Seit mehr als 25 Jahre leitet Michael Nonnenmann die Christophorus-Kantorei Altensteig. Foto: Kunert Foto: Schwarzwälder Bote

Kantorei: Nonnenmann leitet sie 25 Jahre

Die Christopherus-Kantorei ist ein "Markenzeichen" von Altensteig. Ein Aushängeschild. International gerühmt, vielfach preisgekrönt. Aber der Mann am Dirigentenpult – Michael Nonnenmann – mag so gar nicht im Rampenlicht stehen. "Deshalb drehe ich dem Publikum stets den Rücken zu."

Altensteig. Eigentlich sei er eher ein zurückhaltender Mensch, sagt Michael Nonnenmann. Dazu passt dass Nonnenmanns Dienstjubiläum, 25 Jahre als Leiter der Christopherus-Kantorei, 2018 mehr oder weniger unbemerkt vorüber ging.

Es ist ein sonniger Tag. Michael Nonnenmann kommt mit dem Fahrrad, radelt zügig quer über den Pausenhof des Christopherus-Gymnasiums. Drei Minuten Weg von daheim, keine Steigungen.

Die Hände haben nichts von ihrer Elastizität verloren

Knapp 60 Jahre ist er mittlerweile alt. Aber dieses Alter sieht man nur seinen Händen an. Die aber auch nichts von ihrer Elastizität verloren haben, wenn Nonnenmann sie nun flink über die Tasten des großen Flügels im Probensaal seines Chores fliegen lässt.

Nonnenmanns Arbeitsplatz seit 1993. Damals übernahm er als 33-Jähriger vom 66-jährigen Gründer der Christopherus-Kantorei, Jürg Wieber, die Chorleitung. 1990 war Nonnenmann, gebürtig aus dem Remstal, nach Altensteig gekommen. Erst einmal "nur" als Lehrer für Musik und Religion. Verantwortete aber parallel bereits die Probenarbeit für die Vorchöre. "Was gut war", wie sich Nonnenmann erinnert. So konnte er "unten anfangen" und langsam in die Verantwortung hineinwachsen. Woran er nie einen Zweifel hatte: "Das hier ist schon meine Traumstelle", die Möglichkeit zur Verwirklichung aller seiner Ziele.

Genau deshalb hatte er sich nach dem Studium nach Altensteig beworben. Eine Schule mit musikalischer Prägung. Dabei sei er selbst musikalisch eher ein "Spätzünder" gewesen: "Ich wollte immer Fußball spielen", erzählt Nonnenmann. Die Mutter sei es gewesen, die penibel darauf achtete, dass er seine Klavierstunden auch artig "absitzen" würde. Als er aber dann das Klavier irgendwann beherrschte, es gut genug kannte - "wurde die Musik zu meiner Leidenschaft.

Parallel lernte er Trompete - "da kam das Gruppenerlebnis dazu". Und dann, da war er 18 Jahre alt, entdeckte er das Singen – daheim in der Esslinger Jugendkantorei. "Ich war ja schon musikalisiert." Mit dem Singen kam das Erarbeiten auch schwierigerer Musikstücke dazu. Dann hörte er eines Tages das "Requiem" von Johannes Brahms. Ein Schlüsselerlebnis. "Das war unfassbar. Das wolle ich auch machen". Unbedingt. Der junge Nonnenmann stand nun "lichterloh in Flammen".

Noch ein Schlüsselerlebnis: Michael Nonnenmanns Vater – eigentlich Geschäftsführer, erst einer Schraubenfabrik, dann einer diakonischen Einrichtung – leitete in seiner Freizeit einen Posaunenchor. Als einer der jungen Instrumentalisten das Ensemble verlassen wollte, sprach Vater Nonnenmann mit seinem Schützling. Eindringlich, aber nicht aufdringlich. "Er hat um diesen Jugendlichen gerungen" und ihn schließlich tatsächlich überzeugen können, nicht zu gehen.

