Feines für Fernost - fotografiert und gekostet: Reporter eines japanischen Magazins lassen sich traditionelles Backwerk schmecken.
Altensteig/Grömbach - Das Märchenschloss Neuschwanstein ist der deutsche Favorit bei Touristen aus Japan. Aber auch der Schwarzwald hat einen Spitzenrang. Er heißt dort "Hiragana". Am Montag waren vier japanische Journalisten in Altensteig zu Gast und ließen sich Stadt, Land und Handwerk zeigen - und das traditionelle regionale Backwerk schmecken.
Der Herausgeber Isao Tekeuchi war eigens aus Tokio angereist. Sein Pariser Europa-Korrespondent Kazuhiro Nayo wollte vor seiner endgültigen Rückkehr ins Reich der aufgehenden Sonne als letzte Reportage eine Geschichte über den Schwarzwald abliefern und hatte seinen Fotografen und die japanische Deutschland-Kennerin Hideko Kawachi aus Berlin mitgebracht. Sie beide stammen aus der Stadt Shizuoka am Fuß des Fujiyama, dem Heiligen Berg Japans.
Fotograf kommt beim Meister kaum hinterher
Das Quartett vertritt eine feine Hochglanz-Zeitung, die mit der stattlichen Auflage von 150 000 Exemplaren den Japanern das Flair der schwäbischen Autos aus Deutschland nahebringen will: das "Mercedes-Benz magazine", für Europäer von hinten nach vorn zu blättern. Zwischen japanischer Schrift viel andere Luxus-Werbung, Geschichten von Land und Leuten und edler Technik, ausgesucht tolle Bilder aus Deutschland für die Japaner. Auch die Schwarzwälder Kirschtorte hat dort in Fernost einen Namen und einen Ruf. Deshalb führte Andrea Brenner vom Altensteiger Kulturamt die japanischen Gäste zunächst tief in den Wald und dann knapp hinter der Kreisgrenze nach Grömbach in die große Backstube von Michael Kern, der auch eine Filiale in der Altensteiger Rosenstraße hat.
Der passionierte Bäckermeister führte die Herstellung einer am Ende rund vier Kilo schweren Schwarzwälder Kirschtorte vor. Der dunkle Biskuit war vorbereitet. Kern bestrich die Lagen mit Schokosahne und belegte die Etagen mit - in Likör marinierten und zur Mousse gebundenen - Früchten. Auch die leuchtend rot kandierten Kirschen für obendrauf waren vorbereitet. Zwei Liter Sahne schlug Michael Kern mit einem Viertelliter Kirschwasser auf und bestrich die Halbkugel in Windeseile damit. Deko mit Spritzbeutel und Zierkirschen, fein geraspelte Schokolade drüber, dann ab in die Kühlung. Fotograf Shiro Muramatsu konnte gar nicht so schnell abdrücken, wie der Meister schaffte. Am Schluss maß er nach: 17 Zentimeter Höhe. Es gibt da Normen.
Die Gäste aus Japan bekamen eine vorbereitete Torte mit. Aber vorher gab es auf Einladung der fürs Organisieren zuständigen Kern-Schwester Monika Huber noch zwei Zugaben. Drei seiner Bäcker, darunter der noch unermüdlich mitschaffende Senior-Chef Richard Kern, 88 Jahre alt, formten gerade mit elegantem Schwung Brezeln aus den Teigrollen.
Nur sehr ansatzweise konnten sich die Japaner in diese hohe Kunst einführen lassen. Und als Trost für die doch eher unförmigen Ergebnisse der Bemühungen gab es eine kurze Runde originales Kirschwässerle.
Im noch recht neuen Altensteiger "Wohnzimmer"-Bistro lieferten die Kerns dann noch die ofenwarmen Brezeln für einen Brunch mit den schwäbischen Back-Spezialitäten zum Kaffee an. Doch vor dem Vergnügen mussten sich die begeisterten Japaner für die Foto-Session von den Leckereien gedulden, den professionellen Zweck der Sache.
Derart gestärkt und beschwingt, ließ sich das japanische Magazin-Team dann doch lieber mit dem Auto zum Schloss hinauf bringen. Andrea Brenner hatte dezent vor der Steigung gewarnt. Trotz aufkommenden Regens und fahlen Lichts wollten sich die Journalisten aus Japan neben der Altstadt auch die Aussichtspunkte am Kriegerdenkmal Hellesberg und an der Panorama-Plattform Richtung Egenhausen keineswegs entgehen lassen.
Am Spätnachmittag ging es weiter nach Baiersbronn, zum Feinschmecker-Hotel Bareiss.