Wer das Pflegeheim St. Michael besuchen möchte, der muss einen 3G-Nachweis erbringen. Ungeimpfte Mitarbeiter müssen sich vor der Arbeit täglich testen. Foto: Simon

Immer mehr Menschen sind gegen das Coronavirus geimpft. Besonders wichtig ist das in den Alten- und Pflegeheimen. Dort hat Covid-19 besonders heftig gewütet. Erstaunlicherweise gab es besonders beim Pflegepersonal Bedenken gegenüber der Impfung.

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Donaueschingen - Seitdem hat sich einiges verändert. Schon jetzt gibt es für Geimpfte wesentlich mehr Freiheiten. Und erwartbar ist, dass dies noch weiter zunimmt. Das betrifft auch die Pflegenden in den Einrichtungen. Wer noch keine Impfung hat, dessen Arbeitsalltag gestaltet sich schon jetzt anders als jener eines Geimpften.

"Ich gehe davon aus, dass die Regierung Strategien entwickelt, wie man eine vollständige Durchimpfung vorantreiben kann", sagt Reiner Krummradt. Der Heimleiter des Pflegeheims Donauresidenz zählt in seiner Einrichtung aktuell noch lediglich drei ungeimpfte Mitarbeiter.

"Die Corona-Verordnung hat den Alltag für sie verschärft." Vor jedem Dienstantritt muss ein negativer Testnachweis vorgelegt werden: "Sie müssen ein aktuelles Ergebnis liefern, wir müssen das Ganze dann dokumentieren." Und hier, so Krummradt, gebe es die erste entzündliche Stelle: "Theoretisch müssten die Mitarbeiter 20 Minuten früher zum Dienst kommen. Aber da sagen sie zurecht: ‚Nicht in meiner Freizeit'". Wie das schließlich geregelt werde – darum kümmere sich niemand, außer die Heimverwaltung selbst. "Wir geben hier den Test mit nach Hause. Der muss vor Dienstantritt vorgelegt werden, und wir unterschreiben das dann." Dazu komme, dass Ungeimpfte nicht mit dem leichten Einmalschutz arbeiten dürfen, sondern eine FFP2-Maske tragen müssen: "Das ist für sie Pflicht", erklärt Krummradt.

Impfpflicht ist schwierig

Eine Impfpflicht einzuführen, das sei nicht einfach: "Die Verfassung zu ändern, das ist sehr schwierig. Es gibt allerdings noch andere Möglichkeiten, den Bürger dazu zu bringen, sich impfen zu lassen." Krummradt spricht auf die verschärften Corona-Beschränkungen an. Im Bereich der Pflege sorgten diese allerdings für zusätzliche Arbeit: "Es ist für uns natürlich ein Mehraufwand. Wir haben hier eine Fürsorgepflicht." Vom Team seien die zusätzlichen Maßnahmen wie Tests allerdings gut angenommen worden. Man führe auch Gespräche mit den betreffenden Mitarbeitern: "Einige wollten abwarten und schauen, wie die Impfung wirkt. Das hat sich bewährt. Die Bereitschaft zur Impfung kommt von allein", glaubt Krummradt. Ob Quarantäne oder der verwehrte Zugang zu bestimmten Veranstaltungen – "die Ungeimpften haben das bald satt".

Über den Caritas-Verband sei die Information reingekommen, was für ungeimpfte und geimpfte Mitarbeiter nun gilt, erklärt Markus Bonserio, Leiter des Altenheims St. Michael. Auch hier gilt: Test vor Arbeitsbeginn, ebenso wie das Tragen der FFP2-Maske für Ungeimpfte. Ob es Zeit für eine Impfpflicht für Pflegepersonal ist, wie teilweise in der Branche schon gefordert wird? "Diese Frage ist schwer zu beantworten. Jeder muss selbst entscheiden, was mit seinem Körper passiert", so Bonserio. Jedoch müssten Ungeimpfte dann auch mit den Konsequenzen leben, die ihnen durch eine fehlende Corona-Impfung drohen: "Außerdem arbeiten wir hier mit gefährdeten Menschen."

