Verena Seid unterstrich den Orgelklang gesanglich mit den ersten drei Strophen aus dem Lied Philipp Nicolais (1599) "Wie schön leuchtet der Morgenstern", das nach alter Tradition dem Epiphaniasfest zugeordnet ist. Weihnachtliche Poesie flutete das große Kirchenschiff, die Gäste lauschten andächtig.
Die Veranstalter hatten den Text auf dem Programm abgedruckt, sodass das Publikum dem trostreichen Lied gut folgen konnte. Noch mehr Klarheit vermittelte Seids engelsgleicher Gesang, der von Stimmungen, Ausdruck und viel Lebendigkeit geprägt war.
Die vielfältigen Klangfarben der Trompete brachte dann Solist René Bauer zu Gehör: Aus Mozarts Sonate in A-Dur präsentierte er publikumswirksam das tänzerisch anmutende "Andante Grazioso". Auch bei "Domine Deus" aus Antonio Vivaldis großem Chorwerk "Gloria" konnten sich die Besucher kaum satthören an Bauers virtuosem Spiel und den Trillern, eingebettet in Verena Seids Gesang und den Orgelklang.
Pandemiesituation auch zu Zeiten Nicolais
Den Kompositionen von Dietrich Buxtehude, Julius Johann Weiland und Georg Friedrich Händel folgte Marc-Antoine Charpentiers berühmtes Präludium aus dem "Te Deum", besser bekannt als Eurovisionsmelodie. Ein Feuerwerk festlicher Musik erstrahlte, als wollten die Musiker mit den Klängen Mut machen. Seine Gedanken zum Lied "Wie schön leuchtet der Morgenstern" brachte Pfarrer Horst Schmelzle nach einer kurzen Lesung aus dem Matthäusevangelium zum Ausdruck. Er verknüpfte die Frage "Wie reagieren wir in der Krise?" mit dem Leben Philipp Nicolais, der im Jahr 1599 als Pfarrer in Unna die Pest miterlebt hat. In seiner Gemeinde seien pro Tag etwa 30 Menschen an der Pest gestorben, so Schmelzle. Der Liedtext Nicolais sei geprägt von der hingebungsvollen Liebe zu Jesus, vermittele Trost und Hilfe und lasse tief in die mittelalterliche Mystik tauchen. "Hoffnung und Trost brauchen wir heute auch. Und das ist es, was das Lied so anziehend macht", veranschaulichte der Pfarrer den Besuchern.
Der flotten Arie "Sei willkommen du edler Gast" aus Mendelssohn-Bartholdys Weihnachtskantate "Vom Himmel hoch" verlieh die Sopranistin mit ihrer Stimme Wärme. Einen Kontrast dazu bot der Zusammenklang von Orgel und Trompete bei "Die Könige" aus dem Weihnachtslieder-Zyklus von Peter Cornelius. Mit Henry Purcells "Thus The Gloomy World" aus der Feenkönigin und dem leidenschaftlichen "Domine Deus" aus der "Missa con Trombe" des spätbarocken Italieners Francesco Bartolomeo Conti endete ein gelungener Musik-Gottesdienst.
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