Die Betriebsräte André Totaro und Snjezana Jezovita mit dem IG-Metall-Bevollmächtigten Reiner Neumeister (von links) im Foyer von Auerhahn. Foto: Martin Bernklau

Altensteiger Besteckfirma stellt zum Jahresende den Betrieb ein. Alle 31 Arbeitsplätze gehen verloren.

Altensteig - Vor einem Monat, am 8. April, erfuhren die Beschäftigten der Altensteiger Traditionsfirma auf einer Betriebsversammlung von der Geislinger WMF-Zentrale die befürchtete Nachricht: Bis zum Jahresende stellt der Besteckhersteller seinen Betrieb ein. Die 31 Arbeitsplätze werden gestrichen. Und auch die Marke "Auerhahn" verschwindet vom Markt.

Die Älteren erinnern sich: Dort, wo heute das Rathaus und das Bürgerhaus in elegantem Silbergrau stehen, fertigten bis zum Jahr 1999 noch weit über 100 Beschäftigte vor allem Bestecke, früher in Silber, dann vorwiegend in Edelstahl. Die später abgerissene Fabrik hinterließ wegen der Galvanisierung auch belasteten Boden.

Auerhahn zog nach rigidem Personalabbau mit dem verbliebenen Team 2002 in gemietete Gebäude im Oberen Tal Richtung Erzgrube. Die Produktion zog nach Fernost, vor allem nach China. Das hatte die WMF beschlossen, unter deren Dach Auerhahn vier Jahre zuvor verkauft worden war.

"Wir können nur noch Mist nach Geschmack sortieren"

Jetzt kann der Freudenstädter IG-Metall-Bevollmächtigte Reiner Neumeister dem Betriebsratsvorsitzenden André Totaro und seiner Stellvertreterin Snjezana Jezovita nicht mehr viel Hoffnung auf den Erhalt ihrer Arbeitsplätze machen, auch wenn die Verhandlungen mit der Konzernführung um einen Sozialplan oder Übernahmen noch gar nicht begonnen haben: "Da kann man dann nur noch Mist nach Geschmack sortieren", schimpft er.

Denn die Württembergische Metallwarenfabrik, seit einem Jahr im Besitz der amerikanischen KKR aus der Investment-Holding Blackrock, will konzernweit 500 Arbeitsstellen abbauen, davon allein 270 in der Geislinger Zentrale. Die WMF war ihrerseits von Deutscher Bank, Münchner Rück und Schuppli an ein Schweizer Konsortium verkauft worden. Ein Jahr lang war dann eine KKR Hauptaktionär.

Dir Firma Auerhahn war im Jahr 1870 als Altensteiger Besteckfabrik Karl Kaltenbach und Söhne gegründet worden und hatte das Logo mit dem Schwarzwälder Symboltier irgendwann zum Firmennamen gemacht. Seit 1928 gehörte sie als AG etwa hälftig der Degussa und der Bremer Wilkens und erweiterte das Sortiment von Tisch-Accessoires auch auf Zinn, Deko, Kinderlinien und Geschenke.

Der Umstieg vom teuren empfindlichen Silber auf Edelstahl – die edlen Bestecke lagen bei Juwelieren und Uhrmachern aus – machte auch den Altensteigern zu schaffen. Doch die Firma erwarb sich mit feinem Design einen Platz im Hochpreis-Segment. Dort aber ist sie für die Konzernmutter jetzt Konkurrenz und soll der Umstrukturierung zum Opfer fallen. "Die Marken haben sich zu sehr angeglichen", hat die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Snjezana Jezovita als Begründung für das Ende des Labels Auerhahn erfahren.

Wie viele Firmen der WMF-Familie machte auch Auerhahn den Trend zu billigeren Produkten mit – bei gleichzeitiger Verlagerung der Herstellung in Billiglohnländer in Fernost. Der IG-Metall-Bevollmächtigte und die Auerhahn-Betriebsräte sinnieren jetzt, ob da nicht falsche Richtungen eingeschlagen wurden. Denn manche Marken aus der Branche beließen die Produktion im Lande und verkaufen inzwischen ihre Luxusprodukte an die Neureichen in Fernost.

Im Altensteiger Oberen Tal arbeiteten zuletzt noch die Firmenverwaltung, Buchhaltung und André Totaro als Hausmanager und Messebestücker. Dazu der Vertrieb und der Werksverkauf. Schon 2011 war die Logistik nach Geislingen abgezogen worden. "Es sieht ganz schwarz aus", sagt der Betriebsratsvorsitzende. "Wir haben auch kein Potenzial für eine Auseinandersetzung, also für einen Streik."