Wie Bonserio sagt, zwinge er niemanden zum Impfen: "Ich selbst bin mittlerweile bereits dreimal geimpft. Als sich die Möglichkeit bot, habe ich den Arm ausgestreckt." Es sei zu bemerken, wie die zunehmenden Freiheiten für Geimpfte auch auf jene wirken, die zuerst nicht zu einer Impfung bereit waren: "Im Bekanntenkreis haben sich auch welche impfen lassen, damit sie in den Urlaub können." Dass sie sich nicht impfen lassen, das hätten anfangs noch viele gesagt. Doch das Bild wandelt sich so langsam. Das sei auch im Altenheim St. Michael festzustellen.

Was dabei eventuell auch eine Rolle spiele: In der Pandemie war die Einrichtung vom Coronavirus schwer getroffen. Zeitweise waren von den 160 Bewohner 80 an Covid-19 erkrankt. Komplette Abriegelung, Bewohner mussten in den Zimmern isoliert werden, die Mitarbeiter verrichteten ihre tägliche Arbeit in Vollmontur. "Wir hatten zwei Ausbrüche, das möchte hier keiner mehr haben", sagt Bonserio.

Abläufe mit mehr Aufwand verbunden

Dennoch sind die Abläufe mit mehr Aufwand verbunden, so etwa im Foyer. Heute gilt bei Besuchen von außerhalb die 3G-Regelung: "Wir haben vorne jemanden sitzen, der das abdeckt und es bei den Besuchern überprüft", sagt Bonserio. Am Wochenende sei ein Security-Dienst dafür im Einsatz. Theoretisch könne man auch einfach einen Briefkasten aufhängen und die Besucher werfen ihre Angaben dort ein: "Wenn dann wieder etwas passiert, gibt es eventuell Probleme mit den Nachweisen. Deshalb regeln wir das mit Mitarbeitern."

Wegen der Einschränkungen gebe es Gespräche mit den Angehörigen: "Sie fragen sich schon, weshalb immer noch alles gemacht werden muss, auch wenn man schon geimpft ist. Es sind aber ganz wenige, die Theater machen", so der Heimleiter. Unter den Heimen in Donaueschingen und Villingen-Schwenningen herrsche reger Kontakt, man tausche sich zu den Maßnahmen aus. Eventuell stehen auch weitere Lockerungen an. Darüber verständige man sich in der kommenden Zeit. "Wir spielen da mit offenen Karten. Alle Probleme und Erfahrungen kommen auf den Tisch."

Die Bewohner des Heimes können mittlerweile in der Einrichtung auf die Maske verzichten, für Mitarbeiter ist sie noch Pflicht. Das sei in bestimmten Bereichen eine Belastung: "Gerade im Umgang mit dementen Bewohnern, für die die Mimik natürlich sehr wichtig ist", sagt Bonserio.

Andere Länder, andere Regeln

Einige Länder und Gebiete haben eine Corona-Impfpflicht nur für bestimmte Bevölkerungs- oder Berufsgruppen erlassen. So sind in Italien Ärzte und anderes medizinisches Personal seit dem 25. Mai zur Immunisierung verpflichtet. Anderenfalls droht ihnen ein Verbot, mit Patienten zu arbeiten. Am 10. Oktober wird dort die Regelung auf die Mitarbeiter von Altenheimen ausgeweitet. Ab dem 15. Oktober müssen alle Arbeitnehmer mit dem sogenannten grünen Pass nachweisen, dass sie gegen Corona geimpft oder kürzlich von Covid-19 genesen sind oder vor höchstens 48 Stunden negativ auf das Virus getestet wurden. In Frankreich gilt seit Mitte September eine Corona-Impfpflicht für alle Mitarbeiter von Krankenhäusern, Alten- oder Pflegeheimen, Pflegediensten sowie für Mitarbeiter von Rettungsdiensten und Feuerwehr.