Stadtarchivar Fritz Kalmbach hat geforscht: Nach neuesten Erkenntnissen schon im Jahr 804 gegründet.
Altensteig-Überberg - Überberg, genauer gesagt der Teil davon, der einst Sachsenweiler hieß, wurde nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen im Jahr 804 gegründet. Damit ist Überberg das älteste Waldhufendorf Deutschlands. Herausgefunden hat das Altensteigs Stadtarchivar Fritz Kalmbach. Ausgelöst wurde die Untersuchung durch den Ortschaftsrat. Der hatte beschlossen, an allen vier Ortseingängen – in Lengenloch, Zumweiler, beim Landgasthof Hirsch und von Ettmannsweiler her und damit zwei an der Landesstraße 351 und weitere zwei an der Kreisstraße 4334 – aufzustellen. "Das war ein langgehegter Wunsch des Ortschaftsrates", erklärte Ortsvorsteher Werner Gogolin beim Termin vor Ort. Um ihn sich erfüllen zu können, hat das Gremium seine Verfügungsmittel über Jahre angespart. 12 000 Euro haben die hölzernen, mit Schnitzereien verzierten und mit einem Dach versehenen Tafeln gekostet. Beim Aufstellen haben die Mitarbeiter des Städtischen Betriebshofs geholfen. Zwischen der Aufschrift "Waldhufendorf Überberg" und einem Blumengruß können die örtlichen Vereine und Organisationen wie der Sportverein, die Feuerwehrabteilung und die Evangelische Kirchengemeinde, künftig Tafeln einhängen und darauf ihre Veranstaltungen ankündigen.
Die Hinweistafeln sollte auch eine historische Dokumentation über Überberg schmücken. Doch nach umfangreichen Recherchen durch Fritz Kalmbach und seiner neuesten Erkenntnis ist diese so ausführlich und aufschlussreich geraten, dass sie keinen Platz darauf hat. Stattdessen gibt es sie auf Flyern, die in der Ortschaftsverwaltung zu haben sind, und auf einem Plakat im Bekanntmachungskasten oberhalb des Rathauses.
Ortsvorsteher Gogolin sei auf ihn zugekommen, erinnert sich der Stadtarchivar, der mehrere Fakten zusammen getragen hat und nach Auswertung aller historischen Daten zu dem Schluss gekommen ist, dass Überberg das älteste, datierbare Waldhufendorf in ganz Deutschland ist. Bislang schmückte sich das im Jahr 877 gegründete Dorf Zotzenbach im Odenwald mit diesem Titel.
Sachsenweiler bildete einst mit Mittelweiler und dem Oberen Weiler den Ortsteil Zumweiler, das wiederum gemeinsam mit Lengenloch und Heselbronn im Jahr 1829 durch Erlass der königlichen Regierung in Stuttgart zu Überberg zusammengefasst wurde. Seit 1974 ist Überberg ein Stadtteil von Altensteig. Während Heselbronn die Siedlungs- und Flurform eines sogenannten Haufendorfs zeigt, sind Zumweiler und Lengenloch Waldhufendörfer und damit mittelalterliche Reihensiedlungen auf gerodetem Waldboden.
Waldhufendörfer wurden allesamt nach gleichbleibendem Grundplan zwischen 800 und etwa 1300 in nahezu allen bewaldeten deutschen Mittelgebirgen sowie in norddeutschen Marschen und Mooren aber auch im Gebiet der deutschen Ostkolonisation östlich der Elbe und bis nach Schlesien, Mähren, Böhmen und Galizien angelegt.
Doch Zumweilers Sachsenweiler ist nicht nur ein Waldhufendorf wie viele andere auch. Es gibt sich mit seinem Namen auch als "Sachsen"-Ort zu erkennen. Daraus schließt Fritz Kalmbach, dass es eines der Dörfer ist, in denen die Sachsen aus dem Gebiet östlich der Elbe und südlich von Hamburg angesiedelt wurden, die sich nach Beendigung der Sachsenkriege (772 bis 804) gegen Karl den Großen bei einem letzten Aufstand erhoben haben. Der Kaiser ließ den Aufstand niederschlagen und die Sachsen deportieren. So wurden sie im ganzen Reich verstreut. In den neuen "Sachsen"-Orten bekamen sie sogenannte Hufen zugewiesen, die sie unter Aufsicht der Gaugrafen erst einmal roden mussten, um das Leben ihrer Familien zu sichern.
Vielleicht machen sich irgendwann auch andere Waldhufendörfer mit Sachsen-Namen auf die Suche nach ihrem Gründungsdatum. Sie könnten jedoch höchstens herausfinden, dass sie genau so alt sind wie Sachsenweiler in Zumweiler in Überberg, weiß der Stadtarchivar. Bis dahin gilt: "Sachsenweiler ist das derzeit älteste Waldhufendorf Deutschlands und wurde 804 gegründet."