Paul Schwarz und Bernd Konrad Foto: Kosowska-Németh Foto: Schwarzwälder Bote

Jazzkonzert: Bernd Konrad und Paul Schwarz im Bürgersaal

Altensteig. Das jüngste Jazzkonzert beeindruckte das Publikum auf eine besondere Weise. Auch viele Erinnerungen wurden wach. Mit ein wenig Melancholie betrachteten Zuhörer das Konzertplakat aus dem Jahr 1979 (die Leihgabe von Klavierpädagoge und Jazz-Kenner Peter Dorossieff). Da kamen die Anfänge der mittlerweile fest verwurzelten Konzert-Tradition ins Gedächtnis. Vor 40 Jahren hielt der damals 30-jährige Saxofonist Bernd Konrad einen Workshop in Altensteig. Seine künstlerischen Impulse gaben dem noch in Privaträumen stark pulsierenden Jazz-Leben den entscheidenden Anstoß. Bald darauf wurde der neue Konzertzyklus aus der Taufe gehoben.

An diese Tage in Altensteig erinnerte sich Konrad freilich nicht mehr, in seinem intensiven Leben bereiste er doch als ein virtuoser, international bekannter und anerkannter Saxofon-Avantgardist die ganze Welt, komponierte, war Bandleader, Gründer des Jugendjazzorchester, schließlich der erste hauptamtliche Professor Deutschlands für Jazz. Für seine Verdienste erhielt Konrad den Landesjazzpreis Baden-Württemberg und einen Sonderpreis für sein Lebenswerk.

Nun stand er zusammen mit dem Ausnahme-Pianisten und langjährigen Musikfreund Paul Schwarz auf dem Bürgersaal-Podium. Ihre Musik – ein faszinierendes Gemisch aus satter, leidenschaftlicher Intensität der modulierten Klänge, melodischer Inspiration und virtuoser Mühelosigkeit – ließ die Zuhörer den Atem anhalten. Obwohl die Verschmelzung von Jazz und der Neuen Musik als stilistisches Credo im Vordergrund der Improvisationen stand, erwuchs aus dem Mosaik der Motive von Chic Corea, Hans Koller oder John Lennon nicht eine vom reinen Intellekt diktierte, ausgeklügelte Musik, sondern authentische und glaubwürdige Inspirationswelt, deren Quellen im Innersten der beiden Freunde, in ihrem emotionalen Mikrokosmos, sprudelten.

Und das kongeniale Paar delektierte sich an jedem Ton, improvisierte und experimentierte mit Klangverwandlungen und dynamischen Extremen (piano von Konrad – ein Traum), so dass die Spannung wie nebenbei, schier wider Willen, anstieg und abflaute. Aufwallungen und gewisse Aggressivität, aber auch lyrische Ruhe durchdrangen jede Faser der musikalischen Materie und jeden Moment des schöpferischen Aktes.

In die pochenden Jazz-Rhythmen warfen die Virtuosen moderne akustische Illusionen (Perkussions-Effekte und doppelte Saxofon-Töne sowie Zupfen der Klaviersaiten) ein, erweiterten das Farben- und Klangspektrum um impressionistisch anmutende Tupfer und weckten Neugier und Publikumsbewunderung für die musikalische Flexibilität sowie für symbiotische Durchführung des künstlerischen Konzepts. Alles war echt, kühn, erfrischend und unverfälscht in dieser neuartigen Architektur der Jazzmusik. Für das soeben Erlebte bedankte sich das Altensteiger Publikum mit mehrmaligem Zwischenapplaus und einer fulminanten Schlussovation.

Die letzte von insgesamt drei Zugaben widmeten die weißhaarigen Jazz-Koryphäen ihrem damaligen Studienkollegen Dorossieff, da er das Wiedersehen im Bürgerhaus initiierte und zusammen mit Christa Haizmann-Broschk vom städtischen Kulturamt zustande brachte.