Gemeinsam mit der Schauspielerin Carola Schwelien trug Thomas Naumann bei der Vernissage Auszüge aus Briefen zwischen Else Dreibholz und ihrem späteren Ehemann Friedrich Wolf vor. Foto: Maute

Das Mädchen "aus gutem Hause" und der linke Intellektuelle: In der Alten Synagoge wurde gestern eine Ausstellung eröffnet, die das Leben von Else Wolf, der zweiten Ehefrau des Schriftstellers und Arztes Friedrich Wolf beleuchtet.

Hechingen - "Ohne Liebe ist nichts getan" – mit diesen Worten ist die Ausstellung überschrieben, mit der in Hechingen derzeit der Blick auf eine Frau gerichtet wird, die einst alle bürgerlichen Konventionen hinter sich ließ und ihrem Herzen folgte.

Else Dreibholz, das Mädchen aus dem Bergischen Land – war es Zufall, war es Schicksal, dass sie in der Künstlerkolonie Worpswede, einem alternativen und kommunistisch orientierten Reformprojekt, in jungen Jahren dem Arzt und Schriftsteller Friedrich Wolf begegnete? Man weiß es nicht. Gewiss ist nur, dass es Liebe war. "Alles in mir drängt zu dir", schrieb die damals 23-Jährige im August 1921 an ihren späteren Ehemann Friedrich.

Ausstellung beleuchtet verschiedene Lebensstationen

Was für ein Mensch war Else Wolf, geborene Dreibholz? Obwohl er sie nur einmal persönlich traf, könnte Professor Thomas Naumann, der jüngste Sohn von Friedrich Wolf, "viele Geschichten" über die zweite Ehefrau seines Vaters erzählen. Über eine Frau, vor der er nicht nur "tief den Hut zieht", sondern über deren Verbindung zu Friedrich er sagt: "Das muss wirklich eine tolle Liebe gewesen sein."

Die Ausstellung in der Alten Synagoge beleuchtet die verschiedenen Lebensstationen von Else Wolf. Es sind Stationen eines unruhigen Lebens, in der sie stets "der ruhende Pol" war und für "Zusammenhalt in großen Stürmen" sorgte. Jene Stürme sind allerdings nicht nur auf die politische Situation – die Ausbürgerung der Familie aus Deutschland, Flucht und Exil, Stationen in der Schweiz, Österreich, Frankreich und schließlich der Sowjetunion – zu beziehen. Auch im privaten Bereich galt es Stürme zu überstehen. "Wie ertrug sie diesen extrem produktiven, aber auch extrem stressigen Mann?" – auf diese Frage habe er bis heute keine Antwort, erklärte Thomas Naumann, der bei der Vernissage gemeinsam mit der Schauspielerin Carola Schwelien Auszüge aus der brieflichen Konversation zwischen Friedrich Wolf und Else Dreibholz vortrug.

"Hechingen erscheint mir so in jeder Hinsicht das Richtige"

Sie habe das Wolf’sche Schaffensmodell "eine Liebe, ein Werk, ein Kind" und damit die vielen Liebschaften ihres Mannes ertragen und sollte ihm stets eine treue Gefährtin bleiben – so, wie sie ihm das 1921 brieflich versicherte: "Ich soll dir schnell sagen, dass ich immer bei dir bleiben will? Wenn mein Trauerwolf nicht eines Tages fortläuft, ich bleibe sicher bei ihm."

In der Konversation jenes Jahres wird auch Hechingen erwähnt; die Stadt, in der später die beiden Söhne Markus und Konrad geboren werden und in der die Familie Wolf eine wichtige Zeit ihres Lebens verbrachte. "Ich gehe ja überall mit dir, wohin du auch gehst", verspricht Else ihrem Friedrich. "Wenn es aber nicht unbedingt notwendig ist, wollen wir nicht in die Stadt. Hechingen erscheint mir so in jeder Hinsicht das Richtige."

Friedrich Wolf lässt sich in Hechingen nieder

Für Friedrich Wolf, der sich in Hechingen als Arzt niederlässt, ist die ländliche Region zunächst gewöhnungsbedürftig. "Wir stecken hier mitten in der Landwirtschaft. Ich hab nun auch Grasmähen gelernt, es ist anfangs eine rechte Viecherei", lässt er seine liebste "Eltzefrau" wissen, die ihm, als die Auflösung von Wolfs erster Ehe mit Kaethe vollzogen ist, mitteilt: "Du mußt persönlich zum Standesamt Hechingen gehen und das Aufgebot einleiten." "Wenn schon", erwidert er daraufhin, "kommst du gleich als meine Frau nach hier." Und allen Widrigkeiten und Widerständen zum Trotz heiraten Else und Friedrich im Jahre 1922.

"Ohne Else Wolf wäre nichts von dem geworden, was geworden ist. Noch hätte der Mann so sein Leben mit dieser konsequenten, beispielhaften, kontinuierlichen, künstlerischen Leistung führen können", beschreibt es später eine Vertraute. "Und diese beiden prächtigen Jungs wären auch nicht so geworden ohne Else. Sie haben eine einmalig fabelhafte Mutter gehabt."