Riegger ist darüber "bitter enttäuscht". Ein Impfstoff, der hierzulande entwickelt werde und den man nicht nach Baden-Württemberg bekommt? Darüber kann der Landrat nur den Kopf schütteln. "Ich bin auf die Antwort vom Sozialminister gespannt", sagt Riegger.

Das Kreisimpfzentrum jedenfalls wäre in wenigen Tagen fertig, betont Andreas Knörle, Dezernent für Infrastruktur im Landratsamt (LRA) Calw. Wenn am Montag, 11. Januar, die notwendige Soft- und Hardware vom Land geliefert würde, wäre der Landkreis Calw startklar. Wenn es denn Impfstoff gäbe. Doch selbst ab 22. Januar wird dieser nur in geringer Menge zu Verfügung stehen. Der Kreis Calw bekommt knapp 1000 Impfdosen pro Woche, davon müsse die Hälfte zurückbehalten werden für die notwendige zweite Impfung, die jeder erhalten muss, rechnet Sozialdezernent Norbert Weiser, laut Riegger inzwischen ein "Impfexperte", vor. Von den verbleibenden 500 Dosen wiederum gehen 300 an die mobilen Teams, die in den Pflegeheimen unterwegs sind. Bleiben also knapp 200 pro Woche für das Kreisimpfzentrum. Ausgelegt ist dieses eigentlich für bis zu 750 Impfungen am Tag.

"Wir hoffen dringend auf neue Impfstoffe", sagt Weiser deshalb. Nur dann könne man wirklich breitflächig impfen. Vonseiten des Kreises wären dafür alle Voraussetzungen erfüllt. Genug Personal steht zur Verfügung – unter anderem dank einer Kooperation mit dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) im Kreis Calw. Viele der Angestellten in deren Mitgliedsbetrieben sind aufgrund der Schließung der Gastronomiebetriebe ohne Arbeit, während im Kreisimpfzentrum helfende Hände gebraucht werden. "Eine Win-Win-Situation", so Weiser. Das Gastronomiepersonal, das sich freiwillig gemeldet hat (bislang rund zehn an der Zahl) wird zum Beispiel die Begrüßung der zu Impfenden im Hotel übernehmen. Mit dieser Kooperation, argumentiert Riegger, könne man verhindern, dass die Mitarbeiter den Gastronomiebetrieben in Scharen davonlaufen und sich anderswo bewerben. Und man stellt sicher, dass die Menschen, die zum Impfen kommen, freundlich begrüßt sowie instruiert werden. Des Weiteren werden zehn Helfer der Bundeswehr vor Ort sein, Medizinische Fachangestellte, Ärzte, das Deutsche Rote Kreuz, Reinigungskräfte und Security. Rund 25 Leute pro Acht-Stunden-Schicht (das Reinigungspersonal nicht mitgerechnet). Auf lange Sicht sei das Ziel, im Zwei-Schicht-Betrieb von 7 bis 21 Uhr zu impfen, sagt Knörle.

Der Ablauf sieht dabei folgendermaßen aus: Parken können die zu Impfenden in der Tiefgarage des Hotels, von wo aus es mit dem Aufzug in den Eingangsbereich geht. Dort stehen bereits erwähnte Mitarbeiter an der Rezeption bereit, um die Registrierung vorzunehmen. Zudem soll im Eingangsbereich ein Informationsfilm des Bundes gezeigt werden. Wünschen die Besucher weitere Informationen, können sie sich von einem der anwesenden Ärzte beraten lassen, führt Weiser aus. Ist das nicht der Fall, geht es direkt weiter in eine der sechs Impfkabinen, die jeweils mit einer Liege ausgestattet sind. Anschließend ruhen sich die Geimpften rund 20 Minuten lang im dafür vorgesehenen Ruheraum aus. Für den Notfall stehen dort ebenfalls drei Kabinen bereit, falls eine Behandlung notwendig werden sollte. Von dort aus können die Leute wieder den Heimweg antreten – innerhalb des Kreisimpfzentrums ohne fußläufigen "Begegnungsverkehr", erklärt Knörle. Das Ganze sei wie ein Kreislauf aufgebaut, um etwaigen Risiken im wörtlichsten Sinne aus dem Weg zu gehen. "Es ist kein hochkomplexer Ablauf", sagt Knörle. Eher vergleichbar mit einer Blutspende. Was aber für Logistik dahintersteckt, sei immens.

Noch sind Messebauunternehmen am Werkeln, um die Kabinen vollständig herzurichten und die sonstige Infrastruktur vollends aufzubauen. Im Gegensatz zu anderen Landkreisen, die beispielsweise Sport- oder Messehallen in ein Impfzentrum verwandeln müssen, habe es der Kreis Calw mit dem Hotel gut erwischt, betont Riegger. Die Räumlichkeiten sind nahezu barrierefrei (bis auf drei Stufen auf dem Weg zu den Kabinen), das Parken sei problemlos möglich, es gebe ausreichend Sanitäranlagen und die Hotelküche kann zum Kühlen sowie zum Herrichten des Impfstoffes genutzt werden. Vor allem aber schätzt der Landrat die Atmosphäre in dem ehemaligen Hotel – Gemütlichkeit statt einer zugigen Halle. "Ein Glücksfall", schwärmt Riegger.

Selbiges gelte auch für die Zusammenarbeit mit der Dekra, die nicht nur die Räumlichkeiten günstig zur Verfügung stellt, sondern deren Leute auch die regelmäßige Reinigung übernehmen. Gemeinsam habe man "mit hoher Dynamik" das Kreisimpfzentrum aus dem Boden gestampft, lobt Friedemann Bausch, Geschäftsführer der Dekra Automobil GmbH. Niemand von ihnen habe so etwas bisher gekannt. Und doch habe die Dekra ihre Expertise und ihr Netzwerk mit einbringen können.

Etwaige Kritik, Wart sei für viele Kreisbürger nur schlecht erreichbar, weist Landrat Riegger zurück. Sicher, er hätte sich in diesem Flächenlandkreis auch zwei Impfzentren gewünscht, bekennt er. Doch das sei nicht genehmigt worden. In der Konsequenz sei die Entscheidung schnell auf Wart gefallen – weil das geografisch ziemlich mittig liegt, es für die bevölkerungsstarken Städte gut erreichbar ist und die Lokalität gut gepasst hat, zählt er auf. Riegger sieht es demzufolge als durchaus zumutbar an, dass die Leute, so sie einen Termin vereinbart haben, den Weg ins Kreisimpfzentrum finden. Immerhin sei das nach Ansicht von Norbert Weiser das "Sahnehäubchen der Kreisimpfzentren".

Eine Terminvergabe für eine Impfung in Wart ist ab 19. Januar möglich unter der Telefonnummer 11 61 17 oder im Internet unter www.impfterminservice.de. In Wart direkt gibt es keine Terminvergabe oder Anmeldung. Dort dürfen nur Menschen erscheinen, die einen Termin haben. Im ersten Schritt sind ausschließlich Über-80-Jährige, Pflegekräfte und medizinisches Personal mit einem erhöhten Ansteckungsrisiko dazu befugt, sich impfen zu lassen. Über eine Berechtigung informiert wird niemand – man ist selbst dafür verantwortlich, einen Termin zu vereinbaren und die Notwendigkeit nachzuweisen. Direkt vor Ort wird dann der Termin für die zweite Impfdosis vereinbart, beim Impfstoff von Biontech/Pfizer 21 Tage nach der ersten Dosis.