Foto: Schwarzwälder Bote

Jubiläum: Die Alpirsbacher Orgelskulptur wird zehn Jahre alt

Ganz neu ist sie nicht mehr, aber sie weckt nach wie vor die Neugier vieler Besucher in der Alpirsbacher Klosterkirche: Die Orgelskulptur wird 2018 zehn Jahre alt.

Alpirsbach. Viele Klippen waren bei dem Projekt "Orgelbau in Alpirsbach" zu umschiffen. 14 Jahre lang dauerte es, bis das eindrucksvolle Instrument am ersten Advent 2008 eingeweiht werden konnte. Die von Orgelbauer Claudius Winterhalter aus Oberharmersbach und dem Bildhauer Armin Göhringer entworfene klingende Skulptur, die auf Luftkissen schwebend in der Kirche umgeparkt werden kann, sorgte und sorgt nicht nur in der Fachwelt, sondern auch bei vielen weiteren Musikinteressierten aus aller Welt für Aufsehen.

Zu dem runden Geburtstag hat Kantorin Carmen Jauch für das kommende Jahr nicht nur wie sonst ein Programm für einen Orgelsommer, sondern auch für einen Orgelherbst zusammengestellt. Die Konzertreihe in der Alpirsbacher Klosterkirche beginnt und endet mit der Aufführung einer Auftragskomposition, die Tobias Hagedorn zum zehnjährigen Bestehen der Orgelskulptur schreibt: "Orgel plus Elektronik."

Uraufgeführt wird das Werk in Alpirsbach am 3. Juni, und nochmals zu hören ist es in der Klosterkirche am 2. Dezember, dem ersten Advent. Bei beiden Konzerten wird die 17 Tonnen schwere Orgel von ihrer Parkpositionen rechts vor der Treppe zum Dorment in die Vierung der Kirche verfahren.

Bei dem Konzert am 3. Juni wird zudem eine CD mit Kompositionen von Tobias Hagedorn mit Orgelmusik und elektronisch erzeugten Klängen vorgestellt. Ein Werk davon wurde in der Alpirsbacher Klosterkirche aufgenommen, die Auftragskomposition ist sozusagen die Fortsetzung. Sowohl bei der Orgel als auch bei elektronischer Klangerzeugung stammt die Energie, die zur Klangerzeugung benötigt wird, nicht vom spielenden Musiker, führt Tobias Hagedorn als Parallele an. Schon früher gab es beim Orgelspiel Kalkanten (Balgtreter), die die Blasebälge der Orgel mit Luft gefüllt haben, die dann vom Organisten in die Pfeifen gelenkt wurde. Ähnlich sei es bei elektronischer Klangerzeugung, bei der Stromspannungen gesteuert, aber nicht vom Spieler erzeugt werden. Ein weiterer Zusammenhang, so der Komponist, finde sich in den Anfängen der elektronischen Musik der 50er-Jahre. Das Prinzip der additiven Klangerzeugung habe es in Orgeln schon mehrere Jahrhunderte zuvor gegeben. Durch den Zusammenklang verschiedener Obertöne werden bestimmte charakteristische Klänge erzeugt.

"In meinen Kompositionen für Orgel und Elektronik finden sich diese Gemeinsamkeiten wieder", sagt Hagedorn, "jedoch sollen sich auch die jeweiligen Unterschiede und Qualitäten herauskristallisieren, wodurch deutlich wird, dass das eine das andere nicht ersetzen, aber wunderbar ergänzen kann."

"Die Orgelskulptur eignet sich hervorragend für zeitgenössische Musik", sagt Carmen Jauch im Gespräch mit unserer Zeitung. "Die elektronisch live erzeugten Klänge und die Orgelmusik verschmelzen in den Kompositionen Hagedorns derart, dass sie kaum noch unterscheidbar sind." Die Kantorin ist begeistert von seinen Werken, die auch jüngere Zuhörer ansprechen sollen, und hat ihm den Kompositionsauftrag seitens der evangelischen Kirchengemeinde Alpirsbach erteilt.

"Orgel plus zwei Alphörner" lautet das Motto beim Alpirsbacher Orgelsommer am Sonntag, 17. Juni. Die Missa Dei Filii von Jan Dismas Zelenka und ein Orgelwerk von Johann Sebastian Bach sind bei einem Konzert am 30. Juni zu hören. Dabei tritt neben der Alpirsbacher Kantorei auch das Orchester Cappella Vivace auf. Eine Orgelmatinee mit den Arcis-Vocalisten unter der Leitung von Thomas Gropper und Carmen Jauch an der Orgel wird am 8. Juli geboten. Preisträger von Jugend musiziert zeigen ihr Können bei einer Matinee am 23. September.

"Orgel plus Posaune" ist der Titel einer Matinee am 7. Oktober, und die vier ernsten Gesänge von Johannes Brahms sind bei einer Soiree am 20. Oktober zu hören.

Der Komponist und Organist Tobias Hagedorn (Foto: Susteck) studierte von 2006 bis 2012 an der Hochschule für Musik und Tanz in Köln Kirchenmusik, anschließend elektronische Komposition und von 2014 bis 2017 Komposition an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt am Main. Seit 2018 ist er Stipendiat der Mozart-Stiftung. Tobias Hagedorn (30) ist als konzertierender Organist tätig und spielt sowohl Literatur aus dem 20. und 21. Jahrhundert als auch Improvisationen mit selbst entwickelter Live-Elektronik. Auch in seiner kompositorischen Arbeit spielt die elektronische Klangerzeugung eine wichtige Rolle.