Die evangelische Kirchengemeinde Altensteig hat in den vergangenen 30 Jahren mehr als ein Drittel ihrer Mitglieder verloren. Dennoch kamen viele zur Gemeindeversammlung, in der die Zukunft des Gemeindehauses erörtert wurde. Foto: Köncke

Das evangelische Gemeindehaus wird verkauft. Ausschlaggebend sind Investitions- und Unterhaltskosten von mehr als einer Million Euro.

Altensteig - Das evangelische Gemeindehaus in der Rosenstraße 28 wird verkauft. Zwar fällt die Entscheidung erst in der öffentlichen Gemeinderatssitzung am 17. Oktober, nach übereinstimmenden Äußerungen von Entscheidungsträgern in der jüngsten Versammlung besteht daran aber kein Zweifel.

Ausschlaggebend sind Investitions- und Unterhaltskosten von mehr als einer Million Euro. Stefan Kirchner von der kirchlichen Beratungsstelle Calw wartete mit konkreten Zahlen auf: Allein für energetische Maßnahmen müssten 850.000 Euro in die Hand genommen werden, die dringende Sanierung des Saalstocks koste rund 200.000 Euro, für den Brandschutz fielen 70.000 Euro an und für die Verschönerung der Außenanlage 25.000 Euro. Unterm Strich sind das 1,145 Millionen Euro. Hinzu kämen jährliche Betriebskosten von 73.440 Euro und eine vom Oberkirchenrat für den gleichen Zeitraum geforderte Baurücklage von 13.267 Euro. Schon die laufenden Kosten "können wir aus eigener Kraft nicht aufbringen", bedauerte Pfarrer Klaus-Peter Lüdke in der Gemeindeversammlung.

Aus der Statistik geht hervor, dass die Zahl der Gemeindemitglieder in Altensteig in den vergangenen 30 Jahren von 3523 auf 2199 gesunken ist – und damit auch die Einnahmen aus der Kirchensteuerzuweisung. Der Haushalt ist für den Kirchenbezirksausschuss nach den Worten von Kirchner "nicht mehr genehmigungsfähig". Die Gemeinde müsste sich Gedanken machen, wie sie den Etat "mittelfristig auszugleichen gedenkt".

Haushalt "nicht mehr genehmigungsfähig"

Das vor 40 Jahren in der Rosenstraße 28 errichtete Gemeindehaus ist mit einem umbauten Raum von 5000 Kubikmetern und einer Nutzfläche von 1100 Quadratmetern – plus Hausmeisterwohnung – für Kirchner ein "Wahnsinnskomplex" und würde heute von der vorgesetzten Stelle in dieser Größe weder genehmigt noch entsprechend finanziell unterstützt werden.

"Sollen wir das Gemeindehaus abreißen, vermieten oder verkaufen?", hatte zweiter Kirchengemeinderatsvorsitzender Joachim Schmid bei der vorherigen Gemeindeversammlung in die Runde gefragt. Weil sich die Kirchengemeinde nicht "zum Sklaven des Gemeindehauses" machen lassen dürfe, sehen Schmid und Pfarrer Lüdke den Verkauf als einzig gangbaren Weg. Vorher habe man nichts unversucht gelassen, die Einnahmesituation zu verbessern. Der Diakoniestation wurde angeboten, ins Erdgeschoss einzuziehen und im Jugendstock eine Tagespflege einzurichten. Die Idee wurde fallengelassen, als die Umbaukosten auf dem Tisch lagen. Ein Umzug des Jugendhauses von der Hohenbergstraße ins Gemeindehaus scheiterte daran, dass die Stadt Altensteig daran nicht interessiert gewesen sei – die habe genug eigene Immobilien.

Nach einer Brandverhütungsschau erhielt Pfarrer Lüdke einen Brief mit der Aufforderung, den Saalstock spätestens am 21. September zu schließen. Der Freundeskreis der Altensteigerinnen trifft sich seither im katholischen Gemeindehaus, die Demenzgruppe der Diakoniestation in der Methodistenkirche, die Altpietistische Gemeinschaft im Erdgeschoss der Musikschule und die Montagsakademie in Räumen anderer Gemeinden. Der LOT-Laden darf bis zum Verkauf im Gemeindehaus bleiben, und der Jugendstock bleibt vorerst bis zum 31. Mai 2014 offen.

Kreise weichen ins Gebäude K 13 aus

Und wo sollen die Kreise und Chöre der evangelischen Kirchengemeinde hin? Für Pfarrer Lüdke ist es "ein Lichtblick", dass die Wohnung im Obergeschoss des "kleinen Gemeindehauses" K 13 neben der Stadtkirche frei geworden sei, weil die Familie in eine betreute Wohnanlage umgezogen ist. Damit wären dort nach vertretbaren Umbaukosten Räume für die Gemeindearbeit verfügbar.

Außerdem arbeite man "an der Konzeption für einen Saal". Die Finanzierung sei aber erst dann gesichert, "wenn wir für das Gemeindehaus einen Investor gefunden haben" Denkbar wäre für Lüdke, dass man für größere kirchliche Veranstaltungen auch den städtischen Bürgersaal anmietet.