Beim Festessen für den verlorenen Sohn sind alle da – nur Adam nicht. Foto: Köncke Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Theatergruppe Wart führt den Einakter "Nicht einen Sohn habe ich" auf / Offenes Ende

Zwei Brüder: der eine fleißig, anständig, ehrenhaft, der andere arbeitsscheu, vergnügungssüchtig, verantwortungslos. Der Vater liebt sie beide gleichermaßen und versucht den bereits am Frühstückstisch ausbrechenden Geschwisterstreit zu schlichten.

Altensteig-Wart. Die Theatergruppe Wart hat den Einakter "Nicht einen Sohn habe ich" einstudiert und hinterließ bei der Premierenvorstellung am Samstagabend in der vollbesetzten Turnhalle Wart einen nachhaltigen Eindruck. Nicht nur wegen durchweg überzeugenden Darstellern, sondern weil das Familiendrama den Ausgang offen lässt und sich die Frage stellt, ob das biblische Gleichnis vom verlorenen Sohn in heutiger Zeit noch die gleiche Bedeutung von Familie, Ehre, Hab und Gut, Lebens- und Dorfgemeinschaft hat wie seinerzeit.

Sechs Monate lang wurde geprobt

Vor zehn Jahren wurde das Theaterstück aus nahöstlicher Perspektive schon einmal in Ebershardt aufgeführt. Daran kann sich Angelika Müller noch gut erinnern. Sie hat bei der Wiederaufnahme die Organisation übernommen und musste nach eigener Aussage lange suchen, bis alle Rollen besetzt waren. Entstanden ist am Ende eine Gemeinschaftsproduktion der evangelischen Kirchengemeinde Wart/Ebershardt und des Altensteiger JMS-Zentrums. Sechs Monate lang wurde geprobt.

Nach der Begrüßung durch Pfarrer Andreas Esslinger und der biblischen Lesung (Lukas 15, Verse 11 bis 32) von Susanne Behrend, die zusammen mit Angelika Müller Regie führte, richtete sich der Blick auf die Bühne. Am Frühstückstisch sitzen Obed (Fabrizion Saponaro), sein älterer Bruder Adam (Frank Küstermann) und ihr Vater Abu-Adam (Helmut Müller). Bedient werden sie von der langjährigen Hausangestellten (Margret Ross). Auch an diesem Morgen kommt es wieder zum Streit und das gemeinsame Brot wird nicht gebrochen. Der Versuch, Obed von seiner Forderung nach Besitz und unstillbarem Freiheitsdrang abzuhalten und Adams verbittertes Herz und selbstgerechtes Auftreten zu unterbinden scheitert einmal mehr. Ergreifend die Szene, als gegenseitiger Hass dazu führt, dass der Ältere seinen Bruder zu Boden wirft, mit einem Stock auf ihn einschlagen will, der Vater einschreitet und den Stab in zwei Teile zerbricht.

Obed verlässt wutentbrannt das elterliche Haus, kommt beim Schweinehirt Sergis (Barnabas Balla) unter. Dessen Sohn Antipas (Simon Baur) ermutigt ihn, nach Hause zurückzukehren.

Weitere Aufführungen sind geplant

Nach langer Überlegung – Obed hat seinen Anteil am Erbe durchgebracht – bricht er auf und wird, als sich die Kunde von seiner Rückkehr wie ein Lauffeuer im Dorf herumspricht, mit ausgebreiteten Armen empfangen. Das will man mit einem Festessen feiern, zu dem auch der Bürgermeister (Ralf Wlasny) und der Priester Abuna (Jean Marcus) eingeladen sind. Als Adam vom Feld kommt und erfahren muss, dass Obed mit am gedeckten Tisch sitzt, bricht sein Hass erneut aus ihm heraus. Solange sein Bruder "dieser Nichtsnutz, der sein Geld mit Hurerei durchgebracht hat" da ist, werde er das Haus nicht betreten. Der Bürgermeister fordert wegen der Respektlosigkeit gegenüber dem Vater eine harte Bestrafung, der Priester will mit Adam nach dem Abendgebet reden. Damit endet das Stück.

Der Schlussapplaus war kräftig. Geschminkt und mit Gewändern ausgestattet wurden die Darsteller von Sandy Stingl, Victoria Müller und Michaela Löb. Für Licht und guten Ton war Andrè Feichter zuständig. Wer wollte, konnte im ausgelegten Gästebuch seine Eindrücke von der Aufführung niederschreiben und das Buch "Der ganz andere Vater" von Kenneth E. Bailey kaufen, das als Vorlage diente.

Weitere Aufführungen sind im JMS-Zentrum Altensteig, in der De-Ignis-Klinik Egenhausen und in der Pfalz geplant.