Der Boysen-Chef zeigt auf, dass dieser Strategiewechsel bereits erste Früchte trägt: "Ab Januar kommenden Jahres werden wir in Simmersfeld die ersten Aggregaterahmen für die Elektromotoren von E-Fahrzeugen produzieren. Weitere vielversprechende Neugeschäftsansätze sind für uns Batteriegehäuse aus beschichtetem Stahlblech sowie Edelstahltanks für Hybridfahrzeuge."
Abseits der Mobilität setzt Rolf Geisel verstärkt auf innovative Umwelttechnologien – und nennt auch dazu ein Erfolgsbeispiel: Über die Mehrheitsbeteiligung am Dortmunder Redox-Flow-Batteriehersteller Volterion laufe zurzeit das erste Großprojekt mit einem namhaften deutschen Energieunternehmen. Zudem arbeite man mit Hochdruck daran, die Flüssigbatterie-Energiespeicher von Volterion auch fit für den Einsatz in Wohnhäusern zu machen.
Das nächste neue Standbein wird das Wasserstoffzentrum, das Geisel in Simmersfeld direkt gegenüber der Boysen-Großfabrik BAK bauen möchte. Dabei sieht er drei Schwerpunkte: "Erstens werden wir uns an dieser neuen Forschungsstätte intensiv mit der energieeffizienten Herstellung und Speicherung von Wasserstoff beschäftigen. Zweitens geht es um die weitere Verwendung von Wasserstoff, zum Beispiel für die Herstellung synthetischer Kraftstoffe. Der dritte Schwerpunkt ist die Brennstoffzellen-Technik, die wiederum mit gasförmigem Wasserstoff betrieben werden kann. Und schließlich werden wir in logischer Konsequenz auch eine Wasserstoff-Tankstelle installieren."
Ob dieser Pläne kommt der FDP-Bundestagsfraktionsvize Michael Theurer ins Schwärmen: "Das ist echte Zukunftsgestaltung und echtes Unternehmertum." Seit Jahren setzt sich Theurer aus der Opposition heraus für Technologieoffenheit und damit auch für die Wasserstofftechnologie ein: "Die Grüne Landesregierung bezeichnet Wasserstoff als den Champagner der Energiewende und setzt deshalb ausschließlich auf die E-Batterie. Wir hingegen streben den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft an und wollen die Fördermittel zur Verfügung stellen, damit Wasserstoff das Tafelwasser der Energiewende wird."
Angela Merkel und Ursula von der Leyen wirft Theurer vor, die Grüne Politik auch auf Bundes- und Europa-Ebene zu betreiben, womit er die Zukunftsfähigkeit der deutschen Automobilindustrie "in größter Gefahr" sieht: "China legt enorme Förderprogramme für die Wasserstoffforschung und die Entwicklung synthetischer Kraftstoffe auf, während wir immer mehr ins Hintertreffen geraten."
Rolf Geisel will sich keinen Illusionen hingeben
Derweil will sich der Unternehmer Rolf Geisel keinen Illusionen hingeben: "Fördergelder für die Forschung gehen in Baden-Württemberg nur an die ganz großen Unternehmen. Wir haben bis heute auch nicht nur eine Mark gesehen. Boysen hat in den vergangenen Jahrzehnten vieles richtig gemacht und sich unter die Top 100 der internationalen Zulieferer gearbeitet, doch sind wir auch damit noch lange kein Bosch. Dabei sind wir ebenso ein Stiftungsunternehmen und stehen in Baden-Württemberg mit im vorderen Bereich, wenn es um die Unterstützung gemeinnütziger Zwecke geht. Nur zurück kommt nichts. Also werden wir auch diesen Strategiewechsel aus eigener Kraft und unter enormen Anstrengungen stemmen müssen."
Geisels Haltung ringt auch den FDP-Landtags- und Bundestagskandidaten Herbert Müller und Michael König "großen Respekt" ab. Müller: "Als Nagolder habe ich Boysen seit Jahrzehnten im Blick – und bin von dieser Unternehmensentwicklung tief beeindruckt."
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