Die Erinnerung an dieses Erlebnis ist Michael Nonnenmann noch heute gegenwärtig. Und erklärt vielleicht seine zweite große Leidenschaft neben der Chormusik: seine ungebrochene Begeisterung für Pädagogik, die (musikalische/schulische) Arbeit speziell mit Kindern und Jugendlichen.

Denn eigentlich ist das, was Michael Nonnenmann heute (zusammen mit den Stimmbildnern) für die Christopherus-Kantorei leistet, eine echte Sisyphos-Arbeit: die Christopherus-Kantorei ist ein reiner Schulchor – das heißt, sie verliert mit jedem Abschlussjahrgang die am besten ausgebildeten Sänger. Und muss daher ständig wieder diese Aufbauarbeit neu leisten.

Unter diesen Voraussetzungen kontinuierlich Spitzenleistungen mit seinen jugendlichen Stimmen abrufen zu können – wie es mit dem Altensteiger Chor immer wieder gelingt –, braucht wahrscheinlich unendlich viel Herzblut.

Der Motor von Nonnenmann – die Quelle seiner schier unerschöpflich wirkenden Energie? Es sind die Ziele, die sich der Künstler Nonnenmann mit seinen Schützlingen setzt. Das Requiem von Brahms. Die Johannes-Passion von Bach – als szenische Aufführung inklusive Tanz. Das Musical "Westside-Story". Nonnenmann: "Es war immer mein Bestreben, Chormusik ›cool‹ zu machen". Seine Leidenschaft lebendig zu halten.

Vor zehn Jahren – zu seinem 50. Geburtstag – habe er sich mal die Sinnfrage gestellt, lässt Nonnenmann einen tiefen Blick in seine Seele zu. Die Überlegung, "etwas Neues" anzufangen. Er wollte nicht in die Gefahr geraten, mit weniger als maximaler Tatkraft bei der Sache zu sein. "Routine darf es niemals werden", so sein Credo. Nonnenmann zitiert den Satz: "Es gibt keine schlechten Chöre – nur schlechte Chorleiter". Er entschied sich dann aber doch fürs Bleiben. Setzte aber neue, hohe Ziele für sich und die Christopherus-Kantorei – bei deren Leitung ihm ab 2005 (für die folgenden zwölf Jahre) Wolfgang Weible zur Seite stand.

Weible, den es 2017 privat und beruflich nach Israel zog, war bei der Christopherus-Kantorei für den "Mittelbau" zuständig, die Arbeit mit den Sängern der Klassen sechs bis neun. Nach seinem Weggang blieb seine Stelle unbesetzt – bis heute. "Ein großes Problem", sagt Nonnenmann. Denn ohne den zweiten Chorleiter ist das erreichte, permanente Leistungs-Niveau des Altensteiger Ausnahme-Chors eigentlich nicht zu halten. Und genau hier gibt es die "handfeste Forderung" von Nonnenmann an die (politischen) Entscheidungsträger, die immer noch vakante Stelle Weibles endlich neu zu besetzten. Denn: Spätestens in fünf Jahren steht ja auch Nonnenmanns Pensionierung unweigerlich an.

"Ich muss langsam an die Landung denken", sagt Nonnenmann – auch bereits mit ein bisschen Wehmut in der Stimme. "Auch wenn der Co-Pilot im Moment noch fehlt". Bis dahin aber "werden mir die Ideen für die herausfordernde Arbeit mit dem Chor nicht ausgehen", ist sich Nonnenmann sicher. Vielleicht klappt es noch mit dem ganz großen Traum, "einer Chor-Reise nach Israel" – in das Land, wo die Texte als der liturgischen Chor-Stücke ja spielen. 2016 "hätte es fast geklappt" mit dem Trip ins Heilige Land. Aber dann verhinderten dortige Unruhen die Reise in letzter Minute. Auch für den neugestalteten Altensteiger Schlossgarten hat Nonnenmann "bereits Ideen, was man an dieser neuen Spielstätte machen" könnte.