Ein letzter Blick: Für den verstorbenen Manfred Rommel liegt von heute, Freitag, 10 Uhr, an im Rathaus ein Kondolenzbuch aus. Foto: Leif Piechowski

Stuttgarts Ehrenbürger und Alt-Oberbürgermeister Manfred Rommel ist tot. Die Nachricht hat Bestürzung ausgelöst. OB Fritz Kuhn brach am Donnerstag die Gemeinderatssitzung ab. Ein Kondolenzbuch liegt von 10 Uhr an im Rathaus aus.

Stuttgarts Ehrenbürger und Alt-Oberbürgermeister Manfred Rommel ist tot. Die Nachricht hat, obwohl Rommel nach einem schweren Sturz seit Wochen in kritischem Zustand im Krankenhaus versorgt wurde, Bestürzung ausgelöst. OB Fritz Kuhn brach am Donnerstag die Sitzung des Gemeinderats ab. Ein Kondolenzbuch liegt von 10 Uhr an im Rathaus aus.

Stuttgart - Manfred Rommel ist am Donnerstag gegen 16 Uhr im städtischen Katharinenhospital im Kreis seiner Familie friedlich eingeschlafen. Eine halbe Stunde später gibt OB Fritz Kuhn (Grüne) die Todesnachricht in der eben beginnenden Gemeinderatssitzung bekannt. „Unser Beileid gilt den Angehörigen, vor allem Frau Rommel, die unseren Trost braucht“, sagt er. Er bittet alle im Großen Sitzungssaal, sich zu einer Schweigeminute zu erheben. Bei vielen Stadträten, bei den Bürgermeistern, die Rommel kannten, wird in dieser Minute die Erinnerung wach. Verwaltungshandeln wird angesichts der Todesnachricht zur Nebensache. Der OB bricht die Sitzung ab.

Auch an diesem Freitag wird im Rathaus nicht alles den üblichen Gang gehen. Kuhn hat, von drei Ausnahmen abgesehen, seine Termine abgesagt. Von 10 Uhr an wird im ersten Stock des Rathauses ein Kondolenzbuch ausgelegt. Kuhn wird sich, wie alle Bürgermeister und Stadträte, zu dieser Zeit eintragen. Auch alle Bürger sind eingeladen, Abschied zu nehmen. Weitere Kondolenzbücher sollen von 12 Uhr an in den Bezirksrathäusern ausliegen. In der ganzen Stadt ist Trauerbeflaggung angeordnet.

Was Kuhn auf seinem Terminplan stehen lässt, ist wohlabgewogen. Stattfinden wird eine Jubilarehrung städtischer Beschäftigter. Manfred Rommel hatte sich bei solchen Gelegenheiten auch im Ruhestand gern gezeigt. Er war der Mann an der Spitze der Stadtverwaltung, aber auch Mitglied der Gewerkschaft. Berührungsängste oder Dünkel kannte Rommel nicht. Er hatte auch zuletzt, als er bereits auf den Rollstuhl angewiesen war, eine Betriebsveranstaltung der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) besucht. Er hatte sich trotz Krankheit und Rollstuhl nicht versteckt.

Keinen Hehl aus seiner Krankheit gemacht

Ein Schuljubiläum und die Einweihung des umfänglich sanierten Kursaals in Bad Cannstatt stehen für Kuhn außerdem an. „Dem Stuttgarter Ehrenbürger Manfred Rommel wäre es nicht recht, wenn man auf die Eröffnung eines Bürgerhauses verzichten würde“, sagte ein Rathaus-Mitarbeiter. Damit ist das Wesen des verstorbenen Alt-OB, der um seine Person kein Aufhebens haben wollte, treffend beschrieben.

Rommels Gesundheitszustand hatte sich nach einem Sturz vor elf Wochen mit Rippenbrüchen und einer anschließenden Lungenentzündung zuerst langsam gebessert, dann aber wieder verschlechtert. Seit Jahren litt er, daraus hatte er keinen Hehl gemacht, unter Parkinson. Rommel und seine Frau Liselotte hatten es sich sehr gewünscht, dass der 84-Jährige ins Haus nach Sillenbuch zurückkehren könnte. Das wurde zu einer wichtigen Frage in den letzten Wochen zwischen der Familie und den Ärzten.

Professor Wolfram G. Zoller, der Ärztliche Leiter des Zentrums für Innere Medizin am Katharinenhospital, musste zuletzt abraten. Eine Pflege rund um die Uhr mit Beatmung ist im Krankenhaus besser zu leisten. Die Risiken eines Krankentransports galt es ebenfalls zu bedenken. Dessen ungeachtet durfte Rommel in den letzten Stunden das erfahren, was man allen Menschen in den letzten Stunden nur wünschen könne, heißt es im Rathaus: „Kein Kampf, sondern ein sehr friedliches Ende mit der Familie um sich.“

„Ich habe Manfred Rommel sehr geschätzt“, sagte OB Kuhn am Donnerstagabend bei einer kurzen Pressekonferenz. „Ich habe ihn geschätzt wegen seiner politischen Klugheit und seines dialektischen Witzes.“ Rommel, der dreimal für die CDU den OB-Sessel erobert hatte, sei ein Staatsmann gewesen, „der mit Humor auftrat, deshalb haben ihn viele Bürger ins Herz geschlossen“.

Stille in Sillenbuch

Kuhn erinnerte daran, dass der Sohn des von den Nazis in den Freitod gezwungenen Generalfeldmarschalls Erwin Rommel auch international eine beachtete Persönlichkeit war. „Sein unbedingter Einsatz für die Aussöhnung, besonders mit Frankreich, ist unvergessen.“ Rommel wurde 1985 Ritter der Ehrenlegion der Französischen Republik. Rommels konsequentes Eintreten für Toleranz und Weltoffenheit wirke auch 17 Jahren nach dessen Ausscheiden aus dem Amt in der Landeshauptstadt weiter, so Kuhn. Er spreche „der Familie im Namen der gesamten Bürgerschaft unser Beileid und unser Mitgefühl aus“.

In Sillenbuch, wo Rommel wohnte, bleibt es still am Donnerstagabend. Das Haus, das die Familie Rommel in den 1950er Jahren auf einem Hanggrundstück errichten ließ, liegt dunkel hinter der mannshohen Hecke. Kein Licht dringt nach außen, kein Ton. „Rommel“ steht in dicken Lettern auf dem Gartentor. Mehr nicht. Auf großes Gehabe hatte er auch bei seinem Wohnhaus keinen Wert gelegt. Nur die Überwachungskamera, die auf das Gartentor gerichtet ist, lässt ahnen, dass hier ein Pensionär lebte, der auch noch viele Jahre nach seinem Rückzug aus dem Rathaus 1996 mehr als andere in der Öffentlichkeit stand.

Gegenüber dem Haus steht am Donnerstagabend ein Polizeiauto. Zwei Beamte haben den Auftrag, nach dem Rechten zu sehen und – falls es nötig sein sollte – Schaulustige oder auch übereifrige Presseleute zur Ordnung zu rufen. Doch das scheint nicht nötig zu sein. Ab und zu rollt im Schritttempo ein Auto die Eduard-Steinle-Straße herunter; ab und zu laufen Fußgänger vorbei. Von der nahen Kirche hört man die Glocke die Stunden schlagen. Dann ist es wieder still.

Wo Manfred Rommel seine letzte Ruhestätte finden wird und in welchem Rahmen Weggefährten und Bürger von ihm Abschied nehmen können, darüber entscheidet seine Familie. Die Verwaltung wird für den Stuttgarter Ehrenbürger ein Ehrengrab anbieten.