Wie sieht die Zukunft der Pflege aus? Dazu hat die evangelische Altenhilfe St. Georgen eine ganz eindeutige Vision. Deren Realisierung läuft bereits seit mehreren Jahren. Noch ist die Transformation aber alles andere als abgeschlossen.
Die Pflegebranche steht vor großen Herausforderungen – beziehungsweise: Sie ist schon mittendrin. Daraus macht Markus Schrieder, der zusammen mit Florije Sula die Geschäftsführung der evangelischen Altenhilfe bildet, keinen Hehl. Doch er betont auch: „Ich habe keine Angst vor der Zukunft.“ Horrorszenarien seien nicht angemessen. „Daran beteiligen wir uns nicht.“
Vielmehr begegnet die Altenhilfe begegnet den Herausforderungen mit einer klaren Strategie. Darüber, wie diese aussieht, informierten sich Derya Türk-Nachbaur, SPD-Bundestagsabgeordnete und -kandidatin, und Katja Mast, erste parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, bei einem Besuch.
Derzeit betreibt die evangelischen Altenhilfe zwei Pflegeheime in St. Georgen – das Lorenzhaus mit 99 Betten und das Elisabethhaus mit 39 Betten – sowie das Haus Schönwald in Schönwald. Doch die Zukunft der Pflege liege nicht im Bereich „solcher Häuser“, sagt Schrieder. Gebraucht würden solche Einrichtungen auch künftig . Doch der Schwerpunkt liege – allein schon aus Kostengründen – an anderer Stelle.
Wie ambulante Pflege besser werden kann
„Pflege ist häuslich“, sagt Schrieder – und das gelte schon für die Gegenwart. Aktuell werden ihm zufolge nur 20 Prozent aller Pflegebedürftigen in Altenheimen gepflegt – der Rest lebe noch im eigenen Zuhause. Mehr als die Hälfte aller Pflegebedürftigen werde von Angehörigen und ohne Hilfe von außen betreut, erklärt Schrieder. Diese Verteilung werde sich auch in Zukunft nicht umkehren – wenn überhaupt, werde sie sich noch verschärfen.
Die Lösung aus Sicht der evangelischen Altenhilfe, wie Schrieder sie darlegt: „Wir brauchen eine ambulante Versorgungsstruktur, die sich aber nicht so darstellt wie heute.“ Denn aktuell entstünden im Bereich der ambulanten Pflege noch Versorgungslücken. Stattdessen gelte es – auch durch die Nutzung technischer Möglichkeiten – alle an der Pflege Beteiligten zu koordinieren.
Viele Beteiligte sollen vernetzt werden
Denn an der Pflege älterer Menschen sind längst nicht nur ausgebildete Pflegekräfte beteiligt, sagt Schrieder. Einen großen Teil tragen Angehörige bei. Hinzu kommen Experten wie Ärzte und Therapeuten sowie das Umfeld der Pflegebedürftigen in ihrem Zuhause. Die evangelische Altenhilfe bringt sich derzeit in die Entwicklung einer App mit ein, die all diese Beteiligten vernetzen soll.
Ein Kulturwandel auch im stationären Bereich
Das sei ein weiterer Baustein einer Strategie, die schon seit zehn Jahren in der Umsetzung ist. „Stückchen für Stückchen“, sagt Schrieder, wolle man dazu beitragen, „dass Angehörige pflegen können“. Ganz stark gehe es auch darum, ergänzt Sula, Angehörigen Angst zu nehmen und ihnen Unterstützungs- und Entlastungsangebote zu machen.
Doch nicht nur im ambulanten Bereich soll sich nach Ansicht der evangelischen Altenhilfe einiges ändern – auch in der stationären Pflege ist Schrieder zufolge ein Kulturwandel vonnöten. Aktuell, schildert er, würden Pflegeheime viel zu sehr als geschlossene Systeme betrachtet, in denen sich ausschließlich die Angestellten rund um die Uhr um die Pflege kümmerten.
„Es braucht mehr Hände“
Seine Vision ist eine andere: Künftig müssten auch Angehörige stärker in die stationäre Pflege eingebunden werden. „Es braucht mehr Hände“, sagt Schrieder – doch nicht all diese Hände müssten die von Pflegefachkräften sein.
Gleichwohl: Ohne Fachkräfte werde es auch künftig nicht gehen, betont Schrieder. Um das Personal zu sichern, hat die evangelische Altenhilfe eine klare Strategie: Potenzielle Pflegekräfte werden schon seit Jahren auch aus dem Ausland angeworben. Über die Diakonie kämen die jungen Leute etwa aus Bosnien, Indien und Tunesien zur evangelischen Altenhilfe, um hier ihre Ausbildung zu absolvieren und beruflich Fuß zu fassen. Ohne diese Zuwanderung ginge es nicht, betont Sula.